Fast hätte Kathrin Winzenried (50) es geschafft, genau so zu gehen, wie sie den «Kassensturz» 17 Jahre lang moderiert hatte: Unaufgeregt und stets hinter der Sache her. Ein kurzer Beitrag über ihre Ära beim SRF-Konsumentenmagazin sollte eigentlich der nüchterne Schlusspunkt sein. Doch dann wurde sie gestern Dienstag kurz vor 22 Uhr trotzdem noch etwas überrumpelt. Den finalen Einblender «Danke Kathrin» konterte sie mit «Merci, merci, ich habe zu danken». Gegen den überraschenden Ansturm des ganzen Sende-Teams im Studio samt Blumenstrauss und Cüpli-Gläser war sie dann machtlos. «Oh Gott, lueg emau», entfuhr es ihr, bevor sie von Leiter Christian Dütschler (54) und Moderationskollegin Bettina Ramseier (43) umarmt wurde.
«Ehrlich gesagt fühlt sich das jetzt nicht als etwas wahnsinnig Besonderes an. Also kein grosses Drama oder so», sagte sie im Vorfeld. Süchtig nach Rampenlicht war diese Frau nicht. Oder dann hat sie es gut verborgen. «Ich glaube, die Wehmut ist in dem Moment vorbei, in dem man sich für etwas Neues entschieden hat. Dann endet die Ungewissheit, das Hin- und Hergerissensein», so Winzenried. SRF verlassen wird sie nicht. In Zukunft ist sie als Produzentin und Autorin von Dok-Filmen tätig.
«Menschlich, hart, fair»
Winzenried, aufgewachsen auf einem Bauernhof in Herzwil bei Niederwangen BE, debütierte 2000 bei «Schweiz aktuell». Sie kam vom Berner Lokalradio «Förderband», das auch andere SRF-Grössen wie Angélique Beldner (47), Sven Epiney (51) oder Matthias Aebischer (56) hervorbrachte. Ab 2006 moderierte sie den «Kassensturz» sporadisch, ab 2009 regelmässig. Die Ausrichtung des Formates kam Winzenrieds Wesensart entgegen, die Sensibilisierung für Ungerechtigkeiten war für sie gemäss eigener Aussage zentral. «Ich glaube, meine Haltung hat sich über die Jahre gefestigt: menschlich, hart – aber fair.»
Dass sich die Zuschauerinnen und Zuschauer natürlich auch für ihr Outfit und ihre Frisur interessierten, war für sie eher ein zwangsläufiges Übel. Im Gegensatz zu vielen ihrer Vorgänger, die der Eitelkeit wohl näher waren als sie. Gegründet wurde der «Kassensturz» vor 50 Jahren von Roger Schawinski (78), der bis 1977 auch selber moderierte. Ab 1986 wurde das Format von Hans Räz (74) und Urs P. Gasche (78) geleitet und moderiert, zwischen 1996 und 2005 von Hansjörg Utz (73) und Ueli Schmezer (62), der bis Ende 2021 im Turnus mit Winzenried weitermoderierte. Heute führt Bettina Ramseier durch die Sendung, im kommenden Januar startet Winzenrieds Nachfolger André Ruch (44).