Als Jugendliche wollte Karin Keller-Sutter (60) weg aus Wil SG. «Ich habe immer gesagt, ich heirate sicher nie einen Wiler. Und ich bin dann vielleicht einmal ins Ausland.» Als die Finanzministerin das sagt, sitzt sie im Extrazug von Bern nach Wil. In wenigen Minuten wird ihr der rote Teppich ausgerollt – die Stadt und der Kanton feiern ihre Bundespräsidentin. «Ich habe einen Wiler geheiratet und wohne noch immer in Wil.» So zeigt Keller-Sutter die Verbundenheit mit der Stadt. Man merkt: Die Stadt und ihre Wurzeln sind ihr wichtig. «Das gibt einem auch Kraft.»
Man verbindet die Bundesrätin als strenge Sparministerin, weniger als Party-Bundesrätin. Sie freue sich auf die Begegnungen mit Freunden und Familien, sagte sie im Vorfeld. Das Ende der Veranstaltung ist auf 20.00 Uhr angesetzt. Am Freitag ist schliesslich Bundesratssitzung.
Keller-Sutter hüpft und singt
Doch wie verwurzelt sie auch mit den lokalen Bräuchen und Festen ist, zeigte sich auf dem Wiler Hofplatz. Begleitet von Schulkindern, Stadttambouren, der Wiler Trachtengruppe und einer grossen Delegation von Parlamentariern feierte sie am Donnerstag ihre Wahl. Als die «Wiler Tüüfel» – eine lokale Fasnachtsgruppe – ihre Lieder anstimmen, singt und hüpft die Finanzministerin mit.
Überhaupt die Musik: Keller-Sutter trägt ein rot-weisses Freundschaftsbändchen mit der Aufschrift «Schweiz 2025», angelehnt an US-Popstar Taylor Swift (35). «Ein Geschenk der Tochter von Nationalratspräsidentin Maja Riniker. Sie ist ein Swiftie.» Die Bundesrätin selbst hört lieber Rock.
«Du kannst den Posten Präsidialgeschenk aus dem Budget streichen»
Auch Keller-Sutters Vorgängerin, Verteidigungsministerin Viola Amherd (62), feierte mit. Sie schenkte ihrer Nachfolgerin die Schürze mit der Aufschrift «Just a girl who loves pigs», die sie im vergangenen Herbst beim Besuch der Olma in St. Gallen zum obligaten Fototermin mit einem Säuli getragen hatte. Die Schürze sei gebraucht und bereits bezahlt, so Amherd belustigt zur Sparministerin Keller-Sutter. «Du kannst den Posten Präsidialgeschenk aus dem Budget streichen.»
Für die Feier der neuen Bundespräsidentin in Wil SG ist ein Kostendach von 150'000 Franken vorgesehen. «Im Austausch mit dem Team von Karin Keller-Sutter wurde vereinbart, dass die Feier nicht zu gross werden soll», schrieb der Kanton St. Gallen vor der Feier auf Blick-Anfrage.
In Wil aufgewachsen
Keller-Sutter wuchs in Wil auf und startete dort ihre Politkarriere als jungfreisinnige Stadtparlamentarierin. Von 2000 bis 2012 war sie Regierungsrätin des Kantons St. Gallen, bevor sie 2018 als Ständerätin die Wahl in den Bundesrat schaffte.
Am 11. Dezember wählte sie das eidgenössische Parlament zur Bundespräsidentin. 40 Jahre nach Kurt Furgler (CVP) übt dieses Amt erstmals wieder eine Person aus dem Kanton St. Gallen aus.
Nach dem Eindunkeln begann der einstige Schweizer ESC-Teilnehmer Remo Forrer ein Konzert in der Wiler Altstadt zu spielen. Für die geladenen Gäste ging der Abend schliesslich mit einem offiziellen Festakt im Wiler Stadtsaal zu Ende.