Am 22. September stimmt die Schweiz über eine Reform der beruflichen Vorsorge (BVG) ab. Diese Woche präsentierte Elisabeth Baume-Schneider (60) die Argumente des Bundesrats für ein Ja zur Vorlage. «Die Reform ist nötig, um die Renten im obligatorischen Teil der zweiten Säule zu sichern», sagte die Sozialministerin.
- Um in einer PK versichert zu sein, muss man heute mindestens 22'050 Franken jährlich verdienen. Neu soll diese Eintrittsschwelle auf 19'845 Franken sinken – womit rund 70'000 Personen zusätzlich versichert werden sollen.
- Die Anpassung des sogenannten Koordinationsabzugs soll ebenfalls dazu führen, Leute mit tiefen Einkommen besser zu versichern. Galt bisher ein fixer Abzug von 25'725 Franken, soll dieser neu 20 Prozent des Einkommens betragen.
- Heute betragen die Altersgutschriften für 25- bis 34-Jährige 7 Prozent, für 55- bis 65-Jährige 18 Prozent des koordinierten Lohns. Diese Differenz soll reduziert werden, damit ältere Arbeitskräfte attraktiver werden.
- Der Umwandlungssatz im BVG-Obligatorium soll von 6,8 Prozent auf 6,0 Prozent sinken. Auf 100'000 Franken angespartes Alterskapital gibt es nur noch 6000 statt 6800 Franken Rente pro Jahr.
- Die drohende Rentenlücke soll über einen Rentenzuschlag von maximal 200 Franken monatlich ausgeglichen werden. Diesen gibt es für eine Übergangsgeneration von 15 Jahrgängen.
- Um in einer PK versichert zu sein, muss man heute mindestens 22'050 Franken jährlich verdienen. Neu soll diese Eintrittsschwelle auf 19'845 Franken sinken – womit rund 70'000 Personen zusätzlich versichert werden sollen.
- Die Anpassung des sogenannten Koordinationsabzugs soll ebenfalls dazu führen, Leute mit tiefen Einkommen besser zu versichern. Galt bisher ein fixer Abzug von 25'725 Franken, soll dieser neu 20 Prozent des Einkommens betragen.
- Heute betragen die Altersgutschriften für 25- bis 34-Jährige 7 Prozent, für 55- bis 65-Jährige 18 Prozent des koordinierten Lohns. Diese Differenz soll reduziert werden, damit ältere Arbeitskräfte attraktiver werden.
- Der Umwandlungssatz im BVG-Obligatorium soll von 6,8 Prozent auf 6,0 Prozent sinken. Auf 100'000 Franken angespartes Alterskapital gibt es nur noch 6000 statt 6800 Franken Rente pro Jahr.
- Die drohende Rentenlücke soll über einen Rentenzuschlag von maximal 200 Franken monatlich ausgeglichen werden. Diesen gibt es für eine Übergangsgeneration von 15 Jahrgängen.
Ihre Partei, die SP, teilt diese Meinung nicht. Die Sozialdemokraten haben gemeinsam mit den Gewerkschaften das Referendum ergriffen. Sie sprechen von einem «BVG-Bschiss» und warnen vor einer Senkung der Pensionskassen-Renten.
Nun zeigt sich, dass auch grosse Teile der Bevölkerung skeptisch sind gegenüber der Vorlage. Eine repräsentative Umfrage, die Mitte Juni durchgeführt wurde, kommt zum Schluss: Wäre heute Abstimmungstag, würde eine relative Mehrheit von 45 Prozent die BVG-Reform «sicher» oder «eher» ablehnen. Nur 30 Prozent der Stimmberechtigten stehen der Vorlage positiv gegenüber.
Parallelen zur 13. AHV-Rente
Durchgeführt hat die Umfrage die Feldlabor GmbH von Oliver Strijbis (43), Professor für Politikwissenschaft an der Franklin-Universität Zürich. Dabei wurden 1045 «wahrscheinliche Wählerinnen und Wähler» nach ihrer Stimmabsicht gefragt und die Antworten nach soziodemografischen und politischen Variablen gewichtet. In Auftrag gegeben hat die Umfrage der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB).
Laut Strijbis ist die tiefe Zustimmung aussergewöhnlich für eine Vorlage, die vom Bundesrat und einer Mehrheit des Parlaments unterstützt wird. Völlig überrascht hätten ihn die Ergebnisse aber nicht: «Das Hauptelement der Vorlage ist die Reduktion des Umwandlungssatzes. Diese Massnahme ist nicht sehr populär.»
Auffallend sei zudem, dass neben Sympathisanten von SP und Grünen auch viele SVP-Wähler zu einem Nein tendierten. «Damit haben wir eine ähnliche Konstellation wie bei der 13. AHV-Rente. Damals haben auch bürgerlich-konservative Kräfte den Ausschlag gegeben, die der Linken gefolgt sind.»
Meinungsbildung noch am Anfang
Ob es beim BVG-Referendum ebenso laufen wird, steht laut Strijbis aber noch in den Sternen. «Die Meinungsbildung ist noch nicht weit fortgeschritten. Die meisten haben sich bisher nicht im Detail mit der Thematik auseinandergesetzt.» Entscheidend sein werde nicht zuletzt, ob die SVP – deren Parteileitung die Vorlage unterstützt – die Reihen schliessen könne.
Auch die Wirtschaft steht nicht geschlossen hinter der Vorlage. Economiesuisse sowie der Schweizerische Gewerbe- und Arbeitgeberverband sind zwar für ein Ja. In der Westschweiz plant aber mit dem «Centre Patronale» ein regionaler Arbeitgeberverband aber eine Nein-Kampagne.
Im Gewerbe gehen die Meinungen ebenfalls auseinander: Gastrosuisse, mit rund 20’000 Mitgliedern der grösste Arbeitgeberverband im Gastgewerbe, steht nicht hinter der Vorlage. Auch der Bauernverband hat Vorbehalte: «Das Fuder ist überladen», lautete der Kommentar zur geplanten Revision.
Kritik an der Fragestellung
Die Risse in den eigenen Reihen dürften ihren Teil dazu beitragen, dass die Befürworter nervös reagieren auf die Umfrageergebnisse. Der Arbeitgeberverband stellt gar die Studie infrage. «Die gewählte Fragestellung führt kaum zu einem repräsentativen Ergebnis», sagt Stefan Heini, Ressortleiter Kommunikation.
Konkret bemängelt er, dass die Frage sehr komplex formuliert und einige Argumente der Befürworter weggelassen worden seien. Nicht aufgeführt werde etwa die bessere Versicherung von Teilzeitangestellten, von Angestellten mit sehr tiefen Löhnen und vieler Frauen. «Dafür wird plakativ von Rentensenkungen gesprochen, obwohl auch der Bundesrat festhält, dass die Reform auf die meisten Renten keine direkten Auswirkungen hat.»
Studienautor Strijbis lässt diese Kritik nicht auf sich sitzen. «Es ist schlicht unmöglich, in einer Umfrage sämtliche Aspekte einer Vorlage im Detail aufzulisten.» Stattdessen habe man sich – wie das üblich sei – auf die Hauptargumente beider Seiten beschränkt.
Die Auseinandersetzung ist ein Vorgeschmack darauf, was die Schweiz in den kommenden Wochen erwartet. Urban Hodel, Kampagnenleiter beim SGB, ist überzeugt: «Die Finanzindustrie wird einige Millionen in den Abstimmungskampf investieren, denn mit dieser Pensionskassen-Reform können sie ihre Gewinne erhöhen.»
Der Tipp der Sozialministerin
Dass die Zustimmung aktuell ziemlich gering ist, überrascht den Gewerkschafter nicht: «Die Vorlage führt zu Rentenkürzungen und höheren Lohnabzügen. Bereits heute bezahlen die Leute immer mehr, erhalten aber weniger Geld von der Pensionskasse.»
Wer profitiert – und wer verliert? Das wird der zentrale Punkt sein in diesem Abstimmungskampf. Im Vergleich zur 13. AHV-Rente ist diese Frage bei der BVG-Reform aber deutlich schwieriger zu beantworten.
Im Gegensatz zur AHV, der ersten Säule des Sozialversicherungssystems, ist die Datenlage bei den Pensionskassen, der zweiten Säule, bescheiden. Der Grund: In der Schweiz gibt es rund 1400 Pensionskassen – und keine ist gleich. Zudem hängen die individuellen Folgen der Reform von Alter, Pensum und Lohn ab – sowie der weiteren beruflichen Karriere.
Sozialministerin Baume-Schneider gab der Stimmbevölkerung deshalb folgenden Tipp: Wer genau wissen wolle, was die Reform für einen selbst bedeute, müsse die eigene Pensionskasse fragen.