Es ist ein Tsunami, der über die politische Schweiz hinwegfegt. Seit den nationalen Wahlen 2019 ebbt die grüne Welle nicht ab. Sie hat nicht nur in Bundesbern die Mehrheitsverhältnisse geändert. Bei den Schaffhauser Kantonsratswahlen Ende September gab das Klima erneut den Ausschlag – und bescherte den Grünen drei Sitzgewinne. Auch der letzte Abstimmungssonntag hat gezeigt, dass derzeit die urbane, links-grüne Schweiz den Ton angibt.
Und die grüne Welle scheint vorerst auch nicht abzuebben. Bei den Aargauer Grossratswahlen gewinnen GLP und Grüne Wähleranteile dazu. Die Grünliberalen haben gleich 6 Sitze gewonnen und kommen neu auf 13 Mandate. Die Partei legt um 4,0 Prozentpunkte auf 9,2 Prozent zu. Die Grünen gewinnen 4 Sitze und haben nun 14 Mandate, was einem Plus von 3,0 Punkten auf 10,0 Prozent entspricht.
Grund zur Sorge gab es im Vorfeld für die SVP, die im bürgerlichen Aargau mit Abstand die stärkste Partei ist. 45 von 140 Sitzen besetzt sie derzeit im Grossen Rat. Doch ausgerechnet vor den Wahlen vom Sonntag schwächelte die Partei. Grund dafür ist nicht nur der nationale Trend, sondern auch interne Querelen.
Ärger in den eigenen Reihen
Dafür verantwortlich ist auch der Präsident der Aargauer SVP, Nationalrat Andreas Glarner (58). Dieser sorgt mit harschen Verbalattacken immer wieder für Ärger auch in den eigenen Reihen.
Glarners jüngste Angriffe auf die grüne Nationalratskollegin Sibel Arslan (40), die er «Arschlan» nannte und der er implizit absprach, eine richtige Schweizerin zu sein, kommen auch in weiten Teilen der SVP-Anhängerschaft nicht gut an.
Im Hinblick auf die Wahlen machte sich Glarner bisher aber keine Sorgen. Er gehe davon aus, dass die SVP alle ihre Parlamentssitze verteidigen könne. Auch andere SVP-Mitglieder bauen darauf, dass die grüne Welle die SVP im Aargau nicht so hart treffen wird wie anderswo.
«Mit einem blauen Auge davongekommen»
Die Rechnung geht halbwegs auf. Die SVP muss 2 Sitze abgeben, bleibt jedoch mit 43 Sitzen mit Abstand die grösste Fraktion. Sie büsste um 1,6 Prozentpunkte ein und liegt nun bei 30,3 Prozent.
«Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen», sagte Glarner im Radio SRF. Bei den Nationalratswahlen 2019 ist die SVP Aargau noch um 6,5 Prozentpunkte eingebrochen – zugunsten der Grünen.
SP verliert, genauso wie die FDP
Schlechter sieht es etwa für die SP aus. Sie ist die grosse Verliererin, büsst 4 Sitze ein und kommt noch auf 23 Mandate, bleibt aber zweitstärkste Fraktion. Auch wenn das links-grüne Lager insgesamt gestärkt wird, sind es vor allem die Sozialdemokraten, die unter der grünen Welle leiden. Man habe nicht mit den Verlusten gerechnet, sagte Kantonalpräsidentin und Nationalrätin Gabriela Suter (47) im Regionalsender Tele M1.
Die FDP verlor einen Sitz und kommt noch auf 21 Mandate. Sie büsst 1,3 Punkte ein und landet bei 14,7 Prozent. Die CVP legt um einen Sitz auf 18 Mandate zu. Das entspricht einem Plus von 0,7 Punkten auf 12,8 Prozent. Die Partei hatte gehofft, davon zu profitieren, dass die BDP nicht mehr antrat. Die BDP hatte 2016 noch 4 Sitze erobert. Zwei BDP-Grossräte wechselten in diesem Jahr zur CVP.
Die EVP behält ihre 6 Sitze, ebenso die EDU ihre 2. Nicht mehr angetreten ist die BDP, die 2016 noch 4 Sitze erobert hatte.