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Anti-Folterkommission ist alarmiert
Kinderflüchtlinge überfordern den Bund

Aus Sicht einer Expertenkommission herrschen in den Asylzentren des Bundes unhaltbare Zustände für jugendliche Flüchtlinge. Ein Problem ist der Fachkräftemangel.
Publiziert: 22.05.2023 um 00:35 Uhr
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Aktualisiert: 22.05.2023 um 14:41 Uhr
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Weil derzeit so viele jugendliche Flüchtlinge in die Schweiz kommen, können sie nicht angemessen betreut werden.
Foto: keystone-sda.ch
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Lea HartmannRedaktorin Politik

Viel zu wenig Betreuer, viel zu wenig Platz. Die starke Zunahme an unbegleiteten Jugendlichen bringt nicht nur die Kantone an ihre Grenzen, sondern auch den Bund.

In einem Bericht, der jüngst veröffentlicht worden ist, bezeichnet die Kommission zur Verhütung von Folter die Situation in den Asylzentren des Bundes als besorgniserregend. Die Expertenkommission wirft den Behörden Verstösse gegen die Uno-Kinderrechtskonvention vor.

Eine Sozialpädagogin für 100 Jugendliche

Teilweise ist laut Bericht an einem Tag eine einzige ausgebildete Sozialpädagogin für 70 bis 100 unbegleitete Jugendliche verantwortlich. Mitarbeitende des Zentrums in Balerna TI sagten gegenüber der Kommission, die Jugendlichen seien «sich selbst überlassen und unterbeschäftigt».

Laut «Beobachter» können Jugendliche teilweise nicht mehr zur Schule, weil es an Schulplätzen mangelt. 16- und 17-Jährige werden wie Erwachsene behandelt, obwohl sie Anrecht auf eine spezielle Betreuung haben. Das Fazit der Anti-Folterkommission ist klar: Behörden und Politik müssen handeln.

«Im Umgang mit jugendlichen Asylbewerbern braucht es Feingefühl»
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Weil viele traumatisiert sind:«Für jugendliche Asylbewerber braucht es Feingefühl»

«Brauchen uns nicht zu schämen»

Für SP-Nationalrätin Samira Marti (29) sind die Erkenntnisse der Anti-Folterkommission ein «Alarmzeichen». «Viele Jugendliche sind traumatisiert von Krieg, Gewalt und Flucht. Sie brauchen ein sicheres, ruhiges Umfeld.» Überfüllte Bundesasylzentren mit zu wenig Personal und null Beschäftigung seien «für die Teenies eine Katastrophe».

Mitte-Nationalrat Marco Romano (40) hingegen hält die harsche Kritik der Anti-Folter-Kommission für ungerechtfertigt und übertrieben. Er ist Präsident der Staatspolitischen Kommission des Nationalrats, die sich mit dem Asylwesen beschäftigt. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) tue «alles Mögliche, um Lösungen zu finden», betont er. So könnten Kinder des Bundesasylzentrums in Balerna TI beispielsweise in den Sommermonaten tagsüber in eine nahegelegene Landwirtschaftsschule, wo sie mehr Platz für Aktivitäten haben. «In Italien schlafen Kinder auf der Strasse. Wir brauchen uns im Vergleich mit dem nahen Ausland absolut nicht zu schämen», findet der Tessiner.

Berücksichtigen müsse man auch, dass die Jugendlichen nur kurz in Asylzentren des Bundes untergebracht werden, sagt SVP-Nationalrätin Martina Bircher (39). Im Schnitt sind es 90 Tage – dann werden sie einem Kanton zugeteilt, der sich um die Unterbringung kümmert.

Es fehlt an Geld und Personal

Um die eigenen Richtlinien einzuhalten, bräuchte es laut SEM über ein Drittel mehr Vollzeitstellen, als derzeit für die Betreuung der Jugendlichen zur Verfügung stehen. Jährliche Kosten: 38 Millionen Franken. Die Inbetriebnahme neuer Asylzentren, um die Kinderflüchtlinge angemessen unterzubringen, käme noch viel teurer.

Doch die Kosten sind nicht das einzige Problem. Die Organisationen, die die Bundesasylzentren betreiben, haben seit Längerem extreme Mühe, Fachpersonal zu finden. Stand März waren laut SEM über 60 Vollzeitstellen in der Betreuung von minderjährigen Geflüchteten unbesetzt.

Solange die Zahl der unbegleiteten Jugendlichen so hoch ist, wird die Situation in den Bundesasylzentren darum realistischerweise prekär bleiben.

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