Es ist ein schlechtes Zeichen, wenn man am Abend, bevor man diese Kolumne schreibt, den «Tatort» für Sie, liebe Leser, vorsieht und dann, tags darauf schon schwer überlegen muss, worum es überhaupt ging. Noch schlimmer ist das, wenn es sich um eine Folge mit einem meiner Lieblingsteams, Batic und Leitmayr, handelt.
Als Erstes kommt die Erinnerung daran zurück, wie ich dem Mann periodisch vom Sofa aus zurufe: «Schau mit, es ist sooo langweilig, das musst du gesehen haben!» Er hütet sich. Als Zweites kommen mir die laangen Einstellungen in den laangen Korridoren des halbleeren Klosters in den Sinn, in dem das Ganze spielt. Und schliesslich, zum Glück bin ich doch noch nicht auf dem Weg in die Frühdemenz, der Plot: Nonnen, die nicht ganz koscher sind.
Im Kloster lebt eine Kräuterhexe
Ein toter Buchhalter liegt im Zug, vergiftet, wie einst Sokrates, mit einem Schierlingsbecher. Weise scheint er hingegen nicht wirklich gewesen zu sein, sonst hätte er kaum zehntausend Euro in bar mit sich rumgetragen. Letzter Stopp des reisenden Buchhalters vor seinem Dahinsiechen: das Kloster. Und in dessen Garten wächst natürlich das Gift-, äh Heilkraut, wie die Nonnen beteuern. Wie in diversen Klöstern ist deren Zahl nicht besonders gross: Es sind nur sieben, die im alten Gemäuer als eine Art Frauen-WG mit Gesang und leicht verstaubtem Dresscode zusammenleben und ein paar Geheimnisse hüten.
Umberto Eco würde sich im Grab umdrehen
Für üble Geheimnisse hinter Klostermauern gibts aber einen filmhistorischen Präzedenzfall: «Der Name der Rose». Gegen den Klassiker ist schon im allerbesten Fall schwer anzukommen. Und der allerbeste Fall ist diese «Tatort»-Folge nicht.
«Tatort»: «Wunder gibt es immer wieder», SRF 1, 20.05 Uhr
Wertung: Zweieinhalb von fünf