258 Stellungspflichtige ausgemustert
Sie sind sogar der Armee zu gefährlich

Bei rund einem Prozent der Stellungspflichtigen muss die Armee die Reissleine ziehen. Tendenz steigend. Die Betroffenen sind schlicht zu gefährlich, um ihnen eine Armeewaffe in die Hand zu geben.
Publiziert: 21.02.2022 um 21:04 Uhr
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Insgesamt 31'246 Stellungspflichtige wurden im Jahr 2021 abschliessend beurteilt. (Symbolbild)
Foto: Keystone

Die Bluttat erschütterte die Schweiz. Es ist November 2007. Luis W. hat gerade die Rekrutenschule abgeschlossen. Er lädt eine geklaute Patrone in sein Sturmgewehr und geht zu Fuss auf den Hönggerberg ZH. Von dort aus nimmt er die 16-jährige Coiffeuse-Lehrtochter Francesca P. ins Visier, die in 80 Meter Distanz auf den Bus wartet.

Der damals 21-Jährige drückt ab. Sein Opfer hat keine Chance und verstirbt noch an Ort und Stelle. Besonders verstörend: Luis W. kannte die junge Frau nicht, wählte sie offenbar zufällig aus. Erst nach der Tat stellte sich heraus, dass er bereits wegen verschiedener Delikte vorbestraft war.

Der Fall Hönggerberg hat auch für die Schweizer Armee eine Wende eingeläutet. Seither werden sämtliche angehenden Rekrutinnen und Rekruten auf Herz und Nieren geprüft.

«Mögliches Risiko für sich oder ihr Umfeld»

Insgesamt 31'246 Stellungspflichtige wurden im Jahr 2021 abschliessend beurteilt, teilte die Armee am Montag mit. 22'643 wurden als tauglich für Militär oder Zivilschutz erachtet. Total 546 Frauen wurden der Armee zugeteilt. Ein neuer Rekord, wie diese erfreut feststellt.

Doch: Auch im vergangenen Jahr kamen 258 Personen nicht durch die Personensicherheitsprüfung. Die Armee erlässt eine sogenannte Risikoerklärung und verwehrt ihnen den Dienst, weil sie «ein mögliches Risiko für sich oder ihr Umfeld darstellen», wenn sie eine Armeewaffe in die Hände bekommen würden.

Auf steigende Jugendkriminalität zurückzuführen

Das betrifft rund ein Prozent aller Stellungspflichtigen, was etwa dem Durchschnitt der vergangenen drei Jahre entspricht. Dabei sei aber eine leicht steigende Tendenz festzustellen, hält Armeesprecher Stefan Hofer fest. Das wiederum sei auf die seit etwa 2016 steigende Jugendkriminalität zurückzuführen – gerade bei Gewaltstraftaten. Bei den Sicherheitsüberprüfungen wirke sich dies erst mit zeitlicher Verzögerung aus.

Durchleuchtet werden jeweils Datenbanken oder Strafregister. Die Alarmglocken schrillen dann, wenn es Hinweise gibt auf erhöhte Aggressions- oder Gewaltbereitschaft, bei extremistischen Aktivitäten oder verübten Delikten gegen Leib und Leben, bewaffnetem Raub oder Sexual- sowie Betäubungsmitteldelikten. Dann sei von einem erhöhten Gefährdungs- oder Missbrauchspotenzial auszugehen, so Armeesprecher Hofer. (dba)

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