Barbara Lüthi begann nach dem Gymnasium und der Wirtefachschule in Zürich ihre Fernsehlaufbahn bei den Schweizer Privatsendern Star TV und TV3. Ab 2001 arbeitete sie in der Redaktion der «Rundschau» von SRF. Von 2006 bis 2014 war Lüthi SRF-Korrespondentin für China und schreckte auch vor heiklen Fragen und Reportagen nicht zurück – mehrmals wurde sie dabei festgenommen. Ab 2014 bis 2017 berichtete sie über Südostasien. Seit Anfang 2018 moderiert sie die dienstägliche SRF-Diskussionssendung «Club». Lüthi hat zwei Kinder und lebt in Zürich-Oerlikon.
Barbara Lüthi begann nach dem Gymnasium und der Wirtefachschule in Zürich ihre Fernsehlaufbahn bei den Schweizer Privatsendern Star TV und TV3. Ab 2001 arbeitete sie in der Redaktion der «Rundschau» von SRF. Von 2006 bis 2014 war Lüthi SRF-Korrespondentin für China und schreckte auch vor heiklen Fragen und Reportagen nicht zurück – mehrmals wurde sie dabei festgenommen. Ab 2014 bis 2017 berichtete sie über Südostasien. Seit Anfang 2018 moderiert sie die dienstägliche SRF-Diskussionssendung «Club». Lüthi hat zwei Kinder und lebt in Zürich-Oerlikon.
«Club»-Moderatorin Barbara Lüthi
Moderatorin Barbara Lüthi (47) führt heute durch den Themenabend «Gott» auf SRF 1 und diskutiert in einem «Club Spezial» die Entscheidung der Zuschauer zum vorangegangenen Spielfilm über einen Fall von Sterbehilfe.
Frau Lüthi, wann und in welcher Art haben Sie letztmals gespürt, dass es Gott gibt?
Barbara Lüthi: Wenn ich dieser Tage durch die goldenen Wälder laufe und diese Schönheit sehe, habe ich schon das Gefühl, dass es etwas gibt, das grösser ist als wir. Aber «Gott» würde ich es nicht nennen. Dafür habe ich zu viel Leid gesehen. Und daran, dass Leben leiden ist, glaube ich nicht. Ich halte es mit dem türkischen Schriftsteller Mehmet Murat Ildan, der sagt: «Nature is my temple and my only true religion.»
Im Zentrum des heutigen Themenabends steht ein spezieller Sterbewunsch – nicht durch eine unheilbare Krankheit ausgelöst, sondern durch ein Verlustgefühl, also eine schwere psychische Belastung. Wie stehen Sie persönlich dazu, in diesem Fall einen Sterbewunsch zu legitimieren?
Ist der Mensch urteilsfähig und sein Sterbewunsch von Dauer, sollte der Staat ihn nicht daran hindern können, sein Leben in Würde zu beenden. Aber jeder Mensch muss sich fragen, was für Auswirkungen sein Entscheid hat, zum Beispiel für seine Nächsten. Er muss mit dieser Freiheit verantwortungsvoll umgehen. Und natürlich liegt es im Ermessen eines jeden Arztes, ob er einem Sterbewilligen in diesem Fall helfen will.
Kamen Sie in Ihrem Umfeld schon einmal mit einem Suizidvorfall in Berührung und wie hat Sie dies geprägt?
Ja. Es hat mir den Boden unter den Füssen weggezogen. Zu respektieren, dass wir einen Menschen nicht umstimmen können, und seinen Entschluss ohne Gram zu akzeptieren, ist unendlich schwierig. Ich kann mir aber keine Meinung über das Leiden eines anderen Menschen anmassen, auch wenn ich es von aussen nicht verstehe.
In letzter Zeit wird der «Club» von «schweren» Stoffen dominiert: mehrfach Corona und jetzt auch noch Sterbehilfe. Sehnen Sie sich nicht wieder einmal nach einem positiven Thema?
Im «Club» heisst es am Dienstag «50 Jahre Tatort». Der Mord am Sonntagabend ist wohl nicht «positiv», aber zumindest wird das Böse am Ende besiegt. Warum bereiten uns Krimis ein so unheimliches Vergnügen? Tauchen wir gerade deshalb gerne in die Welt des Schreckens ein, weil Krimis alles infrage stellen: Moral, Vertrauen, Gerechtigkeit? In diesem Sinne wirft auch der «Tatort» grundlegende Fragen auf. Aber es wird auch unterhaltsam, mit Geschichten von alten und neuen Ermittlerinnen und Ermittlern – von Schimanski bis zu Isabelle Grandjean, der Kommissarin des neuen Zürcher Duos. Anna Pieri Zuercher und Stefan Gubser sind auch dabei.
Können Sie jene Leute verstehen, die einen Überdruss verspüren?
Wir nehmen im «Club» Themen auf, die in der Luft liegen. Aktualität und Relevanz sind mir wichtig. Und auch gesellschaftliche Phänomene, da ist das Spektrum sehr breit. Eine Diskussion ist spannend, wenn ein Thema tief und vielschichtig ist, die Gäste mit Verve diskutieren.
Sie waren China-Korrespondentin und kennen das Land wie kaum jemand in der Schweiz. Gehen die Chinesen mit der Pandemie wirklich reibungsloser um oder täuscht dieser Eindruck? Und was können wir diesbezüglich von den Chinesen lernen?
China konnte mit drastischen Massnahmen die Verbreitung des Virus eindämmen und kann in Krisensituationen riesige Ressourcen mobilisieren, personell wie materiell. Die Testkapazitäten sind viel höher als bei uns, weil technische Lösungen schnell auf industrielles Niveau kommen. Auch das liegt in der politischen Verantwortlichkeit. Die chinesische Regierung kann die Menschen durch Kontrolle einfach dazu zwingen, einen Test zu machen und in Quarantäne zu gehen. Es war schon lange geplant, die Überwachung auszubauen. Corona beschleunigt das. Nur ein autoritärer Staat kann so agieren. Bei uns muss alles verhandelt werden, und das ist gut so. Von den Chinesen können wir Resilienz lernen, Durchhaltewillen, die Fähigkeit mit Widersprüchen umzugehen und weniger zu jammern.
Was sagen Sie zur Wahrscheinlichkeit respektive zum immer noch herumgeisternden Gerücht, dass das Virus aus irgendeiner chinesischen Biotech-Fabrik entwichen sei?
Das ist absurd.
Für einen polyglotten Menschen wie Sie muss es besonders hart sein, nicht reisen zu dürfen. Wie schwierig ist das Eingesperrtsein für Sie und was machen Sie, wenn Ihnen scheinbar die Decke auf den Kopf fällt?
Ich war 13 Jahre lang als Korrespondentin fast nonstop unterwegs, heute bin ich gerne zu Hause. Die Verkleinerung des Radius bringt auch eine gewisse Vereinfachung. Und wenn mir die Decke auf den Kopf fällt, laufe ich durch den Wald.
Wann haben Sie mit Ihrer Familie zum letzten Mal Normalität erlebt?
Meine Kinder haben mir zum Muttertag eine Karte geschenkt und sich dafür bedankt, dass wir keine «normale» Familie seien, weil vieles unkonventionell und spontan ablaufe. Normalität ist bei uns also relativ.
Und wie bringen Sie das alles unter einen Hut: alleinerziehende Mutter zweier Kinder, anspruchsvoller Fulltime-Job und jetzt noch die Corona-Einschränkungen?
Den Anspruch an sich aufgeben, eine perfekte Mutter zu sein. Im Job auch Verantwortung abgeben, das Unplanbare annehmen.
Wissen Sie schon, wo und wie Sie Weihnachten feiern werden?
Zu Hause. Mit Weihnachtsbaum, selbstgemachten Guetsli und einem ganzen Repertoire von Weihnachtsliedern.
Sie wurden vom Publikum sehr rasch als neue «Club»-Gastgeberin angenommen und sind vom Dienstagabend nicht mehr wegzudenken. Gibt es bei Ihnen trotzdem manchmal Gedanken an ein Danach? Welche anderen TV-Formate würden Sie reizen?
Ich denke nicht an das Danach, mache keine Langzeitpläne. Das liegt mir nicht. Ich lebe im Jetzt. Meine nächste Aufgabe wird mich finden, wenn es so weit ist. Da habe ich ein unerschütterliches Grundvertrauen ins Leben.
Welches wäre Ihr Lieblingsgast? Und gibt es Tabuthemen?
Es gibt Themen, die nicht verhandelbar und somit nicht diskutabel sind. Menschenrechte zum Beispiel. Als Gast: Aung San Suu Kyi. Ich möchte wissen, wie Sie von der Verleihung des Friedensnobelpreises auf die Anklagebank in einem Völkermordprozess gelangt ist. Was hat diesen grundlegenden Wandel in ihrem Handeln herbeigeführt? Oder wird die ehemalige Demokratie-Ikone missverstanden? Und wenn Sie noch leben würde: die Journalistin Nelly Bly. Sie schleuste sich für eine Recherche in eine Irrenanstalt, berichtete von der Ostfront des Ersten Weltkriegs, reiste um die Welt. Und das als Frau um die Wende zum 20. Jahrhundert.
Wer beruflich so viel sprechen muss wie Sie, sehnt sich vielleicht daneben nach mehr Ruhe. Oder haben Sie immer Lust auf Konversation? Auf Gespräche unter Freunden über Gott und die Welt? Oder darf es auch mal Smalltalk sein?
Ich spreche privat nicht dauernd über die Kovi oder den Bilanzsuizid. Ich diskutiere mit meinen Freundinnen auch über Alltägliches. Und gar nicht sprechen zu müssen, ist wunderbar. Dieser seltene Moment, in dem die Gedanken aufhören zu rasen und alles still und friedlich wird: ein Glücksmoment.
«Club»-Moderatorin Barbara Lüthi
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