Prominente Frauen zum Frauenstreik
«Unsere Töchter brauchen Vorbilder»

Zum heutigen Frauenstreiktag halten auch prominente Schweizerinnen ihre persönliche Meinung nicht zurück – unter ihnen SRF-Moderatorinnen, eine Vegan-Köchin, eine Influencerin und zwei Künstlerinnen. Sie alle erzählen, was sie bewegt und was sie fordern.
Publiziert: 14.06.2019 um 07:25 Uhr
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Aktualisiert: 13.12.2020 um 21:06 Uhr
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Patrizia Laeri, Wirtschaftsjournalistin SRF und BLICK-Kolumnistin.
Foto: Instagram
Flavia Schlittler, Katja Richard, Ulrich Rotzinger und Sermîn Faki

SRF-Journalistin und BLICK-Kolumnistin Patrizia Laeri (41)

Foto: Instagram

«Ich werde am Streik teilnehmen. Ausschlaggebend sind ökonomische Gründe. Heute werden in unserem Land systematisch Wettbewerbsteilnehmer benachteiligt – und das sind die Frauen. Dafür wird die Schweiz jährlich auch von internationalen Organisationen wie der OECD kritisiert. Und im berühmten Glass-Ceiling Index des «Economist», der misst, wie schwierig es ist, als Frau Karriere zu machen, belegen wir regelmässig die letzten Plätze, zusammen etwa mit der Türkei. Meine Motivation teilzunehmen, sind mehrere Systemfehler. Bei den Steuern, Stichwort Heiratsstrafe. Bei der nicht vorhandenen Elternzeit: Aus Kosten- oder Arbeitsdruck stellen viele Chefs keine Frauen an, weil sie und nicht die Männer fehlen werden, wenn sie Eltern werden. Beim teuersten Betreuungssystem der Welt. Und bei den fehlenden Tagesschulstrukturen und Lohnungleichheit. Die Schweiz setzt ökonomisch frauenfeindliche Anreize. Darauf kann gar nicht genug hingewiesen werden.»

SP-Nationalrätin Flavia Wasserfallen (40)

«Weil die Kita-Betreuerin mehr Verantwortung übernimmt, aber 3x weniger verdient als der Vermögensverwalter.»

«10 vor 10»-Moderatorin Susanne Wille (45)

«Mein Motto ist stets: Gleichberechtigung hat keine Obergrenze. Nur weil es ein wenig besser geworden ist, ist es noch nicht gut genug. Es hat zum Beispiel immer noch zu wenige Frauen in politischen Ämtern, zu wenige Frauen in Schlüsselpositionen der Gesellschaft, zu wenige sichtbare weibliche Vorbilder. Ganz grundsätzlich finde ich: Wenn eine Frau diskriminiert wird, werden alle Frauen diskriminiert. Es geht auch um Solidarität. Ich finde, in der modernen Schweiz müsste es mehr flexible Arbeitsmodelle geben. Für Frauen und für Männer. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf müsste einfacher sein. Blockzeiten oder Tagesschulen müssten selbstverständlich werden. Ich wünsche mir, dass jede Frau selber entscheiden darf, welche Rollenaufteilung für sie stimmt. Und diese Entscheidung sollte nicht von den (fehlenden) Rahmenbedingungen abhängen.»

Verena Nold (56), Direktorin Santésuisse

«Ich wünsche mir mehr wohnortsnahe, bezahlbare Tagesschulen, damit Frauen Beruf und Familie besser unter einen Hut bekommen und damit bessere Chancen in der Arbeitswelt erhalten.»

Grünen-Nationalrätin Maya Graf (57)

Maya Graf
Foto: Zvg

«Ich fordere 50 Prozent Frauen in allen Führungspositionen.»

Schlangenfrau Nina Burri (41)

«Öffentlich über Themen wie sexuelle Übergriffe am Arbeitsplatz und Lohnungleichheit zu reden, ist von grosser Wichtigkeit. Je mehr dies getan wird, desto mehr geht es auch in die Köpfe der Leute. Zusammen sind wir stärker. Unser Anspruch auf gleiche Rechte für Mann und Frau muss jede Einzelne von uns täglich thematisieren und selbstbewusst transportieren. Dann können wir viel bewegen.»

«Schweiz aktuell»-Moderatorin und -Redaktorin Katharina Locher (33)

«Ich persönlich glaube: Solange Frauen in der Schweiz Lohndiskriminierung erleben und Männer bei der Geburt ihres Kindes per Gesetz nur einen Tag freibekommen, ist die Gleichstellung noch nicht erreicht. Ich wundere mich, dass es noch heute einen unerklärbaren Lohnunterschied von 7,4 Prozent zwischen Frau und Mann gibt. Das muss sich ändern. Ich habe heute ohnehin frei und werde an der Kundgebung teilnehmen, aus Solidarität mit den Betroffenen. Mein Arbeitgeber steht zum Glück besser da, mit viel geringeren Lohnunterschieden und einem Vaterschaftsurlaub von zehn Tagen.»

Daniela Corboz (46), Chefin SBB-Tochter Elvetino

«Ich setze mich für flexible Arbeits(zeit)modelle für Frauen und Männer ein, damit meine Tochter in zehn Jahren nicht für das gleiche Thema kämpfen muss.»

BDP-Fraktionspräsidentin Rosmarie Quadranti (61)

«Ich werde in der Ratspause mit den streikenden Frauen auf dem Bundesplatz sprechen und mich politisch weiter für die Gleichstellung einsetzen. Dies vor allem auch deshalb, weil Männer wie SVP-Nationalrat Andreas Glarner kein Gehör mehr bekommen dürfen.»

Influencerin und Schauspielerin Zoë Pastelle (20)

«Der Frauenstreik ist unbedingt nötig. Wir leben in einer Welt, in der patriarchale Grundwerte noch immer ganz tief verwurzelt sind und unser Zusammensein grundlegend bestimmen. In Politik und Wirtschaft müssen Frauen ihre Weiblichkeit ablegen und sich männlichen Regeln anpassen, um erfolgreich zu sein. Die grössten Modedesigner sind nach wie vor Männer, die bestimmen, was das weibliche Figurenideal sein sollte. Würden Frauen dieses mehr mitbestimmen, würde es sicherlich vielfältiger aussehen.»

Vegan-Köchin Lauren Wildbolz (38)

Vegan-Köchin Lauren Wildbolz.

«Ich gehe an den Frauenstreik, weil die in der Bundesverfassung verankerte Gleichstellung von Frau und Mann immer noch nicht umgesetzt ist, jedoch werden Gleichstellungsklagen zu 76 Prozent abgewiesen. Fast 8 Prozent des Lohnunterschieds kann nicht objektiv erklärt werden. Frauenspezifische Anliegen werden in der Politik vergessen, ignoriert oder als unwichtig abgetan, weil Frauen in der Politik untervertreten sind. Wir Frauen leisten wöchentlich 31 Stunden unbezahlte Care-Arbeit, die Rente zwischen Mann und Frau fällt deshalb ungleich aus. Es gibt keine angemessene Kinderbetreuung für Schichtarbeiterinnen, die Betreungsangebote sind unflexibel und zwingen Frauen ihre Stelle zu künden. Aus Solidarität streike ich mit allen Frauen, die wegen ihrer Sexualität, Pass, Hautfarbe oder Behinderung diskriminiert werden: Ich fordere die Gleichstellung aller Menschen!»

«Club»-Leiterin Barbara Lüthi (45)

«Ich werde am Streik teilnehmen. Das ist ein Tag, um sich zu überlegen, was man zur Veränderung beitragen kann. Im Alltag ist für mich die Vorbildfunktion wichtig. Ich will jungen Frauen vorleben, dass man im Beruf viel erreichen kann, wenn man sich traut und will. Ich will, dass die Rahmenbedingungen besser werden, um Frauen mit Kindern den Wiedereinstieg und eine Karriere zu erleichtern. In der Schweiz ist die Kinderbetreuung zu teuer, es gibt zu wenige Krippenplätze und die Tagesschulen fehlen. Aus Asien kenne ich das anders: Stimmt das Betreuungsangebot, ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie einfacher. Es reicht aber nicht, die Rahmenbedingungen zu beklagen. Es braucht Frauen, die Karriere machen wollen, die Lust haben, zu gestalten und zu führen, auch wenn es manchmal hart ist, wenn man aneckt, sich die Zähne ausbeisst. Viele Frauen nehmen sich aus dem Rennen, sobald sie Mütter werden. Bewirken können wir nur etwas, wenn wir viele sind. Nur so können wir die Spielregeln verändern. Es lohnt sich, nicht aufzugeben. Unsere Töchter brauchen Vorbilder.»

Grünen-Nationalrätin Sibel Arslan (38)

«Ich streike, damit Frauen* für gleichwertige Arbeit endlich gleich viel verdienen.»

Nackt-Künstlerin Milo Moiré (36)

«Ich finde es gut, dass Gleichberechtigung und Gleichstellung thematisiert werden, da es hier leider immer noch viel Entwicklungspotenzial punkto Respekt und Lohnzahlungen gibt. Auch im etablierten Kunstumfeld haben es Frauen immer noch schwerer als Männer, und sobald sie Kinder bekommen, sind die Frauen auch schnell vom Kunstmarkt verschwunden.»

Ex-Direktorin der Solothurner Filmtage Seraina Rohrer (41)

«Mehr Frauen im Film! Regie führen viel häufiger Männer, und auch Fördergelder fliessen mehrheitlich in Projekte von Männern. Hinzu kommt, dass Frauenfiguren in vielen Filmen bloss vereinfachte Stereotype sind, etwa die fürsorgliche Mutter oder die feurige Liebhaberin. Als Folge bekommen Schauspielerinnen weniger spannende Rollenangebote, und diese werden dann mit sehr jungen Schauspielerinnen besetzt. Im Falle einer Schwangerschaft können Schauspielerinnen nicht arbeiten, und ihr Einkommen bricht weg. Das muss sich ändern. Aus all diesen Gründen haben die Solothurner Filmtage eine Absichtserklärung unterschrieben, mit dem Ziel Filme von Frauen im Programm sichtbarer zu machen. Das hat sich auch der Bund bei der Förderung zur Aufgabe gemacht: Bei Eingaben von gleicher Qualität werden weibliche Bewerberinnen bevorzugt. Mit Erfolg: 2018 gingen erstmals 46 Prozent der Fördergelder im Bereich Film an Frauen. Das zeigt, Druck und eine Debatte helfen, und plötzlich kann es manchmal erstaunlich schnell gehen!»

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