Sie machen kein Geheimnis mehr um ihr Liebesleben: Will Smith (53) und Jada Pinkett Smith (50). Nachdem immer wieder Fremdgeh-Gerüchte kursierten, offenbart er in einem Interview, eine offenen Ehe zu führen. Er betont aber auch, dass dieser «Weg nicht für jeden geeignet ist» und jeder sein eigenes Glück finden müsse. In seinem und Jada Pinkett Smiths Fall sei die offene Beziehungsvariante allerdings «entscheidend dafür, dass unsere Partnerschaft so lange hält».
Sexologin Caroline Fux (40) klärt auf, was hinter offenen Beziehung steckt und was man dabei beachten soll.
Blick: Was bedeutet es, eine offene Beziehung zu haben?
Caroline Fux: Für jeden etwas anderes. Denn es gibt nicht einfach die offene Beziehung.
Was für Formen gibt es denn?
Die vermutlich wichtigste Unterscheidung ist die zwischen offener Beziehung und Polyamorie. Bei der offenen Beziehung betrifft die Öffnung in der Regel nur die Sexualität. Man hat erlaubte Seitensprünge oder Affären, geht aber keine tiefere Bindung mit diesen Aussenpartnern ein. Wie viel man sich von diesen Abenteuern erzählt, ist Verhandlungssache. Und gerade das kann den gelebten Alltag dann natürlich massiv beeinflussen.
Und bei der Polyamorie?
Da ist Liebe im Spiel und explizit willkommen. Man lebt mehrere ausgewachsene Liebesbeziehungen nebeneinander. Aber auch polyamore Beziehungen können sehr verschieden ablaufen. Entscheidend ist, was man ausgehandelt hat.
Wie sagt man es dem Partner richtig, wenn man eine offene Beziehung will?
Besser nicht auf einen Schlag im Sinne von «Ich will jetzt eine offene Beziehung». Das führt fast immer zu einem Schock und einer Abwehrhaltung. Ich bin auch kein Fan davon, pauschal von irgendwelchen Beziehungsmodellen zu sprechen. Besser ist, wenn man konkrete Bedürfnisse und Ideen anspricht. Beispielsweise, dass man Mühe hat mit der Vorstellung, für den Rest des Lebens mit niemand anderem mehr Sex zu haben. Oder, dass man sich wünscht, dass es keine Katastrophe ist, wenn man wegen jemand anderem Herzklopfen hat, sondern dass so etwas Platz hat.
Aber ist das nicht verletzend?
Beziehungsöffnungen sind kein Spaziergang. Und nur weil man gewisse Wünsche und Vorstellungen äussert, heisst das noch lange nicht, dass die dann auch durchgewunken werden oder auf Begeisterung stossen. Unter dem Strich geht es darum, dass man gemeinsam die Herausforderungen des Alltags meistert. Und das geht nur, wenn man über Bedürfnisse spricht und dann nach Lösungen sucht.
Und wenn man sich nicht einig wird?
Dann hält man das aus Respekt vor dem andern erst mal aus. Viele Paare tun sich wahnsinnig schwer damit, verschiedener Meinung zu sein. Dabei ist es gerade in Langzeitbeziehungen wichtig zu akzeptieren, dass Menschen verschiedene Bedürfnisse haben. Aber klar: Man kann nicht gleichzeitig monogam und offen sein, ohne zu betrügen. Deshalb scheitern auch so viele Paare am Thema Exklusivität.
Sind offene Beziehungen bessere Beziehungen?
Die beste Beziehung ist die, die auf den Regeln basiert, die für beide Partner stimmen. Offene Beziehungen sind gerade sehr in Mode und manchmal werden sie als Allerweltsheilmittel für jedes Beziehungsproblem verkauft. Aber das ist definitiv nicht so.
Wenn Kinder im Spiel sind, wird das Ganze komplizierter. Soll man mit dem Nachwuchs über die Art der Beziehung sprechen?
Mit Kinder wird das meiste komplizierter, was mit Dating zu tun hat (lacht). Es kommt da natürlich sehr auf das Alter der Kinder an. Viele Eltern wollen Druck abbauen, indem sie ihre Kinder zu früh und zu stark einweihen. Sie erklären dann ihren Kindern, was weiss ich, und merken nicht, dass sie dabei eigentlich zu sich selbst predigen. Man sollte also unbedingt mit sich selbst im Reinen sein. Kinder brauchen ganz viel Zuneigung, aber eben auch Konstanz. Wer unsicher ist, was einem Kind in welchem Alter guttut, kann sich auf einer Fachstelle beraten lassen. Dabei ist es wichtig, dass man sich nicht einschüchtern lässt, falls pauschale Kritik am Beziehungsmodell kommt. Offen lebenden Paaren weht in unserer Gesellschaft teils noch ein sehr strenger Wind entgegen und es gibt viele Vorurteile. Da muss man sich auch abgrenzen können.
Worauf muss man sich gefasst machen, wenn man sich entschliesst, eine Beziehung zu öffnen?
Dass man einiges mehr an Zeit und Energie in sein Liebesleben investieren muss. Viele Menschen haben die Idee, dass in einer offenen Beziehung alles einfacher wird, weil man sich an keine lästigen Einschränkungen mehr halten muss. Dabei passiert oft sogar das Gegenteil: Es braucht mehr Regeln, mehr Kommunikation, mehr Investitionen in die Beziehung.
Das klingt alles ziemlich anstrengend.
Das kann es sein, ja. Gleichzeitig ist es aber eben auch sehr schön, wenn man entsprechend tickt. Wer Beziehungsarbeit als etwas Lästiges erlebt oder Mühe damit hat, nicht zur Norm zu gehören, der sollte so oder so die Finger von Beziehungsöffnungen lassen. Meiner Erfahrung nach fahren jene Menschen mit Öffnungen am besten, denen dieser Austausch und das permanente Infragestellen der Beziehung Spass macht.
Caroline Fux ist selbstständige Sexologin und bietet Beratungen rund ums Thema Liebe, Partnerschaft und Sex an. Fast 10 Jahre lang schrieb sie für Blick die Kolumne «Fux über Sex».