Per Mail geht der Kanton Obwalden auf Schnäppchenjagd. Man sei auf der Suche «nach attraktiven ‹Fringe Benefits›-Partnern für die 600 Mitarbeitenden der kantonalen Verwaltung», heisst es in der Nachricht, die zahlreiche Firmen im Kanton in ihrem Posteingang fanden. Der Absender: das Personalamt.
In vielen Kantonen gibt es für Sachbearbeiterinnen auf der Verwaltung, Polizisten, Spitalmitarbeitende oder andere Staatsbedienstete teilweise grosszügige Rabatte. Wie Blick berichtete, kriegen Basler Beamte beispielsweise Prozente aufs Beziehungscoaching oder den Hundecoiffeur. Und in Luzern offeriert ein Bestattungsunternehmen Kantonsangestellten zehn Prozent Rabatt auf Särge.
Unternehmer bezeichnet Bettelbrief als «Affront»
Meistens ist es der kantonale Personalverband, über den die Vergünstigungen laufen. In Obwalden aber zieht die Kantonsverwaltung selbst die Aktionen für die Belegschaft an Land. Unverfroren fragte das Personalamt vergangenes Jahr lokale Firmen im eingangs erwähnten Mail, ob sie «in irgendeiner Form (Rabatte, vergünstigte Dienstleistungen etc.) unseren Mitarbeitenden ein attraktives Angebot machen möchten». Und ergänzte werbend: «Auch kleine Vergünstigungen können eine grosse Wirkung haben.»
Auch Unternehmer Markus F.*, der mehrere Geschäfte im Kanton besitzt, hat die Anfrage des Kantons erhalten. Er zeigt sich irritiert über den Bettelbrief. Es sei «ein Affront», dass das Staatspersonal um Vergünstigungen bitte – und das mitten in der Corona-Krise, in der viele Unternehmen ums Überleben kämpfen würden. Und er ergänzt: «Nun will das gleiche Personal, das durch die Pandemie absolut keine Lohneinbussen hatte, noch Rabatte?»
Kanton verteidigt Rabattliste
Der Kanton verteidigt die Schnäppchenjagd damit, dass es sich dabei um eine «Win-win-Situation» handle. «Wir möchten hauptsächlich erreichen, dass unsere Mitarbeitenden durch einen kleinen Rabatt dazu animiert werden, das lokale und regionale Gewerbe zu unterstützen», sagt Marcel Schüwig, Leiter des Obwaldner Personalamts. Als kantonale Verwaltung sei es ihnen wichtig, wenn immer möglich regionale Unternehmen zu berücksichtigen und zu unterstützen – «dies insbesondere in dieser schwierigen Zeit».
Im Mail an die Firmen ist die Unterstützung des lokalen Gewerbes allerdings nur einer von zwei Gründen, die für die Anfrage genannt werden. Der andere – und erstgenannte: Der Kanton erhofft sich, so die Attraktivität als Arbeitgeber zu steigern. Das Mail ist Schüwigs Angaben zufolge denn auch nicht an alle Firmen im Kanton gegangen, sondern besonders an solche, bei denen Rabatte für die Kantonsangestellten attraktiv sein könnten.
Nicht alle Angebote angenommen
Auf Anfrage will der Kanton die Rabattliste nicht öffentlich machen. Personalamtsleiter Schüwig sagt lediglich, dass sie knapp 25 Angebote «in den Bereichen Gastronomie, Gesundheit, Sport und Geschenke» umfasse. Meist handle es sich um Rabatte von 10 oder 20 Prozent. Die Liste gibt es in Obwalden erst seit rund einem Jahr.
Bislang habe man vom lokalen Gewerbe nur positive Reaktionen darauf erhalten, betont Schüwig. Und: Man habe auch schon Vergünstigungen ausgeschlagen. «Beispielsweise haben wir ein Angebot einer Versicherungsgesellschaft abgelehnt, welche unseren Mitarbeitenden Gratisberatungen mit Rabatten anbieten wollte.»
Was in Obwalden Praxis ist, ist für andere Kantone unvorstellbar. Selbst Basel-Stadt – der Kanton, in dem die Beamten von besonders vielen Rabatten profitieren – hielt auf Blick-Anfrage fest, in keinem Fall selbst auf Firmen zuzugehen. Wer dort Beamte mit Rabatten locken will, muss sich schon von sich aus melden.
* Name geändert
