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Sessionsticker
Parlament lehnt Uno-Klimakonferenz in Genf ab

Vom 9. September bis 27. September findet im Bundeshaus die Herbstsession des National- und Ständerats statt. Blick erklärt dir die wichtigsten Geschäfte – und hält dich mit dem Sessionsticker auf dem Laufenden.
Publiziert: 27.09.2024 um 07:05 Uhr
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Aktualisiert: 27.09.2024 um 08:28 Uhr
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In der dreiwöchigen Herbstsession wird im Nationalrat und Ständerat wieder um Kompromisse gerungen.
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Politik-Redaktion / SDA
27.09.2024, 10:10 Uhr

Parlament bringt 17 Vorlagen unter Dach und Fach

Mit den Schlussabstimmungen haben die eidgenössischen Räte am Freitag die Herbstsession abgeschlossen. 17 Vorlagen sind parlamentarisch unter Dach und Fach:

- mit 131 zu 61 Stimmen bei 3 Enthaltungen (Nationalrat) und 31 zu 10 Stimmen ohne Enthaltungen (Ständerat) Änderungen im Umweltschutzgesetz, mit denen das Erstellen von Wohnhäusern in stark von Lärm belasteten Gebieten und die Sanierung von belasteten Standorten geregelt werden;

- mit 124 zu 67 Stimmen bei 4 Enthaltungen (Nationalrat) und 29 zu 13 Stimmen ohne Enthaltungen (Ständerat) Änderungen im Natur- und Heimatschutzgesetz, mit denen das Verbandsbeschwerderecht bei kleineren Wohnbauten im Baugebiet eingeschränkt wird;

- mit 133 zu 61 Stimmen bei einer Enthaltung (Nationalrat) und 31 zu 11 Stimmen ohne Enthaltungen (Ständerat) der Bundesbeschluss, mit dem das Parlament die Umweltverantwortungsinitiative der Jungen Grünen Volk und Ständen zur Ablehnung empfiehlt;

- mit 127 zu 68 Stimmen ohne Enthaltungen (Nationalrat) und 38 zu 4 Stimmen ohne Enthaltungen (Ständerat) Änderungen im Gesetz über die Schweizerischen Bundesbahnen, die einen Kapitalzuschuss an die SBB ermöglichen und Darlehen des Bundes an die SBB regeln;

- mit 113 zu 79 Stimmen bei 3 Enthaltungen (Nationalrat) und 29 zu 12 Stimmen bei einer Enthaltung (Ständerat) die Verlängerung des Kita-Impulsprogramms des Bundes bis Ende 2026;

- mit 133 zu 62 Stimmen ohne Enthaltungen (Nationalrat) und 42 zu 0 Stimmen ohne Enthaltungen (Ständerat) das Gesetz zur Haushaltsentlastung, mit dem die Arbeitslosenversicherung während fünf Jahren weniger Geld vom Bund erhält;

- mit 174 zu 13 Stimmen bei 7 Enthaltungen (Nationalrat) und 42 zu 0 Stimmen ohne Enthaltungen (Ständerat) eine Änderung im Waldgesetz, wonach Waldbesitzer und Abnehmer von Rohholz künftig Richtpreise vereinbaren können;

- mit 195 zu 0 Stimmen ohne Enthaltungen (Nationalrat) und 42 zu 0 Stimmen ohne Enthaltungen (Ständerat) Änderungen im Gesetz über die Aufarbeitung der fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vor 1981, damit Solidaritätsbeiträge von Kantonen und Gemeinden an Opfer nicht zu einer Kürzung von allfälligen Überbrückungs- oder Ergänzungsleistungen führen;

- mit 195 zu 0 Stimmen ohne Enthaltungen (Nationalrat) und 41 zu 0 Stimmen ohne Enthaltungen (Ständerat) eine Änderung im Sprachengesetz, damit der Bund Italienisch und Rätoromanisch ausserhalb der angestammten Gebiete fördern kann;

- mit 105 zu 65 Stimmen bei 25 Enthaltungen (Nationalrat) und 41 zu 1 Stimme ohne Enthaltungen (Ständerat) Anpassungen im Forschungsförderungsgesetz, die die Planung von Infrastruktur für das Kernforschungszentrum Cern vereinfachen;

- mit 195 zu 0 Stimmen ohne Enthaltungen (Nationalrat) und 42 zu 0 Stimmen ohne Enthaltungen (Ständerat) das Gesetz über den Abschluss internationaler Verträge über die Anerkennung von Berufsqualifikationen;

- mit 195 zu 0 Stimmen ohne Enthaltungen (Nationalrat) und 42 zu 0 Stimmen ohne Enthaltungen (Ständerat) das Abkommen zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich über die Anerkennung von Berufsqualifikationen. Der Bundesrat wird ermächtigt, das Abkommen zu ratifizieren;

- mit 191 zu 0 Stimmen bei einer Enthaltung (Nationalrat) und 42 zu 0 Stimmen ohne Enthaltungen (Ständerat) das Freihandelsabkommen der Efta-Staaten mit der Republik Moldau. Der Bundesrat wird ermächtigt, das Abkommen zu ratifizieren;

- mit 129 zu 66 Stimmen ohne Enthaltungen (Nationalrat) und 42 zu 0 Stimmen ohne Enthaltungen (Ständerat) Änderungen im Berufsbildungsgesetz. Sie betreffen die Bewilligung der Pauschalbeiträge an die Kantone sowie der Beiträge an höhere Berufsprüfungen;

- mit 133 zu 62 Stimmen ohne Enthaltungen (Nationalrat) und 41 zu 1 Stimme ohne Enthaltungen (Ständerat) die Erhöhung der Studiengebühren an den ETH in Lausanne und Zürich für ausländische Studierende mit Wohnsitz im Ausland. Diese müssen neu mindestens das Dreifache der Gebühren für Studierende im Inland betragen;

- mit 130 zu 65 Stimmen ohne Enthaltungen (Nationalrat) und 36 zu 5 Stimmen bei einer Enthaltung (Ständerat) Änderungen im Hochschulförderungs- und -koordinationsgesetz, die die Zusammensetzung des Schweizerischen Akkreditierungsrates betreffen;

- mit 129 zu 65 Stimmen ohne Enthaltungen (Nationalrat) und 37 zu 4 Stimmen bei einer Enthaltung (Ständerat) Änderungen im Forschungs- und Innovationsförderungsgesetz, mit denen die Reserven der Akademien der Wissenschaften Schweiz geregelt werden.

Ausser der Abstimmungsempfehlung des Parlaments zur Umweltverantwortungsinitiative unterstehen alle Entscheide dem fakultativen Referendum. Ein Referendum steht zu keiner Vorlage im Raum.

27.09.2024, 08:56 Uhr

Keine Deklaration von eingeflogenem Gemüse und Fisch

Nach harscher Kritik in der Vernehmlassung hat der Nationalrat die geplante Deklarationspflicht von eingeflogenen unbearbeiteten Lebensmitteln fallen gelassen. Er fand, dass die Vorlage nicht geeignet sei, die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.

Mit 123 zu 70 Stimmen bei 2 Enthaltungen beschloss die grosse Kammer am Freitag auf Antrag ihrer Wissenschafts-, Bildungs- und Kulturkommission (WBK-N), die Vorlage abzuschreiben. Damit ist das Geschäft vom Tisch.

Die Vorlage ging auf eine parlamentarische Initiative von Nationalrätin Christine Badertscher (Grüne/BE) zurück. Sie verlangte, dass die Transportart von unverarbeiteten importierten Lebensmitteln wie Fisch oder Fleisch deklariert werden müsse. Die Deklaration sollte den Flugtransport in die Schweiz umfassen. Ziele waren mehr Transparenz für Konsumierende und ein nachhaltigerer Konsum.

Verbände und Parteien waren sich in der Vernehmlassung uneins über eine entsprechende Änderung des Lebensmittelgesetzes (LMG). In der WBK-N überwog nach der Analyse der Stellungnahmen die Skepsis. Sie bevorzugt stattdessen eine freiwillige, selbstregulierende Deklaration durch die Branche, wie Sprecherin Regine Sauter (FDP/ZH) sagte.

Ferner wies die Kommission darauf hin, dass die Herkunftsangabe auf der Verpackung bereits Hinweise auf die Transportart gebe und dass die neue Deklarationspflicht Mehraufwände und Mehrkosten für die Lebensmittelbranche mit sich bringen würde. Die grossen Detailhandelsgeschäfte in der Schweiz hätten bereits eine freiwillige Deklaration eingeführt. Einige würden bereits ganz auf Flugzeugtransporte verzichten.

Eine linke Minderheit im Nationalrat wollte die parlamentarische Initiative nicht abschreiben. Sie hält die Deklaration von Flugtransporten für einen angemessenen Aufwand für die Lebensmittelbranche und für eine grosse Hilfestellung für den Kaufentscheid der Konsumentinnen und Konsumenten.

27.09.2024, 08:17 Uhr

Parlament lehnt Uno-Klimakonferenz in Genf ab

Der Bundesrat soll die Stadt Genf und Umgebung nicht ersuchen müssen, eine der künftigen Uno-Klimakonferenzen auszurichten. Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat einer entsprechenden Standesinitiative des Kantons Genf mit dieser Forderung keine Folge gegeben.

Mit 118 zu 71 Stimmen und mit vier Enthaltungen beschloss die grosse Kammer am Freitag auf Antrag ihrer Aussenpolitischen Kommission (APK-N), der Genfer Standesinitiative keine Folge zu geben. Damit ist das Geschäft erledigt.

Laut Kommissionssprecher Hans-Peter Portmann (FDP/ZH) hält die Mehrheit eine solche Konferenz für zu ressourcenintensiv, namentlich was den finanziellen und personellen Aufwand angehe. In ihren Augen bringe sich die Schweiz auf diplomatischer Ebene bereits sehr vielfältig ein.

Die Minderheit war laut Sprecher Nicolas Walder (Grüne/GE) der Ansicht, dass sich die Schweiz im Bereich der Klimaveränderungen aktiv engagieren sollte – umso mehr, als die damit verbundenen Herausforderungen einen immer wichtigeren Platz in der internationalen Debatte einnehmen würden.

Der Ständerat hatte der Initiative im März dieses Jahres keine Folge gegeben. Mit dem Nein des Zweitrats ist das Geschäft definitiv vom Tisch.

26.09.2024, 17:42 Uhr

Nationalrat will indirekte Presseförderung stärken

Der Nationalrat will die indirekte Presseförderung für die Tageszustellung der Regional- und Lokalpresse von heute jährlich 30 auf neu 45 Millionen Franken für sieben Jahre befristet aufstocken. Die Verbilligung soll die Verlage finanziell entlasten.

Sie sollen damit mehr Geld in die digitale Transformation investieren können. Dafür hat die grosse Kammer eine Vorlage ihrer Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen zu einer Revision des Postgesetzes verabschiedet. In der Gesamtabstimmung nahm der Nationalrat die Vorlage mit 126 zu 61 Stimmen bei zwei Enthaltungen an. Als nächstes muss der Ständerat über sie befinden.

Auch für die Frühzustellung von Tageszeitungen unter der Woche soll es eine durch den Bund subventionierte Ermässigung geben. Der Nationalrat widersetzte sich mit den Entscheiden denn auch den Sparvorschlägen des Bundes: Eine Kürzung des Bundesbeitrags für die indirekte Presseförderung war Teil des unlängst veröffentlichten Expertenberichts für potenzielle Einsparungen beim Bund. 

Der Bundesrat beantragte im Vorfeld Nichteintreten auf die Vorlage. Seine ablehnende Haltung begründet er unter anderem mit der angespannten Finanzlage. Den jährlichen Bundesbeitrag von 20 Millionen Franken an die Mitgliedschafts- und Stiftungspresse strich die grosse Kammer derweil. Dies ganz im Sinne des Bundesrates.

Weiter nahm die grosse Kammer auch eine Motion zur Schaffung einer Gesetzesvorlage für eine kanal- und geschäftsmodellunabhängige Förderung elektronischer Medien an. Das Geschäft geht ebenfalls an den Ständerat. Auch hier hatte der Bundesrat im Vorfeld erfolglos eine Ablehnung beantragt. Die von der Kommission geforderte Förderung soll aus dem Bundeshaushalt finanziert werden.

26.09.2024, 13:22 Uhr

Nationalrat fordert Hilfe für Stahlwerk Gerlafingen

Der Nationalrat fordert sofortige Hilfe für das bedrohte Stahlwerk in Gerlafingen SO. Er will den Bundesrat beauftragen, zusammen mit dem Standortkanton Solothurn und dem Unternehmen Sofortmassnahmen zu ergreifen, um das Werk zu retten. Notrecht schliesst er dabei nicht aus.

Mit 96 zu 83 Stimmen bei 7 Enthaltungen nahm er am Donnerstag eine Motion von Christian Imark (SVP/SO) an. Befürchtungen vor Werkschliessungen gebe es nach wie vor, sagte er. Signale aus dem Wirtschaftsdepartement liessen darauf schliessen, dass man das Stahlwerk in Gerlafingen und auch jenes in Emmenbrücke LU als nicht systemrelevant einstufe.

Beide seien aber umweltrelevant, sagte Imark. Jährlich würden sie 1,5 Millionen Tonnen Stahlschrott wiederaufbereiten. Geschähe dieses Recycling im Ausland, würden die Rohstoffe nicht im Land bleiben und der CO2-Ausstoss wäre höher. Schweizer Stahlwerke arbeiteten "grün".

Der Bundesrat sei sich der schwierigen Lage der Stahlwerke bewusst, sagte Wirtschaftsminister Guy Parmelin. Er selber und Umweltminister Albert Rösti seien mit der Branche und der Politik im Austausch, um gute Rahmenbedingungen zu schaffen. Zollfreie Stahlexporte in die EU seien dank zahlreicher Interventionen in Brüssel wieder möglich.

Es gebe eine Vielzahl von Instrumenten, um den Werken in der herausfordernden Lage zu helfen. Auch die Energiekosten gingen zurück. Und es gebe gesetzliche Grundlagen, um Umweltprojekte zu unterstützen. Die Anwendung von Notrecht sei nicht angebracht.

Die Motion geht nun an den Ständerat. Er wies einen ähnlichen Vorstoss der zuständigen Kommission zur vertieften Prüfung zu.

26.09.2024, 12:15 Uhr

Ständerat spricht sich für höhere Mindestfranchise aus

Der Ständerat hat sich heute gleich mit mehreren Vorstössen rund ums Gesundheitswesen befasst. Er hat eben entschieden: Die Mindestfranchise bei der Krankenkasse soll erhöht werden. 

Heute liegt die tiefste Franchise bei 300 Franken und die höchste bei 2500 Franken. Jede Versicherte und jeder Versicherte kann wählen, ob sie lieber eine höhere Franchise und dafür weniger Prämien zahlen will oder umgekehrt. 

Die Forderung nach einer Erhöhung der Mindestfranchise stammt von St. Galler SVP-Ständerätin Esther Friedli. Der Ständerat stimmte ihr sehr deutlich zu. Der Neuenburger SP-Ständerat Baptiste Hurni hatte gewarnt, dass dies ein Frontalangriff auf chronisch Kranke und ältere Menschen sei. Denn sie sind es, die meist eine sehr tiefe Franchise wählen. 

Als Nächstes wird nun der Nationalrat über die Motion entscheiden müssen. Der Bundesrat ist ebenfalls für eine Erhöhung der minimalen Franchise.

26.09.2024, 11:49 Uhr

Parlament will bei WHO-Pandemiepakt das letzte Wort haben

Tritt die Schweiz einem WHO-Übereinkommen bei und bringt dieses für sie Verbindlichkeiten, soll das Parlament das letzte Wort haben. Einem entsprechenden Vorstoss der SVP-Fraktion hat am Donnerstag auch der Ständerat zugestimmt. 

Die SVP begründete die Motion mit dem geplanten Pandemievertrag der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Damit sollten die Einflussmöglichkeiten der WHO massiv erweitert werden, sagte Sprecherin Esther Friedli (SG) und warnte vor einer Machtkonzentration bei der Uno-Organisation. Die WHO würde durchgreifende Möglichkeiten erhalten, zu zensieren, was sie als Fehlinformation oder Desinformation betrachte.

Die WHO-Mitglieder setzen die Verhandlungen über ein weltweites Pandemie-Abkommen fort. Der Plan, es schon im Sommer zu verabschieden, war gescheitert, deshalb setzten sie sich eine neue Frist bis im Frühjahr 2025.

Für die Schweiz besteht in den Augen der SVP das Risiko, dass dieses internationale Instrument bindende Rechtskraft entwickle. Um diesem Risiko im Bereich Soft Law Rechnung zu tragen, müsse das Parlament darüber entscheiden können.

Unter Soft Law in der Aussenpolitik versteht man rechtlich nicht verbindliche Instrumente, die aber eine gewisse normative Kraft haben. Ein Bericht der parlamentarischen Verwaltungskontrolle kam zum Schluss, dass die parlamentarische Mitwirkung im Bereich Soft Law nur teilweise zweckmässig sei.

26.09.2024, 11:39 Uhr

Neue Strategie zur Bekämpfung von Armut

Das Parlament will eine neue, nationale Strategie zur Bekämpfung von Armut. Nach dem Nationalrat hat am Donnerstag auch der Ständerat einen entsprechenden Vorstoss von der Genfer SP-Nationalrätin Estelle Revaz angenommen. Nun muss der Bundesrat den Räten einen Vorschlag zur Umsetzung unterbreiten.

Das 2024 auslaufende nationale Programm zur Prävention und Bekämpfung von Armut wird somit verlängert und die Plattform und das Monitoring bis mindestens 2030 mit ausreichenden Mitteln finanziert. Danach soll das Programm durch eine nationale Strategie abgelöst werden. 

26.09.2024, 10:27 Uhr

Ständerat will Vertragszwang zwischen Krankenkassen und Ärzten lockern

Der Ständerat hat am Donnerstagmorgen einem Vorstoss zugestimmt, der zum Ziel hat, die Explosion der Gesundheitskosten zu bremsen. Die Motion des Zuger Mitte-Ständerats Peter Hegglin sieht vor, dass der Vertragszwang zwischen Krankenversicherern und Ärzten sowie Spitälern gelockert wird. Die kleine Kammer nahm sie mit 30 zu 12 Stimmen bei einer Enthaltung an.

Heute sind die Krankenversicherer verpflichtet, mit jedem zugelassenen Leistungserbringer einen Vertrag abzuschliessen. Für die Zulassung sind ausschliesslich formale Kriterien relevant. Ein bestehendes Überangebot oder eine ineffiziente Leistungserbringung seien irrelevant für die Aufnahme in einen Tarifvertrag, brachte die Gesundheitskommission des Ständerats vor, die sich für den Vorstoss starkgemacht hatte. Leistungserbringer seien in der Standortwahl daher mehrheitlich frei, was zu Ballungen in den einen und zu einer Unterversorgung in den anderen Gebieten führe.

Dort, wo es eine Überversorgung gebe, solle der Vertragszwang daher gelockert werden. Letztlich würde dadurch wettbewerbliche Anreize gestärkt, dort zu praktizieren, wo die Versorgung die Höchstzahlen nicht überschreitet, so Hegglin.

Eine links-grüne Minderheit stellte sich – genauso wie der Bundesrat – erfolglos gegen den Vorschlag. Als Nächstes muss der Nationalrat über die Motion befinden.

25.09.2024, 19:20 Uhr

Nationalrat will Abgangsentschädigungen für Bundeskader beschränken

Der Nationalrat will «goldenen Fallschirmen» in der Bundesverwaltung ein Ende setzen. Abgangsentschädigungen für Mitarbeitende sollen nur noch in Ausnahmefällen zugelassen werden.

Die grosse Kammer hat am Mittwoch eine entsprechende Motion von Roger Golay (MCG/GE) angenommen – mit 120 zu 48 Stimmen bei 7 Enthaltungen. Der Vorstoss geht nun an den Ständerat.

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Auslöser des Vorstosses war laut Golay die publik gewordene Abgangsentschädigung der scheidenden Direktorin des Bundesamts für Polizei (Fedpol), Nicoletta della Valle. Medienberichten zufolge soll diese Entschädigung im Rahmen eines ordentlich gekündigten Arbeitsverhältnisses ausgerichtet worden sein.

Der Bundesrat lehnt den Vorstoss ab. Finanzministerin Karin Keller-Sutter verwies darauf, dass Abgangsentschädigungen schon heute zurückhaltend eingesetzt würden. Situativ könnten sie jedoch angezeigt sein. Solche Fälle seien bereits geregelt.

Gemäss Bundespersonalverordnung können Abgangsentschädigungen beispielsweise für Amtsdirektorinnen ausgerichtet werden – dies «im Zusammenhang mit einer vereinfachten Kündigung infolge Wegfalls der gedeihlichen Zusammenarbeit oder Wegfalls des Willens des Departementsvorstehers zur Zusammenarbeit». Bei einem freiwilligen Rücktritt gebe es keine Abgangsentschädigung.

Nahostkonflikt

Am Montag beginnt der Nationalrat die Session mit einer Debatte zum Nahostkonflikt. Eine bürgerliche Mehrheit der Aussenpolitischen Kommission verlangt mit einer Motion, den Schweizer Sockelbeitrag für 2024 an das Uno-Palästinenserhilfswerk Unrwa zugunsten der Nothilfe an die palästinensische Zivilbevölkerung umzuleiten. Der Bundesrat lehnt das ab. Anfang Mai hat er 10 Millionen Franken für die Unrwa freigegeben.

Getrennte Steuererklärungen für Ehepaare

In der zweiten Sessionswoche nimmt sich der Nationalrat die Individualbesteuerung vor. Traktandiert ist einerseits die von den FDP-Frauen eingereichte Steuergerechtigkeits-Initiative, die eine Besteuerung unabhängig vom Zivilstand fordert. Andererseits wird über den Gegenvorschlag des Bundesrates debattiert.

Die zuständige Kommission unterstützt beides mit einer jeweils knappen Mehrheit. Der Bundesrat möchte die zivilstandsunabhängige Besteuerung auf allen Staatsebenen einführen. Bei der direkten Bundessteuer geht der Bundesrat – bezogen auf das Steuerjahr 2024 – von geschätzt rund einer Milliarde Franken Mindereinnahmen pro Jahr aus.

Mehr Kontrolle bei ausländischen Investoren

Des Weiteren debattiert der Nationalrat über das Investitionsprüfgesetz. Diese Bestimmungen sollen verhindern, dass Schweizer Unternehmen von ausländischen Investoren übernommen werden, wenn dies die öffentliche Ordnung oder die öffentliche Sicherheit gefährden oder bedrohen könnte. Übernahmen sollen genehmigt werden müssen, wenn die betroffenen Unternehmen in einem besonders kritischen Bereich tätig sind und staatlich kontrollierte ausländische Investoren sie übernehmen wollen.

Der Bundesrat hält die Investitionsprüfung allerdings nicht für nötig; das Parlament hat die Vorlage angestossen. Die zuständige Nationalratskommission will zudem weiter gehen als der Bundesrat. Unter anderem will sie die Investitionsprüfung auch bei nicht staatlichen Investoren anwenden.

Streit um Armeefinanzen

Ungewohnt umstritten ist die Armeebotschaft. Die zuständige Nationalratskommission konnte sich bisher nicht einigen, wie die geforderten zusätzlichen Ausgaben für die Armee gegenfinanziert werden sollen. Sie lehnt daher den zur Botschaft gehörenden Bundesbeschluss über den Zahlungsrahmen der Armee für 2025 bis 2028 ab.

Zuvor hatte die Kommission im Grundsatz entschieden, den Zahlungsrahmen für die Armee von 25,8 auf 29,8 Milliarden Franken zu erhöhen. Damit will sie sicherstellen, dass das Armeebudget bis 2030 den Zielwert von einem Prozent des Bruttoinlandprodukts erreicht – und nicht wie früher beschlossen erst 2035. Der Ständerat hat die Aufstockung bereits gutgeheissen.

Uno-Migrationspakt ohne Schweiz

Der Ständerat hat den 2021 vom Parlament sistierten Beitritt zum Uno-Migrationspakt wieder auf der Traktandenliste. Die Mehrheit seiner zuständigen Kommission beantragt allerdings, dem Pakt nicht beizutreten. Die Risiken durch rechtliche Auswirkungen würden allfällige Vorteile überwiegen, hält sie fest.

Der Uno-Migrationspakt wurde im Dezember 2018 von der Uno-Generalversammlung verabschiedet. Er hält Massnahmen fest, um die Migration erstmals grenzüberschreitend zu ordnen. Unterzeichnen wollte der Bundesrat den Pakt eigentlich schon 2018. Er verzichtete aber, nachdem kritisiert wurde, dass der Bundesrat den Pakt nicht ohne Zustimmung des Parlaments beschliessen könne.

Klimaseniorinnen führen zu Menschenrechtsdebatte

Das künftige Verhältnis der Schweiz zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) steht in beiden Räten in ausserordentlichen Sessionen zur Debatte. Hintergrund ist das Strassburger Urteil im Fall der Klimaseniorinnen vom vergangenen Frühjahr. Der Gerichtshof hielt darin fest, dass die Schweiz ihren Aufgaben beim Klimaschutz nicht nachgekommen sei. Im Nationalrat steht mit einer SVP-Motion einzig die Kündigung der EMRK zur Diskussion.

Im Ständerat liegen mehrere Vorstösse vor. Während die Motion aus der SVP ebenfalls die Kündigung der EMRK verlangt, will eine Motion aus der FDP, dass sich der Gerichtshof auf seine Kernaufgabe besinnt. Die SP wiederum will mit einem Postulat Abklärungen zu den Folgen des Klimaurteils für die Schweiz. Der Bundesrat beantragt den Vorstoss der FDP zur Annahme, die übrigen Motionen lehnt er ab.

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