Ein Mann, der im September des vergangenen Jahres in Bern an einer Kundgebung den Hitlergruss zeigte, ist vom Vorwurf des unanständigen Benehmens freigesprochen worden. Er wehrte sich erfolgreich gegen einen Strafbefehl der Berner Staatsanwaltschaft.
Das Regionalgericht Bern-Mittelland bestätigte am Freitag auf Anfrage entsprechende Berichte von «20 Minuten», «Bund» und «Berner Zeitung». Wie dem der Nachrichtenagentur Keystone-SDA vorliegenden Strafbefehl zu entnehmen ist, zeigte der Beschuldigte an einer Kundgebung von Corona-Massnahmengegnern einige Sekunden lang den Hitlergruss.
Er habe sich spontan zu dieser Geste hinreissen lassen, schrieb der Beschuldigte dazu auf seiner Internetseite. Dies angesichts von Gegendemonstranten, welche die Massnahmengegner provoziert hätten.
Rechtsgrundlage fehlt
Die Berner Einzelrichterin verwies laut den Zeitungsberichten darauf, dass auf Bundesebene zahlreiche Vorstösse, welche nationalsozialistische Symbole verbieten wollten, abgelehnt wurden. Die Rechtsgrundlage für eine Verurteilung fehle.
Das Bundesgericht entschied im Mai 2014, ein Mann, welcher 2010 auf dem Rütli den Hitlergruss zeigte, sei vom Vorwurf der Rassendiskriminierung freizusprechen.
Klage wegen «unanständigen Benehmens»
Der Mann habe mit seiner Geste nur seine Gesinnung kundgetan und damit nicht andere für das nationalsozialistische Gedankengut zu gewinnen versucht. Der nun freigesprochene Berner war nicht wegen eines Verstosses gegen die Antirassismus-Strafnorm angeklagt worden, sondern eben wegen unanständigen Benehmens.
Die Staatsanwaltschaft argumentierte, angesichts des historischen Hintergrundes habe das Zeigen des Hitlergrusses öffentlich Sitte und Anstand grob verletzt. Passanten hätten an seinem Verhalten Anstoss genommen. (SDA/gbl)