Ein gutes Omen für Nemo (24): Das Bieler Gesangstalent steht mit dem Beitrag «The Code» an der Spitze der Wettquoten. Damit sehen viele den Schweizer Act schon als Sieger der diesjährigen Ausgabe in Malmö (Schweden), die vom 7. bis 11. Mai stattfindet. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.
Gewinnen wir jetzt den Eurovision Song Contest?
Sicher ist nichts, aber es ist ein gutes Omen. Schon im März 2021 stand Gjon's Tears mit seinem Lied «Tout l'univers» an der Spitze der Wettquoten, am Ende wurde er am ESC in Rotterdam Dritter. Trotzdem ist die Wettquotenspitze ein prima Vorzeichen für den Wettbewerb, auch international dürfte Nemo nun immer wieder zum Thema werden. Sobald rund zwei Wochen vor dem eigentlichen ESC die ersten Proben beginnen, kommen die Quoten wieder in Bewegung. Sollte sich Nemo dann mit einer guten Inszenierung beweisen, stehen die Chancen auf den dritten Schweizer ESC-Sieg besser denn je.
Wer liegt sonst hoch im Kurs bei den Wettbüros?
Aktuell sagen die Wettquoten der Schweiz eine Gewinnchance von 20 Prozent voraus. Dahinter liegt auf dem zweiten Platz der Kroate Baby Lasagna (28) mit seinem Rocksong «Rim Tim Tagi Dim» und 16 Prozent Siegeschance, die Italienerin Angelina Mango (22) kommt mit ihrem Uptempo-Lied «La noia» auf 12 Prozent. Die Top fünf wird komplettiert durch den Niederländer Joost Klein (26, «Europapa») und den Ukrainerinnen Alyona Alyona (32) und Jerry Heil (28) mit der Ballade «Teresa & Maria».
Könnte die Schweiz den Eurovision Song Contest überhaupt austragen?
Was die Infrastruktur betrifft, dürfte das kein Problem sein. Mehrere Hallen kommen dafür infrage. Wichtig sind angrenzende Messehallen zur Unterbringung der Künstlergarderoben und des Pressezentrums. Hinzu kommen Hotelkapazitäten für die Unterbringung der Mitarbeiter, Delegationen und der Tausenden von Fans. Auch die Anbindung an einen internationalen Flughafen ist wichtig. Yves Schifferle (48), SRF-Bereichsleiter Show bei SRF, bringt in einem Artikel von «SRF» die Städte Basel, Bern, Genf und Zürich ins Spiel. Viele sehen dabei Zürich als Favorit für eine Austragung. «Natürlich sind wir sehr interessiert daran, diesen Anlass bei uns im Hallenstadion durchzuführen», sagt auch Philipp Musshafen, CEO der Veranstaltungshalle. Ob schon ein Zeitraum geblockt wurde, lässt er offen. Man nehme zu konkreten Anfragen oder Reservationen keine Stellung.
Die Bevölkerung der Stadt Bern reagiert zuletzt mehrheitlich ablehnend auf Anlässe, die einen kommerziellen und unterhaltenden Aspekt beinhalten. Widerstände wären programmiert, was auch die Behörden skeptisch stimmt. Das zeigte sich zuletzt beim E-Prix 2019, zumal dieser einen finanziellen Scherbenhaufen hinterliess. Als Location käme wohl nur die Postfinance-Arena in Frage. Weil aber die Halle wochenlang zur Verfügung stehen müsste, könnte der Eishockeybetrieb je nach Abschneiden des SCB zum Knackpunkt werden. Die neue Festhalle auf dem Bernexpo-Gelände gleich nebenan wird voraussichtlich zur Frühjahrsmesse BEA Ende April/Anfang Mai 2025 eröffnet und es wäre wagemutig, sie gleich ohne Erfahrungswerte mit einem solchen Anlass einzuweihen. Basel und Genf würden beiden über Locations – St. Jakobshalle respektive Palexpo – und internationale Flughäfen verfügen, beide Städte wären aber wegen der peripheren Lage im Vergleich zu Zürich wohl eher zweite Wahl.
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Was sagt SRF zu einer allfälligen Austragung?
Das ganze Team freue sich über den grossen Zuspruch für Nemos Beitrag. «Das gibt uns Rückenwind», sagt Yves Schifferle auf Anfrage von Blick. Zwar konzentriere man sich jetzt auf den Auftritt und auf die Proben, allerdings seien bereits Vorabklärungen getroffen worden. «Dabei geht es darum, in den grösseren Städten der Schweiz abzuklären, welche Hallen sich eignen würden und welche auch verfügbar wären», so Schifferle. «Zudem werden wir in Gesprächen beispielsweise mit den Niederlanden, Portugal und Italien, abklären, was der ESC überhaupt kostet.» Italien trug den ESC 2022 aus, die Niederlande ein Jahr zuvor. In Portugal fand der ESC 2018 statt.
Kann sich das SRF den ESC überhaupt leisten?
Eine genaue Antwort auf diese Frage gibt SRF nicht. Die Austragung sei für jeden Sender eine Herausforderung, hält Schifferle weiter fest. «Die grösste Musikshow der Welt zu produzieren, hat einen grossen Einfluss auf Budget und Ressourcen. Andere Broadcaster in Europa standen jedoch vor ähnlichen Herausforderungen und haben Wege gefunden, diesen Grossevent zu finanzieren.»
Wie viel kostet die Austragung vom Eurovision Song Contest?
Details über genaue Budgets sind spärlich. Der ORF informierte 2015 nach der Austragung, dass die vom Sender budgetierten 15 Millionen Euro ein wenig unterschritten wurden. Das ist der Beitrag, der damals der austragende Fernsehsender selber zahlte. Allein die Stadt Wien steuerte weitere 17 Millionen Euro bei. Darin enthalten ist die Bereitstellung der Wiener Stadthalle, die rund 9 Millionen kostete.
Die BBC budgetierte für die letztjährige Produktion umgerechnet zwischen 8 und 19,5 Millionen Franken. Die Stadt und Agglomeration Liverpool steuerte etwas mehr als 4,5 Millionen Franken bei, die britischen Behörden 10 Millionen. Auch die Organisatoren, die European Broadcasting Union (EBU), unterstützt den Anlass mit einem Sockelbeitrag. Weitere Einnahmen kommen aus Sponsoring und Ticketverkäufen. Im Gegenzug hat die Wirtschaft gemäss einer Studie der Stadt Liverpool von den 300'000 Besuchern während der Eurovisions-Woche 62 Millionen Franken Mehreinnahmen erzielt.
Was würde eine Austragung für die SRG bedeuten?
Für die SRG käme der ESC in der Schweiz zu einem suboptimalen Zeitpunkt. Die Kosten für eine Austragung, wie hoch sie auch immer ausfallen würden, wären Wasser auf die Mühlen der Halbierungsinitiative-Befürworter, die bereits nach einem allfälligen Sieg erstmals lautstark fragen würden, ob die SRG wirklich so viel Geld für einen solchen Unterhaltungsanlass ausgeben solle und was das mit dem Service public genau zu tun habe. Der ESC könnte den Wahlkampf also wenigstens zu einem kleinen Teil mitbeeinflussen und die SRG müsste sich genau überlegen, wie sie eine Austragung gut und sinnvoll kommunizieren könnte.
Hat die Schweiz den ESC schon einmal ausgetragen?
Ja, sogar beim allerersten Mal. Als der ESC nach dem Zweiten Weltkrieg ins Leben gerufen wurde, um das gebeutelte Europa zu einen, fand die erste Ausgabe 1956 in Lugano statt. Obwohl dort auch die Schweizerin Lys Assia (1924–2018) gewann, fand die nächste Ausgabe in einem anderen Land statt. Erst seit 1958 gibt es die Tradition, dass das Gewinnerland den Anlass im nächsten Jahr austragen darf. 1988 gewann Céline Dion (56) in Dublin für die Schweiz, 1989 fand der ESC dann in Lausanne statt.
Wer würde den ESC in der Schweiz moderieren?
Das ist Kaffeesatzlesen. Traditionell sind international bekannte Namen gern als Moderatoren gesehen. Zudem ist es wichtig, dass die Aushängeschilder sowohl Englisch als auch Französisch beherrschen. Gute Chancen dürften der langjährige Schweizer ESC-Kommentator Sven Epiney (52) und die international bekannte Michelle Hunziker (47) haben. Auch Sandra Studer (55) hat als ehemalige ESC-Teilnehmerin und -Kommentatorin eine lange Vergangenheit mit dem Wettbewerb.
Wie gross ist der Druck für Nemo?
Viele Hoffnungen liegen jetzt auf dem Bieler Musiktalent. Gemäss eigenen Angaben kann sich Nemo allerdings gut davon abgrenzen. «Ich spüre mehr Freude und Leichtigkeit, auch aus meinem Team. Und bekomme auch viel Energie durch die Arbeit», sagte Nemo kürzlich zu Blick.