Anders als Deutschland und Österreich
Bund erfasst Impfdurchbrüche nicht konsequent

Wie viele Impfdurchbrüche gibt es? In Deutschland und Österreich weiss man das relativ genau, in der Schweiz nicht. Der Grund: fehlender Wille und mangelnde Koordination mit den Kantonen. Das berichtet der «Beobachter».
Publiziert: 08.12.2021 um 17:13 Uhr
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Wer gegen Corona geimpft ist, kann trotzdem erkranken.
Foto: Keystone
Lukas Lippert («Beobachter»)

Wir waren doppelt geimpft. Trotzdem zeigte der PCR-Test bei mir und zwei Kameraden im Militärdienst ein positives Resultat an. Wir hatten Fieber, Husten oder verloren den Geruchssinn, mussten aber nicht ins Spital. Die zehntägige Isolation verbrachten wir zu Hause.

Solche Geschichten häufen sich. Wie sehr, ist aber unklar. Denn die Impfdurchbrüche tauchen nicht in den Statistiken des Bundesamts für Gesundheit (BAG) auf. Man habe die Meldepflicht für solche Fälle Anfang Oktober aufgehoben, schreibt das BAG auf Anfrage. Der Impfstatus werde nur noch bei Hospitalisierten und Todesfällen systematisch erfasst.

Nachbarländer erfassen Daten automatisch

Anders ist das in Deutschland und Österreich. Sie erfassen nach jedem positiven PCR-Test, ob eine Person geimpft war oder auch nicht. In Österreich passiert das automatisch, basierend auf den Daten des elektronischen Impfpasses und eines digitalen Meldesystems. Diese Daten systematisch zu erfassen, sei wichtig, um die Wirksamkeit der Impfstoffe bewerten zu können, begründet das deutsche Gesundheitsamt das Vorgehen.

Epidemiologe Marcel Salathé würde sich solche Daten auch für die Schweiz wünschen. «Man müsste idealerweise jeden positiven Fall erfassen, wenn man klare Aussagen zu Impfdurchbrüchen machen wollte.» Es mangle dazu in der Schweiz aber an einem «besser organisierten, digitalen Gesundheitsüberwachungssystem». Salathé versteht darum den «pragmatischen» Ansatz des BAG, sich auf schwere Krankheitsverläufe zu konzentrieren.

Daten wären vorhanden

Doch eigentlich wären die Daten vorhanden. Praktisch jedes kantonale Contact-Tracing erfragt den Impfstatus nach einem positiven PCR-Test. Einige Kantone – wie zum Beispiel der Kanton Wallis – weisen diese Zahlen sogar in ihren Situationsberichten aus.

Warum also publiziert das BAG diese Informationen nicht? «Nicht alle Kantone melden diese Informationen im nationalen Erfassungstool», schreibt das Amt. Ausserdem seien die Daten aufgrund der hohen Dunkelziffer bei Geimpften mit ambulanter oder gar keiner medizinischen Behandlung unvollständig und deshalb nicht aussagekräftig. «Das Contact-Tracing ist primär eine Massnahme und dient nur sekundär der Überwachung. Es ist nicht geeignet, um Forschungsfragen zu beantworten.»

Unterschiedliche Auffassungen bei den Kantonen

Auch auf Nachfrage möchte das BAG nicht sagen, welche Kantone die Informationen nicht weitermelden – und verweist auf die Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektoren. Dort wiederum heisst es, man habe keine solche Auflistung. Also fragte der Beobachter selbst nach – bei allen 26 kantonalen Gesundheitsämtern.

Das Resultat: Es hapert an Kleinigkeiten – und an unterschiedlichen Auffassungen, was gemeldet werden soll. Der Kanton St. Gallen etwa schreibt: «Wir melden die Anzahl Personen in Isolation und in Quarantäne zweimal wöchentlich dem BAG über dessen Erfassungsportal. Der Impfstatus ist nicht Bestandteil dieser Meldung. Es hat kein Feld, in dem das eingetragen werden könnte.» Der Nachbarkanton Thurgau sowie die Kantone Basel-Stadt und Zürich hingegen melden dem BAG die Informationen zum Impfstatus der positiv getesteten Fälle über das nationale Contact-Tracing-Erfassungstool.

Aus Nidwalden heisst es: «Die Daten bezüglich dem Impfstatus von positiv getesteten Personen liegen uns vor und werden systematisch erfasst, allerdings nicht automatisch an den Bund übertragen.» Der Kanton Luzern schreibt schlicht: «Diese Informationen melden wir dem BAG nicht. Es besteht keine Verpflichtung, diese Angaben zu liefern.»

Beobachter
Artikel aus dem «Beobachter»

Dieser Artikel wurde aus dem Magazin «Beobachter» übernommen. Weitere spannende Artikel finden Sie unter www.beobachter.ch.

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