Ab kommendem Montag hat Andreas Aebi (61) im Nationalrat das Sagen. Der SVP-Parlamentarier übernimmt von Isabelle Moret (49, FDP) das Ratspräsidium und wird damit zum höchsten Schweizer. Die Wahl des derzeitigen Vizepräsidenten ist eine Formsache.
Mit Aebi rücken auch in den zwei anderen wichtigsten politischen Gremien im Land SVPler an die Spitze. Im Ständerat übernimmt ab nächster Woche Alex Kuprecht (62) aus dem Kanton Schwyz den Vorsitz und löst damit Hans Stöckli (68, SP) ab. Und Ende Dezember übergibt Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga (60, SP) das Amt turnusgemäss an SVP-Kollege Guy Parmelin (61).
Das Jahr 2021 wird damit zum SVP-Jahr. Zwei der drei Präsidenten sind zudem Landwirte: Parmelin ist gelernter Winzer und Aebi Milchbauer.
Zum ersten Mal seit über 60 Jahren
Es ist nicht das erste Mal, dass der Zufall es will, dass Bundes-, Nationalrats- und Ständeratspräsidium von Vertreterinnen und Vertretern derselben Partei besetzt sind. 2015 war Bundesbern ganz in SP-Hand, ein Jahr darauf kam es zur FDP-Troika. Für die SVP allerdings ist es eine Premiere in ihrer jüngeren Geschichte. Über 60 Jahre ist es her, seit die SVP – beziehungsweise damals deren Vorgängerpartei BGB – alle drei Präsidenten stellte.
Die Pflichtenhefte der drei Präsidenten sind ähnlich: Sie haben vor allem administrative und repräsentative Aufgaben. Der Bundespräsident leitet die Sitzungen der Regierung und vertritt die Schweiz gegenüber dem Ausland. Gerade jetzt in der Corona-Krise kommt dem Bundespräsidenten zudem auch gegenüber der Bevölkerung im Inland als «primus inter pares» – als Erster unter Gleichgestellten – eine besondere Rolle zu.
Die Präsidenten des National- und Ständerats planen die Sessionen, verteilen die Geschäfte auf die beiden Räte und vertreten das Parlament nach aussen. Angesichts dieser Aufgaben spielt die Parteizugehörigkeit keine grosse Rolle. Allerdings können die National- und Ständeratspräsidenten auch politischen Einfluss haben: Kommt es zu einer Pattsituation im Rat, trifft der Präsident den Stichentscheid. Das kommt immer mal wieder vor.
«Das macht einen Unterschied»
Dass die drei Ämter nun alle von SVPlern besetzt werden, dürfe man nicht überbewerten, betont der künftige Nationalratspräsident Aebi. Die freisinnige Nationalrätin Christa Markwalder (45), die im FDP-Jahr 2016 Nationalrätin war, stellt aber fest, dass die Zusammensetzung durchaus einen Einfluss hat. Alle drei Präsidenten aus derselben Partei: «Das macht einen Unterschied», sagt sie.
Als Beispiel nennt sie den Knatsch um das Kroatien-Protokoll vor vier Jahren. Um weiterhin beim EU-Forschungsprogramm Horizon 2020 dabei zu sein, musste die Schweiz bis zu einer bestimmten Frist der Ausweitung der Personenfreizügigkeit auf Kroatien zustimmen. Der Zeitplan habe schliesslich eingehalten werden können, weil sie sich mit dem Ständeratspräsidenten auf eine Änderung des Sessionsprogramms habe einigen können. «Das wäre vielleicht auch möglich gewesen in unterschiedlicher parteipolitischer Zusammensetzung, doch unter uns drei Freisinnigen waren die Wege kurz und effizient», sagt Markwalder.
Ihr bereitet eine gewisse Besorgnis, dass sich die SVP-Troika ausgerechnet jetzt formiert, wo es um Ja oder Nein zum Rahmenabkommen mit der EU geht. «Kommt der Bundesrat unter Präsidentin Simonetta Sommaruga nicht noch einen bedeutenden Schritt weiter, ist das für das Abkommen nicht vorteilhaft.»
Familie darf bei Wahl dabei sein
Zuerst einmal haben die neuen SVP-Präsidenten aber ganz andere Probleme. Es gilt, die Wintersession trotz Corona-Krise über die Bühne zu bekommen. Aebi sagt, er freue sich nach 13 Jahren im Parlament auf die neue Aufgabe. «Es ist eine Herausforderung, gerade in dieser schwierigen Zeit. Ständig gibt es Überraschungen.»
Wenn der SVP-Nationalrat nächste Woche den Platz ganz vorne im Saal übernimmt, wird von der Tribüne aus seine Familie zuschauen. Eigentlich sind Gäste aufgrund der Corona-Situation im Bundeshaus verboten.
Doch für den höchsten Schweizer und seine Angehörigen gibt es eine Ausnahme. Aebi: «Sogar mein 87-jähriger Vater kann dabei sein. Das freut mich sehr.»