Denise Häusermann (70) kaufte in Südafrika nichtsahnend gefälschte Papiere
«Mein Traum wurde zum Albtraum!»

Denise Häusermann (70) hatte einen grossen Traum: Sie wollte nach Südafrika auswandern und den Rest ihres Lebens dort verbringen. Ihren Traum setzte sie um. Doch nach vier Jahren kam für die Bernerin alles anders.
Publiziert: 05.08.2022 um 01:35 Uhr
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Aktualisiert: 05.08.2022 um 14:08 Uhr
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Denise Häusermann sitzt seit sieben Jahren in Südafrika fest, wie sie sagt.
Foto: zVg
Ralph Donghi

Denise Häusermann (70) sitzt nachdenklich auf einer Sitzbank in Sandton, einer Stadt in der südafrikanischen Provinz Gauteng. «Seit 13 Jahren wohne ich hier», sagt die gebürtige Bielerin. Doch die Hälfte davon sei «ein Albtraum» gewesen. Der Grund: «Weil mir vor Ort ein Agent gefälschte Aufenthaltspapiere verkauft hatte, durfte ich das Land sieben Jahre lang nicht verlassen und sitze jetzt immer noch hier fest!»

Die gelernte Kauffrau, die nach ihrer Lehre in der Reise- und Beauty-Branche arbeitete, wohnte zuletzt seit 2004 mit ihrem zweiten Ehemann in Interlaken BE. Im Januar 2009 reisen die beiden nach Johannesburg, um einen Freund zu besuchen. «Wir entschieden uns, dorthin auszuwandern.»

Südafrika war ihr Traum

Nach sechs Wochen reist das Paar zurück in die Schweiz und will den Wegzug planen. «Doch sieben Wochen später verstarb mein geliebter Mann an Darmkrebs», sagt Häusermann. «Da entschied ich mich, allein nach Südafrika zu ziehen. Da es unser Traum war.»

Häusermann sagt, sie habe dann bei der südafrikanischen Botschaft in Bern einen Antrag für einen vierjährigen Rentner-Aufenthaltsausweis bestellt. Der sei ab 22. September 2009 gültig gewesen. «Im Oktober 2009 flog ich nach Johannesburg.» Dann mietet sie sich ein Haus in Sandton.

Häusermann suchte Immigrationsagent

Anschliessend baut sie sich einen neuen Freundeskreis auf und verteilt für eine Kirche Lebensmittel an Arme, da sie nicht arbeiten darf. «Die ersten Jahre gefielen mir.» Weil ihr Aufenthaltsausweis am 21. September 2013 abläuft, fliegt Häusermann zurück in die Schweiz. «Ich wollte das Grab meiner Eltern besuchen und auf der südafrikanischen Botschaft in Bern eine Verlängerung des Aufenthaltsausweises beantragen.»

Dort sei ihr erklärt worden, dass ihr nun gar eine dauerhafte Aufenthaltsbewilligung zustehe und sie diese beim Department of Home Affairs (Doha) in Südafrika beantragen könne. «Man riet mir, nun mit einem Touristen-Visum nach Johannesburg zurückzukehren und dort einen Immigrationsagenten zu suchen, der alles erledigt.»

«Ich war überglücklich!»

So fliegt Häusermann im April 2014 zurück und findet einen Agenten. Ein Freund begleitet sie zum Home-Affairs-Gebäude, wo sie auf ihn treffen. «Er machte einen guten Eindruck.» Er verlangt von ihr den Pass, acht Passfotos und 10'000 ZAR (rund 580 Franken) für die Kosten.

Später habe der Agent ihr den Pass zurückgebracht, in dem nun die dauerhafte Aufenthaltsbewilligung klebte. Häusermann: «Ich war überglücklich!» Der Agent habe zusätzlich 3500 ZAR für einen südafrikanischen Pass respektive eine ID verlangt. «Später wurde mir durch einen Kollegen von ihm meine temporäre ID ausgehändigt.» Danach habe sie die auf die ID sowie den Pass gewartet und normal weitergelebt.

Anwältin stellt fest: Gefälschte Papiere!

Im Februar 2015 passiert es. «Mir wurde im Supermarkt mein Portemonnaie aus meiner grossen Handtasche gestohlen», sagt Häusermann. «Pech, denn meine temporäre ID und mein Pass mit dem Aufenthaltskleber waren drin!» Sie habe versucht, den Agenten und das Doha zu erreichen – vergebens.

Deshalb habe sie sich bei einem Anwaltsbüro gemeldet und sei im Juli 2015 mit einem Kollegen zu einer Anwältin gegangen. «Sie stellte fest, dass meine südafrikanischen Papiere gefälscht waren!», sagt Häusermann. Sie habe erneut versucht, den Agenten zu erreichen – ohne Erfolg.

Zur «nicht erwünschten Person» ernannt

Für Häusermann beginnt ein Kampf um «meinen Ruf, Gerechtigkeit und Freiheit». Denn: «Ich wurde am 7. Juli 2015 vom Doha zu einer nicht erwünschten Person ernannt.» Sie habe nicht ausreisen und weiterhin nicht arbeiten dürfen und wegen den ganzen Kosten immer weniger Geld gehabt. «Es war eine jahrelange juristische Odyssee.»

Mit spätem Erfolg: «Am 28. Februar dieses Jahres wurde mein Fall vor dem hohen Gericht in Pretoria behandelt – und ich gewann», sagt Häusermann. «Die Richterin forderte den Minister von Doha auf, mich sofort freizusprechen.» Dies sei im April geschehen.

Alles beginnt wieder von vorne

Das Problem von Häusermann: «Ich werde immer noch als illegal behandelt. So lange, bis meine Anwältin vom Doha einen Status für mich erhalten hat.» Das heisst: «Ich muss wieder von vorne anfangen mit einem Antrag für eine vorübergehende Aufenthaltsbewilligung. Dies, obwohl ich seit fast 13 Jahren in Südafrika wohne!»

Hinzu komme, dass sie dafür ein Einkommen von 37'000 ZAR pro Monat vorweisen müsse. «Was ich nicht habe», sagt Häusermann. Sie habe bereits Schmuck verkaufen sowie ihren Bruder nach Geld fragen müssen. Mit ihrer Rente könne sie gerade mal Essen und Miete bezahlen. Es stehe fest: «Wenn meine Anwältin alles geregelt hat, muss ich Südafrika verlassen.» Sie hoffe nun auf frühere Hilfe vom EDA.

Botschaft in Pretoria «unterstützt» Häusermann

Auf Anfrage von Blick beim Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten in Bern sagt Sprecher Pierre-Alain Eltschinger: «Die Schweizer Botschaft in Pretoria steht im regelmässigen Kontakt mit Frau Häusermann und wurde über ihren Fall informiert.» Und: «Die Botschaft unterstützt sie im Rahmen des konsularischen Schutzes.» Für Denise Häusermann ist das «eine gute Nachricht». Jetzt heisst es für sie: «Abwarten.»

Vergebens gewartet hat Blick auf Antworten zum Fall von den zuständigen Behörden in Südafrika.

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