Ärger über Erzfeind
So heftig stritt Fehr mit seiner SP

Der Zürcher Sicherheitsdirektor Mario Fehr verlässt die SP. Mit seiner Partei lag der Regierungsrat schon seit Jahren immer wieder im Clinch – meist wegen seines Vorgehens im Asylwesen. Aber auch die Juso sind schon länger mit Fehr im Clinch.
Publiziert: 18.06.2021 um 15:54 Uhr
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Aktualisiert: 18.06.2021 um 16:45 Uhr
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Knall in der Zürcher Politlandschaft: Mario Fehr tritt aus der SP aus.
Foto: Keystone
Gianna Blum

Es ist ein Knall in der Zürcher Politlandschaft: SP-Regierungsrat und Sicherheitsdirektor Mario Fehr (62) tritt aus seiner Partei aus – denn sie sei «immer weiter nach links abgedriftet».

Ganz überraschend kommt Fehrs Austritt nicht. Zwischen ihm und insbesondere dem linken Flügel der SP schwelte schon seit Jahren ein Konflikt. Vor allem bei sicherheitspolitischen Fragen, aber auch in Sachen Asyl, hatte der sozialliberale Fehr grosse Differenzen mit seiner Partei.

Krach um Urdorf

Auch der aktuellste Krach dreht sich ums Asylwesen, genauer um das Rückkehrzentrum Urdorf ZH. Eskaliert ist er im Herbst: Zwei abgewiesene Asylsuchende stürzten sich aus einem Fenster im dritten Stock einer Quaräntäne-Unterkunft. Sie waren nach Zürich verlegt worden, weil es in Urdorf einen Corona-Ausbruch gegeben hatte. Fehrs Sicherheitsdirektion hatte daraufhin in einer – ungewöhnlich provokanten – Mitteilung das Verhalten der beiden Männer verurteilt.

Die SP kritisierte den parteieigenen Regierungsrat für dessen Vorgehen scharf: Man habe Fehr gewarnt, dass es in Urdorf zu wenig Platz hätte, um Abstands- und Hygieneregeln einzuhalten – und dass das Rückkehrzentrum wegen menschenunwürdiger Bedingungen ohnehin schliessen müsse. Noch weiter ging die Jungpartei Juso: Sie forderte – nicht zum ersten Mal – Fehrs Rücktritt.

Im Mai 2020 hatten zudem verschiedene Vereine und Privatpersonen Strafanzeige gegen Fehr eingereicht, da dieser in den kantonalen Notunterkünften zu wenig für den Schutz vor dem Virus unternommen haben. Als Amtsträger geniesst Fehr aber politische Immunität, der Kantonsrat entschied, nicht darauf einzutreten.

Spezialfeind Juso

Die Zürcher Juso war wegen Fehr ohnehin schon länger auf dem Kriegspfad. 2015 hatte die Jungpartei gar Anzeige gegen den nun Ex-SP-Mann eingereicht. Fehr war unter Beschuss geraten, weil die Zürcher Kantonspolizei eine umstrittene Überwachungssoftware beschafft hatte – nach Ansicht der Juso illegal. Fehr reagierte verletzt und sistierte gar einige Monate seine SP-Mitgliedschaft. Er blieb Fraktionssitzungen im Kantonsrat fern.

Heute ist das Juso-Mitglied, das damals die Anzeige eingereicht hatte, Co-Präsident der Stadtzürcher SP: Der 26-jährige Oliver Heimgartner. Und offenbar ist für Fehr noch längst nicht genug Wasser die Limmat hinuntergeflossen, um die Anzeige von damals zu verzeihen: «Mir ist kein vergleichbarer Fall in Mitteleuropa bekannt, bei dem jemand, der Strafanzeige gegen den eigenen Regierungsvertreter einreicht, zum Parteipräsidenten wird», so Fehr an seiner Pressekonferenz.

Transparenz? Transparenz!

Mit seiner eigenen Partei hatte Fehr aber auch beim Thema Transparenz nicht das Heu auf der selben Bühne. Konkret bei der Nennung von Nationalitäten in Polizeimeldungen. Eine SVP-Initiative auf Kantonsebene scheiterte im März zwar, da sie zusätzlich die Nennung eines Migrationshintergrunds verlangt hatte. Der von Fehr portierte Gegenvorschlag wurde angenommen, sehr zum Unmut der Zürcher Linken, die beide Anliegen bekämpft hatten.

Unmittelbar nach Bekanntgabe des Abstimmungsresultats riss Fehr gleich ein paar Brücken ein und teilte gegen die Gegner des Anliegens aus: «Ganz links lebt in einer Wunschwelt: Nur ja nicht sagen, was wirklich ist und am liebsten die Ausländerkriminalität totschweigen.» Auch heute klagt Fehr, Transparenz werde in der SP «nur selektiv gewünscht, wenn es um die Polizei geht». Das stelle diese unter Generalverdacht.

Vor den Wahlen vor den Kopf gestossen

Das Verhältnis zu seiner Partei bröckelte schon länger. 2018 sprach sich die Stadtzürcher Sektion gegen eine erneute Nomination Fehrs für die Zürcher Regierungsratswahlen aus. Letztlich schickte die Kantonalpartei ihren amtierenden Regierungsrat doch ins Rennen, allerdings nur mit 57 Prozent der Stimmen. Wiedergewählt wurde er aber mit einem Glanzresultat.

So manche in der SP würden wegen seines Austrittes «jetzt keinen Trauermonat ausrufen», sagte Fehr bei seiner Rücktrittsankündigung. Er dürfte durchaus Recht haben. Die Zürcher SP hatte laut einer Medienmitteilung bereits entschieden, Fehr 2023 nicht zur Wiederwahl zu empfehlen. Mit seinem Parteiaustritt ist dieser nun dem nächsten Tiefpunkt in der Beziehung zuvorgekommen. (gbl)

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