Das Konzept der Rachemorde habe ich noch nie verstanden: Bringt man jemanden, der einem früher ein Leid angetan hat, um die Ecke, ist zwar sein Leben vorbei, aber – auch wenn der Tod grausam ist – auch all sein Leiden. Und wer weiss, vielleicht erwartet uns das grosse Nichts, vielleicht aber auch eine Art Nirwana. Das vergönnt man seinem Erzfeind doch nicht! Weder ein leidensfreies Nichts noch das Nirwana!
Wäre ich selbst jedenfalls mit Erzfeinden, keinem moralischen Kompass und mit beträchtlicher krimineller Energie ausgestattet, würde ich mich so rächen, dass jeder verbleibende Atemzug meinem Gegner Höllenqualen verursachte, bis zur letzten Minute, die ihm auf Erden bliebe. Leben und leiden lassen! Ich verzichte jetzt im Namen der Familientauglichkeit auf genauere Beschreibungen – und zum Glück habe ich keine Erzfeinde, und der moralische Kompass funktioniert, glaube ich, einigermassen.
Infantiler Zickenkrieg und einige Längen
Jedenfalls muss sich Lena Odenthal mit einem alten Mann mit dubioser Vergangenheit beschäftigen, der im Ofen des Krematoriums nochmals aufgewacht ist. Ihre resolute Tante ist auch gerade zu Besuch. Und die war zufälligerweise früher Nazi-Jägerin. Ist für einmal im «Tatort» die erste verdächtige Person wirklich auch der Täter? Um das herauszufinden, muss man sich dann doch durch einige Längen gähnen. Und durch Zickenkrieg zwischen Odenthal und ihrer Tante.
Solche infantil-doofen Dialoge kann nur ein alter, weisser Mann Frauen in den Mund schreiben – Moment, ich sehe für Sie nach. Tatsächlich, Drehbuch: Stefan Dähnert (61). Kann man bitte mit diesem doofen Zickenkrieg-Klischee mal aufhören? Frauen reden untereinander nicht so. Glauben Sie's einer Frau. Danke.
«Tatort»: «Lenas Tante», SRF 1, 20.05 Uhr
Wertung: zweieinhalb von fünf