Auf einen Blick
- Kaderbeamte übernachteten für Workshop im Nobelhotel in Leukerbad
- Kurz darauf buchten sie ein 4-Sterne-Hotel in Thun
- Bund: Das «fördert» die Zusammenarbeit
«Alles und noch mehr» will das Hotel Therme 51 in Leukerbad VS bieten. So steht es auf der Website. Erlebnisduschen, Arvenholz-Sauna, Alpenkräuter-Dampfbad: Den Gästen soll es an nichts fehlen.
Am 25. August 2024 checkten zwei Gäste aus Bern ein: die Chefin der Internen Revision des Bundesamts für Strassen (Astra) und ihre Stellvertreterin. Die beiden hatten drei Übernachtungen mit Frühstück gebucht – auf Spesen, wie aus internen Dokumenten hervorgeht. Kostenpunkt: 1190 Franken.
Auf Kosten der Steuerzahler
Anlass für den Aufenthalt auf Staatskosten im Viersternehotel war ein «Online-Seminar». Ein Workshop also, der problemlos in den Astra-Büros in Bern oder sogar im Homeoffice hätte durchgeführt werden können. Die Chefinnen der Internen Revision, ausgerechnet jene Abteilung also, die Geschäftsprozesse überwacht und Spesenabrechnungen prüft, bevorzugten aber ein Wellnesshotel im Wallis.
Doch damit nicht genug. Weitere Recherchen zeigen: Nur eine Woche nach dem Onlineseminar übernachteten die zwei Frauen erneut in einem Wellnesshotel – schon wieder auf Kosten des Bundes. Mehr noch: Die beiden nahmen drei weitere Kaderleute ihres Teams mit.
275 Franken pro Nacht
Diesmal buchte die Chefin der Internen Revision das 4-Sterne-Superior-Hotel Seepark in Thun BE, 35 Zugminuten entfernt vom Astra-Büro. «Eine Oase der Ruhe für Geniesser mit Blick auf Eiger, Mönch und Jungfrau», so das Versprechen auf der Website.
Im Hotel absolvierte die Gruppe von Kaderleuten einen zweitägigen Workshop vom 5. auf den 6. September. Das ging ins Geld: Die Übernachtung mit Frühstück kostete 275 Franken pro Person, dazu kam ein «Conference Package» für Seminarräumlichkeiten und Business-Lunches für insgesamt 1536 Franken. Zum Abschluss unternahm die Gruppe eine Schifffahrt und besuchte die Beatushöhlen – noch einmal 200 Franken obendrauf.
Sämtliche Ausgaben – auch das zeigen interne Unterlagen – wurden von Amtsdirektor Jürg Röthlisberger persönlich bewilligt. Pikant: Die Hotelübernachtungen in Thun verstiessen dabei wohl gegen das Reglement des Astra. Dieses schreibt bei Dienstreisen in der Schweiz vor: «Für auswärtiges Übernachten mit Frühstück werden die tatsächlichen Auslagen im Rahmen einer Mittelklasseunterkunft vergütet. Der Höchstbetrag für auswärtiges Übernachten (inkl. Frühstück) beträgt maximal Fr. 250.00 pro Übernachtung.»
Bund muss sparen
Beide Punkte wurden nicht eingehalten. Das Hotel Seepark in Thun ist mit seinen vier Sternen und dem Superior-Status mehr als ein Mittelklassehotel. Und die Kostenobergrenze von 250 Franken wurde überschritten. Blick weiss: Die Chefin der Internen Revision, die das Hotel buchte, war sich bewusst, dass der Preis für die Übernachtung eigentlich zu hoch ist.
Die Workshops in den Wellnesshotels werfen viele Fragen auf. Insbesondere in Zeiten, in denen der Bund den Gürtel enger schnallen muss. Die Bundesfinanzen seien aus dem Lot, warnte Finanzministerin Karin Keller-Sutter vor einem Jahr eindringlich. Der Bundesrat schnürte daraufhin ein Milliarden-Sparpaket. Der Bildungsbereich, die Entwicklungszusammenarbeit, das Asylwesen – viele Bereiche müssen mit deutlich weniger Geld auskommen.
Der Schweizer Staat soll also schlanker werden. Wie passt das mit den Ausgaben im Bundesamt für Strassen zusammen? Zumal an der Spitze des Umwelt- und Verkehrsdepartements (Uvek) mit Albert Rösti ein SVP-Bundesrat steht, der die finanzpolitische Entschlackungskur der Regierung aus Überzeugung mitträgt.
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Astra-Sprecher Thomas Rohrbach nimmt Stellung. Vorab betont er, dass das Team der Internen Revision im Jahr 2024 mit «anspruchsvollen personellen Umständen» konfrontiert gewesen sei. Gleichzeitig hätten neue Vorgaben umgesetzt und das Team darin geschult werden müssen.
Bund: Hotelübernachtungen «fördern Zusammenarbeit»
Warum verbrachten die Chefinnen der Internen Revision für ein Onlineseminar aber drei Nächte in einem 4-Sterne-Hotel in Leukerbad? Laut Rohrbach handelte es sich um Strategiebesprechungen und eine Onlineschulung, «um Zertifikate nach Branchenstandard zu erwerben». Die beiden Frauen hätten sich auf Neuerungen vorbereitet. «Um dies in Ruhe und ohne Störungen erledigen zu können, fand dieser Workshop ausserhalb der Astra-Räumlichkeiten statt.» Der Rückzug «förderte und stärkte» die Zusammenarbeit der beiden Chefinnen.
Eine Woche später meldete sich der Astra-Sprecher mit einer neuen Version: Im Bundesamt für Strassen habe der Direktor die Möglichkeit, ausserordentliche Einsätze von Mitarbeitenden mit einer «Spontanprämie» zu würdigen. Maximal 500 Franken pro Mitarbeiter und Jahr. Anstelle dieser Prämie sei den zwei Frauen der Aufenthalt in Leukerbad genehmigt worden.
Nur wenige Tage nach dem Ausflug in die Walliser Berge folgte dann der zweitägige Aufenthalt im Hotel am Thunersee. Rohrbach: «Diese Örtlichkeit bietet für die Bundesverwaltung günstige Tarife für solche Schulungen und Seminare an.» Die «attraktiven Angebote» würden sich nicht von «Mittelklassehäusern mit Seminarinfrastruktur» unterscheiden.
Rohrbach sagt: «Workshops, Schulungen und Seminare ausserhalb der Bürogebäude des Astra sind nicht unüblich.» Dies, weil «in house» die Räume begrenzt seien, insbesondere für Gruppenarbeiten. «Sitzungszimmer sind regelmässig belegt.» Allerdings: Das Hotel am Thunersee wurde bereits Anfang Juli gebucht – fast zwei Monate vor dem Workshop also.
Keine Ausnahme
Zuletzt räumt Rohrbach ein, dass die Übernachtungskosten in Thun die im Astra-Reglement festgelegten Limiten überschritten hätten. Laut dem Sprecher muss man den Workshop aber als «Paket» mit einem ähnlichen Workshop im Jahr 2023 betrachten – auch damals zogen sich die Kaderleute der Internen Revision offenbar in ein Hotel zurück.
Und was sagt Uvek-Chef Albert Rösti? Laut seiner Kommunikationschefin Franziska Ingold wurde er über die Hotelaufenthalte informiert. Ihm sei wichtig, dass die in den Reglementen festgelegten Kostenobergrenzen nicht überschritten werden.