Zoff in Interlaken BE: Der bekannte Schweizer TV-Koch René Schudel (45) ist wütend auf die Gemeinde Interlaken und fühlt sich von ihr übergangen. Grund dafür: Anders als abgemacht, hat die Gemeinde sich nun nicht für ihn, sondern für einen anderen Pächter für das Restaurant Des Alpes entschieden. «Die Verhandlungen mit mir sind nicht gescheitert, das ist einfach nicht wahr», sagt Schudel zu Blick. «Ich habe auch keinen Rückzieher gemacht. Dies zu behaupten und die Bevölkerung in diesem Glauben zu lassen, ist einfach nicht fair», ärgert sich der Gastronom.
Am 1. März 2021 war die Gastrowelt im mondänen Berner Kurort noch in Ordnung. Philippe Ritschard (61), Gemeindepräsident von Interlaken, präsentierte den einheimischen Starkoch René Schudel mit seiner One One Five Gastro AG als neuen Pächter des beliebten Restaurants Des Alpes. Zuvor stand das Lokal monatelang leer, nachdem im Oktober 2020 der bekannte Kultwirt vom Des Alpes, Thomas F.* (†61), erschlagen in seiner Wohnung in Interlaken aufgefunden worden war. Der Tat verdächtigt wird seine Ehefrau, Boxerin Viviane O.** (35), die aktuell in U-Haft sitzt. Im Februar 2022 hat die Berner Staatsanwaltschaft sie wegen Mord oder vorsätzlicher Tötung angeklagt.
Umso intensiver konzentrierte sich die Gemeinde Interlaken in den vergangenen Monaten auf die Neubesetzung des Des Alpes. «Man wollte das Restaurant an diesem emotionalen und geschichtsträchtigen Platz so schnell wie möglich wieder eröffnen», sagt Schudel. «Ich hatte den Zuschlag bekommen. Im Spätsommer 2021 lag der Mietvertrag unterzeichnungsbereit auf meinem Tisch.» Dann sei das Hotel auf dem Des-Alpes-Areal auf einmal wieder zum Thema geworden. «Da wussten wir, wir müssen erst die Abstimmung abwarten und uns gegebenenfalls mit dem neuen Hotelbetreiber absprechen», erklärt Schudel.
Plötzlich schrieb Gemeinde Restaurant neu aus
Zu jeder Zeit sei aber klar gewesen, dass bei einem «Nein» zum Hotel sein bereits fertiger Mietvertrag unterschrieben werde. Doch dann kam alles anders: «Nachdem das Stimmvolk das Hotelvorhaben Mitte Februar dieses Jahres an der Urne haushoch abgelehnt hatte, erklärte uns der Gemeinderat plötzlich, dass das Projekt ordnungshalber neu ausgeschrieben werde. Obwohl wir schon zugesagte Pächter waren», ärgert sich Schudel. Bis zum 6. Mai 2022 konnten sich interessierte Gastronomen bewerben.
Nach Ablauf der Frist entschied sich die Gemeinde schlussendlich für den aus der Region stammenden Stefan Bachofner. Für Schudel, der sich mit seiner One One Five Gastro AG nicht erneut beworben hatte, ein Schlag ins Gesicht: «Ich habe keine Ahnung, was da abgelaufen ist. Es ist absolut unverständlich. Es war immer klar, dass ich der zukünftige Pächter vom Des Alpes sein werde.»
Schudel hatte bereits Ausgaben von knapp 300'000 Franken
Besonders enttäuscht ist der Starkoch vom Kommunikationsverhalten der Verantwortlichen: «Ich habe nie ein offizielles Statement der Gemeinderäte erhalten, in dem sie erklären, warum das Restaurant ordnungshalber neu ausgeschrieben werde, obwohl sie bereits einen vorliegenden Pachtvertrag inklusive Finanzierung von mir hatten.» Der TV-Koch kann und will nicht akzeptieren, dass die Gemeinde den Mietvertrag für das Des Alpes nun mit einem anderen Pächter abgeschlossen hat. «Ich hatte bereits Vorausgaben in der Höhe von knapp 300’000 Franken. Ausführungspläne fertig auf dem Tisch. Mitarbeiter waren bereits angestellt und im Lohnkonto meiner Firma», so der Gastronom.
Doch die Verantwortlichen seien bedauerlicherweise nicht zu einem Gespräch bereit gewesen, sagt Schudel. Er bereitet deshalb eine Klage gegen die Gemeinde Interlaken vor: «Nun müssen leider unsere Anwälte die Situation klären. Entweder ich werde der eigentliche Pächter des Des Alpes oder erhalte Schadenersatz», sagt Schudel. Der Koch wäre nach wie vor offen dafür, das legendäre Restaurant zu übernehmen. «Aber erst müssen diese Altlasten aufgearbeitet werden. Ich habe eineinhalb Jahre Herzblut, Zeit und Geld in dieses Projekt gesteckt.»
Die Gemeinde Interlaken will zum Streit rund um das Restaurant Des Alpes auf Anfrage von Blick keine Stellung nehmen. «Wir sind in einem laufenden Verfahren und können daher aktuell keine Auskunft erteilen», sagt Peter Michel (51), Gemeinderat von Interlaken.
* Name geändert, ** Name bekannt
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