Im eigenen Land benachteiligt: Schweizerinnen und Schweizer haben hierzulande beim Familiennachzug weniger Rechte als EU-Bürger. Diese Ungleichbehandlung will das Parlament nun – nach mehreren gescheiterten Anläufen in der Vergangenheit – abschaffen.
Doch die SVP stellt sich quer. Ausgerechnet die rechtsbürgerliche Partei ist als einzige dagegen, der Bevorzugung von Ausländern ein Ende zu setzen. SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi (44) kündigt gegenüber den Zeitungen von «CH Media» und der «NZZ» an, er werde in der Partei beantragen, das Referendum gegen die Gesetzesänderung zu ergreifen, sollte sie so durchkommen.
Grössere Hürden für Schweizer beim Elternnachzug
Der Nationalrat wird voraussichtlich im September als erster Rat über die Abschaffung der Inländerdiskriminierung beim Familiennachzug beraten. Heute ist es so, dass EU-Bürger gestützt auf das Personenfreizügigkeitsabkommen mit der EU nicht nur Kinder und Ehepartner, sondern auch ihre Eltern unter bestimmten Bedingungen in die Schweiz holen dürfen – egal, in welchem Land diese leben. Schweizer hingegen dürfen das mit Angehörigen ohne roten Pass nicht machen.
News aus dem Bundeshaus
Die rechtliche Ungleichheit besteht bereits seit fast 15 Jahren. Das Bundesgericht hatte das Parlament schon 2010 aufgefordert, diese zu beenden. Doch bisher wehrte sich eine bürgerliche Mehrheit dagegen. Deren Hauptargument: Eine Gesetzesänderung würde zu mehr Einwanderung führen.
Aeschi warnt vor «Milliardenkosten»
Die Staatspolitische Kommission des Nationalrats macht keine Schätzung, wie viele Personen mehr in die Schweiz kommen würden. Und auch nicht, welche Mehrkosten das für Bund und Kantone zur Folge hätte. Es sei anzunehmen, «dass die vorgeschlagene Änderung bei den Kantonen zu höheren Sozialhilfekosten führen könnte», hält sie aber fest. Eine Untersuchung im Auftrag des Bundes hat gezeigt, dass das Sozialhilfe-Risiko beim Familiennachzug bei Schweizern interessanterweise grösser ist als bei Ausländern, die Angehörige in die Schweiz holen.
«Da kommen Milliardenkosten auf die Schweiz zu», warnt SVP-Fraktionschef Aeschi (44) in den «CH Media»-Zeitungen. Zudem würde man damit das sowieso schon überlastete Gesundheitswesen mit «Tausenden pflegebedürftigen Ausländerinnen und Ausländern zusätzlich belasten».
Blick-Artikel löste Umdenken aus
Dass das Parlament nun erneut über die Abschaffung der Inländerdiskriminierung diskutiert, geht auf einen Blick-Artikel zurück. Er hatte das Schicksal einer Schweizerin nachgezeichnet, die ihre Mutter aus Georgien in die Schweiz holen wollte, dies aber nicht durfte. Daraufhin ging ein Ruck durch Bundesbern: SP-Nationalrat Angelo Barrile (46) reichte einen Vorstoss ein – der von National- und Ständerat angenommen wurde.
Das Schicksal, das alles ins Rollen brachte
Ob die SVP tatsächlich das Referendum gegen die Gesetzesänderung ergreifen wird, bleibt abzuwarten. Das Thema mag im Wahlkampf mobilisieren – doch die Unterschriftensammlung würde erst nach den Eidgenössischen Wahlen vom 22. Oktober beginnen. (lha)