Im Berner Oberland ist ein Streit um einen saudischen Blogger und Aktivisten entbrannt. Weil er die strenge Auslegung des Islams in Saudi-Arabien kritisierte, wurde Raif Badawi (38) zu zehn Jahren Haft verurteilt. 2012 war er festgenommen und 2014 wegen «Beleidigung des Islams» zu zehn Jahren Haft, tausend Peitschenhieben und einer hohen Geldstrafe verurteilt worden. Seit März ist er wieder frei, darf aber das Land nicht verlassen.
Die Freidenker-Vereinigung Schweiz will sich nun mit einer Plakataktion in Interlaken BE an saudische Touristen wenden, das berichtet der «Berner Oberländer». «Willkommen liebe saudische Gäste. Schön, könnt ihr eure Reisefreiheit geniessen. Setzt euch bitte zu Hause dafür ein, dass Raif Badawi das auch kann», heisst es auf den Plakaten, die in Interlaken aufgehängt werden sollen. Der Text wird in drei Sprachen veröffentlicht, auch auf Arabisch.
Doch der Gemeinderat des Touristen-Hotspots im Bernern Oberland will den Aushang an Plakatstellen auf gemeindeeigenem Grund verhindern, weil das Plakat als Provokation aufgefasst werden könnte. «Wir betrachten dies als Behördenwillkür, da der Entscheid wohl auf keinerlei Rechtsgrundlage fusst», sagt Andreas Kyriacou (56), der Präsident der Freidenker-Vereinigung der Schweiz.
Gemeinde wehrt sich gegen Willkür-Vorwurf
Die Vereinigung führt die Plakataktion extra in Interlaken durch, «weil hier ein Grossteil der saudischen Touristen haltmacht», so Kyriacou (56). Aber auch in der Stadt Bern seien bei Hotels wenige Plakate aufgehängt worden.
Philippe Ritschard (62), der Gemeindepräsident von Interlaken, wehrt sich im «Berner Oberländer» gegen die Vorwürfe. Von Willkür könne keine Rede sein, sagt er: «Alles, was religiöse oder politische Hintergründe hat – mit Ausnahme von Gemeindewahlen –, lassen wir nicht zu.» Dies sei ein Grundsatzentscheid.
BLS und Postauto sehen kein Problem
Die Freidenker-Vereinigung will nun nochmals das Gespräch mit der Gemeinde suchen. Unterstützung erhält die Vereinigung von der Grünen Nationalrätin Natalie Imboden (51). Auf Twitter schreibt sie: «Gilt die Meinungsfreiheit in Interlaken nicht?»
Derweil werden die Plakate ab dieser Woche im öffentlichen Verkehr zu sehen sein. So hätten BLS und Postauto AG das Sujet akzeptiert, sagt Kyriacou. (sie)