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Allergien und Augenschäden – 200 Pestizide vor dem Verbot
Diese Produkte sind ein Risiko für Hobbygärtner

Jedes zweite Pflanzenschutzmittel für Hobbygärtner soll verboten werden – wegen Gefahren für Gesundheit und Umwelt. SonntagsBlick fand ein grosses Sortiment der heiklen Stoffe in Schweizer Gartenshops und Baumärkten von Coop und Migros.
Publiziert: 14.07.2024 um 19:16 Uhr
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Aktualisiert: 16.07.2024 um 09:23 Uhr
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Wenn man auf dem Balkon oder im Garten Pestizide einsetzt, ist das oft heikel.
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Vanessa MistricRedaktorin

Wer Pestizide für Balkonpflanzen oder den Garten braucht, stösst häufig auf heikle Produkte: Offiziell gelten sie als gefährlich – und dürfen dennoch völlig legal an Privatpersonen verkauft werden.

Wegen Gesundheits- und Umweltrisiken stehen in der Schweiz nun etwa 200 Pflanzenschutzmittel für den Hobbygebrauch kurz vor einem Verbot, wie das zuständige Bundesamt für Lebensmittelsicherheit (BLV) auf Anfrage bestätigt. Zugelassen sind aktuell rund 400: Jedes zweite Produkt verliert also die Zulassung.

Viele der heiklen Mittel werden nur noch im Fachhandel verkauft. Grosshändler verzichten bereits freiwillig auf den Verkauf an Laien. Einige der problematischen Pestizide stehen aber noch in den Regalen der Gartenshops und Baumärkte von Migros und Coop. SonntagsBlick hat Gefahrenhinweise auf den Packungen der 400 zugelassenen Pestizide ausgewertet und mit dem Angebot im Grosshandel abgeglichen.

Schon seit eineinhalb Jahren gelten in der Schweiz strengere Regeln für Pestizide, die von Hobbygärtnerinnen eingesetzt werden. Wenn sie offiziell als «besonders gesundheitskritisch» gelten, entsprechen sie nicht mehr heutigen Standards – wenn sie also krebserregend sind oder schwere bleibende Schäden verursachen können, wenn sie in die Augen der Anwender geraten. Zudem sind künftig Produkte nicht mehr erlaubt, die für Bienen, Fische oder andere Wasserlebewesen nachweislich auf Dauer giftig sind.

Das Problem: Das zuständige Bundesamt für Lebensmittelsicherheit hat bisher nicht alle Produkte überprüft und damit die geltenden Regeln noch nicht umgesetzt. Deshalb sind heute noch viele Produkte erlaubt, obwohl bereits absehbar ist, dass sie verboten werden. 

Augenschäden durch Produkte von Migros und Coop

Die Migros verkauft beispielsweise den Mioplant-Rasenunkrautvertilger. Dieser kann allergische Hautreaktionen verursachen und ist langfristig schädlich für Wasserorganismen. Er entspricht den strengeren Gesundheitsstandards nicht mehr, ist aber weiter für den Verkauf zugelassen. Und im «Do it + Garden»-Shop findet man den Migros Bio Garden Pilz-Stopp gegen Mehltau, der zudem schwere Schäden verursachen kann, wenn das Mittel bei der Anwendung in die Augen gerät. Migros weist darauf hin, man halte sich an alle gesetzlichen Vorgaben.

Coop unterstützt nach eigenen Angaben das Vorhaben, gefährliche Pestizide nicht mehr an Privatpersonen zu verkaufen, und hat sie aus dem Sortiment genommen. Dennoch ist im Coop-Baumarkt Jumbo weiterhin das Coop Oecoplan Biocontrol Fungizid erhältlich, das allergische Hautreaktionen und schwere Augenschäden verursachen kann. 

40 Produkte mit Gesundheitsgefahr

Auch in grösseren Gartenshops und bei Onlinehändlern wie Galaxus erhalten Hobbygärtner Produkte gegen Unkräuter, Insekten und Pilzkrankheiten, die Allergien oder schwere Augenschäden auslösen können, so etwa Switch HG, Volpan, Alaxon Gold oder Pixie. Diese Mittel sollte man nicht nur aus gesundheitlichen Gründen umsichtig einsetzen. Wenn man sie verwendet, geraten die enthaltenen Stoffe schnell in den Boden und schlussendlich in Gewässer, wo sie langfristig für Wasserlebewesen schädlich sind.

Das BLV geht nach eigenen Aussagen davon aus, dass von 40 der 400 für den Hobbygebrauch zugelassenen Pestiziden eine Gesundheitsgefahr ausgeht. Eines der Mittel sei vermutlich krebserregend: Agil, ein Herbizid, das nur im Fachhandel erhältlich ist. 

Die zögerliche Arbeit der Behörden geht auch auf Kosten von Tieren und Biodiversität. Rund 100 der zugelassenen Produkte für den Hobbygebrauch sind für Wasserlebewesen gemäss BLV «giftig» oder «sehr giftig», also jedes vierte. 60 Produkte sind giftig für Bienen. 

Verbot erst 2025

Das BLV versichert, bis Ende Jahr würden die neuen Regeln auf alle Produkte angewendet. Das Prüfverfahren sei allerdings noch nicht abgeschlossen. Grünen-Nationalrätin Aline Trede kritisiert das in einer Interpellation. Schon lange sei klar, welche Produkte problematisch seien. Für sie ist es unverständlich, sie weiterhin zu erlauben.

Bis das Verbot durchgesetzt ist, dürfte es Ende 2025 werden. Ist ein Produkt verboten, darf es nämlich noch ein Jahr lang weiter verkauft werden. Wer die heiklen Produkte vermeiden will, sollte die Gefahrenhinweise auf der Packung beachten. Dort sind Gesundheits- und Umweltrisiken aufgeführt.

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