Wäre der 12-Punkte-Regen für Nemo (24) am diesjährigen Eurovision Song Contest in Malmö (Schweden) fast ausgeblieben? Einem Bericht der grössten norwegischen Zeitung «VG» zufolge spielten die Acts aus Griechenland, Grossbritannien, Portugal, Irland, Norwegen und auch aus der Schweiz mit dem Gedanken, dem grossen ESC-Final vom 11. Mai fernzubleiben. Erst 25 Minuten vor dem Final habe der Mega-Eklat abgewendet werden können.
«Wir haben bis zur letzten Sekunde überlegt, ob wir uns zurückziehen sollen. Viele von uns haben darauf reagiert, dass man Israel die Möglichkeit gibt, den ESC als politisches Instrument zu nutzen», sagt Magnus Børmark (41), Gitarrist der norwegischen ESC-Teilnehmerband Gåte zu «VG». Er bestätigt, dass er aufgrund einer Dringlichkeitssitzung mit der EBU nicht an der Flaggenparade in der Probe am Samstagnachmittag teilnehmen konnte.
Nemo spricht von Vorfällen hinter der Bühne
Dort fehlten auch die Griechin Maria Satti (37), der irische Act Bambie Thug (31) und der Schweizer ESC-Star Nemo. SRF beteuerte drei Tage nach dem Finale allerdings, Nemo habe nicht aufgrund einer Krisensitzung an der Flaggenparade gefehlt. «Der Druck, der auf Nemo lastete, war in diesem Moment enorm, und Nemo fühlte sich bei der Probe emotional nicht in der Lage, daran teilzunehmen», so die offizielle Antwort von SRF.
Nemo weibelt seit dem ESC-Sieg politisch für einen dritten Geschlechtseintrag für nicht-binäre Personen (bald gibts einen Telefontermin dazu mit Bundesrat Beat Jans). Auch zu Israel und Gaza hat Nemo eine Meinung. Im März rief Nemo in einem Statement gemeinsam mit Künstlern aus anderen Ländern zur Waffenruhe auf und forderte gleichzeitig die Freilassung aller Geiseln. Darüber hinaus hält Nemo sich öffentlich zurück. «Im Moment will ich mich nicht dazu äussern, ich glaube, das bringt zurzeit nichts», sagte der Schweizer ESC-Star im Interview mit dem deutschen «Spiegel». Nemo bestätigt aber, dass es «hinter der Bühne verschiedene Vorfälle» gab. Vieles davon werde von der Europäischen Rundfunkunion (EBU), der Organisatorin des ESC, noch aufgearbeitet.
SRF dementiert Israel-Boykott
Die Stimmung beim ESC wurde zunehmend feindseliger gegen den israelischen Act. Nicht nur auf den Strassen Malmös, wo gegen Israel protestiert wurde und beim Teil des Publikums, das die israelische Sängerin Eden Golan (20) ausbuhte. Auch Künstlerkollegen schikanierten die Israelin. Indem sie demonstrativ gähnten oder sich die Flagge über den Kopf zogen, als Golan an einer Pressekonferenz sprach. Auf der anderen Seite seien Acts gegen ihren Willen von israelischen Delegationsmitgliedern gefilmt worden.
Gemäss Recherchen der norwegischen Zeitung «VG» war die Schweiz unter den Ländern, die sich wegen des Verhaltens der israelischen Delegation hinter den Kulissen beschwerten. Yves Schifferle, SRF-Delegationsleiter am ESC in Malmö bestätigt gegenüber Blick lediglich: «Einige Acts haben das Gespräch mit der EBU bezüglich gewisser Umgangsformen im Backstage-Bereich gesucht.» Und stellt klar: «Es stand nicht zur Debatte, dass sich die Schweizer Delegation vom ESC zurückziehen wollte.» Das Management von Nemo liess eine Anfrage von Blick zu diesem Thema unkommentiert.
Chaos wie in Malmö will Schweiz verhindern
Bakel Walden (48), Vorsitzender des Aufsichtsgremiums des ESC und SRG-Vorstandsmitglied, stand während der ESC-Woche im intensiven Austausch mit den Delegationen. «Auch im Laufe der Vorbereitungen für den Final gab es ein direktes Gespräch», sagt er. Über die Details hält er sich bedeckt, allerdings sei die Durchführung des Finals nie auf der Kippe gestanden. «Der direkte, offene und intensive Austausch mit den Delegationen war dafür eine der wichtigen Grundlagen – und auch dafür, dass der Final aus Produktionssicht nicht zur Disposition stand», so Walden.
Obwohl weder Datum noch Austragungsort des ESC 2025 in der Schweiz bekannt sind, ist eines schon klar: So ein Chaos wie in Malmö will man hierzulande nicht noch einmal sehen. «Wir bedauern, dass einige Delegationen beim ESC in Malmö den Geist der Regeln und des Wettbewerbs sowohl vor Ort als auch während ihrer Übertragungen nicht respektiert haben», teilt die EBU mit. Und bestätigt, dass mit «einer Reihe von Delegationen» schon während des ESC über verschiedene Probleme gesprochen wurden. Walden kündigt «ein detailliertes Debriefing» an.