Letzten Herbst war die Welt von SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi (40, ZG) noch in Ordnung: Der SVP-Einpeitscher hatte den AHV-Steuer-Deal vehement bekämpft – und im im Bundeshaus eine deutliche Mehrheit seiner Fraktion hinter sich geschart.
Doch mittlerweile ist Aeschis Welt aus den Fugen geraten. Denn mittlerweile wurden die Nein-Sager an der SVP-Spitze mit Fraktionschef Aeschi, Parteipräsident Albert Rösti (51, BE), Chefideologe Roger Köppel (54, ZH), Unternehmerin Magdalena Martullo-Blocher (49, GR), Wahlkampfleiter Adrian Amstutz (65, BE) und Banker Thomas Matter (53, ZH) von der Parteibasis abgewatscht.
Vom Nein zur Stimmfreigabe zum Ja
Hatte sich die nationale SVP-Delegiertenversammlung im März noch in die Stimmfreigabe gerettet, hat der Wind in den Kantonen gekehrt. Eine Mehrheit der SVP-Kantonalparteien hat nämlich die Ja-Parole gefasst, wie eine BLICK-Auswertung zeigt.
Mit Appenzell Ausserrhoden, Baselland, Bern, Freiburg, Genf, Glarus, Luzern, Neuenburg, Obwalden, Schaffhausen, Thurgau, Waadt und Zürich folgen 13 Kantonalparteien SVP-Finanzminister und Bundespräsident Ueli Maurer (68), der an vorderster Front für den Kompromiss weibelt.
Aeschis Welt hingegen ist nur im Aargau, Basel-Stadt, Schwyz, St. Gallen, Unterwallis und Zug in Ordnung – wo jeweils die Nein-Parole gefasst wurden. Acht Kantonalsektionen mochten sich hingegen nicht festlegen und entschieden sich für Stimmfreigabe: Appenzell Innerrhoden, Graubünden, Jura, Nidwalden, Oberwallis, Solothurn, Tessin und Uri.
Die Schweiz stimmt im Mai über zwei Vorlagen ab. BLICK erklärt, um was es genau geht.
- Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung
Die Grundlagen und kniffligsten Fragen verständlich erklärt
- Bundesbeschluss über die Genehmigung und die Umsetzung des Notenaustauschs zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Richtlinie zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Das veränderte Waffenrecht in 12 Punkten erklärt.
Die Schweiz stimmt im Mai über zwei Vorlagen ab. BLICK erklärt, um was es genau geht.
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Das veränderte Waffenrecht in 12 Punkten erklärt.
Aeschi gibt sich unbeirrt
Doch Aeschi gibt sich unbeirrt und will weiterhin für ein Nein kämpfen. Er warnt etwa vor einer steigenden Belastung des Mittelstands durch zusätzliche AHV-Lohnabgaben und vor einer Verzögerung einer echten AHV-Sanierung. Er stört sich an der verletzten Einheit der Materie sowie den sozialen Kompensationsmassnahmen. «Nach einem Nein lässt sich rasch eine neue, schlanke Unternehmenssteuerreform aufgleisen», ist Aeschi überzeugt.
Die Ja-Parolen seiner Basis nimmt er «zur Kenntnis». Verständnis hat er aber wenig dafür. «Der Druck der Wirtschaftsverbände ist recht hoch», sagt Aeschi. «Und selbst SVP-Finanzdirektoren nehmen gerne Geld vom Bund.» Den Ja-Trend erklärt er sich zudem damit, dass in den meisten Kantonen die kantonale Umsetzung vorliege und man diese nicht gefährden wolle.
Er fürchtet sich aber davor, dass nach einem Ja künftig weitere Vorlagen verknüpft werden könnten. «Dann wird plötzlich das EU-Rahmenabkommen mit einer Senkung der Billag-Gebühren oder höheren Kinderzulagen verknüpft, um die Vorlage dem Volk schmackhaft zu machen. Das ist eine grosse Gefahr für unsere direkte Demokratie.»
Rime: «SVP-Mitglieder sind lernfähig»
Für Freude sorgt das Resultat hingegen bei SVP-Nationalrat und Gewerbepräsident Jean-François Rime (68, FR). «Schön, das habe ich nicht gewusst», sagt er zu BLICK. «Die SVP-Mitglieder sind auch lernfähig.» Der Deal sei zwar keine perfekte Lösung, aber es gebe keinen besseren Vorschlag, so Rime, der sich stark für den Kompromiss engagiert.
Was Aeschi betrifft, meint er schmunzelnd: «Er ist ein tüchtiger und hyperaktiver Mensch, der seine Meinung nicht gerne ändert.»
Der SVP-Trend stimmt Rime jedenfalls zuversichtlich: «Damit stiegen die Chancen auf ein Ja. Wichtig ist aber, dass danach auch die kantonalen Steuervorlagen eine Mehrheit finden.»
Die Schweiz stimmt wieder ab: Erklärungen zu allen Initiativen, aktuelle News und prominente Stimmen zum Thema finden Sie hier.
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