SRF-«Club»-Moderatorin Barbara Lüthi (44) im Halbjahres-Interview
«Ich will immer noch besser werden»

Ein drückend heisser Sommernachmittag im Leutschenbach: SonntagsBlick trifft die neue «Club»-Moderatorin Barbara Lüthi (44), um mit ihr nach einem halben Jahr auf Sendung eine erste Bilanz zu ziehen.
Publiziert: 23.06.2018 um 23:54 Uhr
|
Aktualisiert: 12.09.2018 um 18:05 Uhr
1/6
«Ich mache den Job mit Leidenschaft.» Barbara Lüthi moderiert seit Januar den «Club» auf SRF 1.
Foto: Hervé Le Cunff
Jean-Claude Galli

Seit Januar moderiert Barbara Lüthi den «Club» auf SRF 1, im August wird sie 45. Ein Gespräch über Quoten, Kritik und Midlife-Crisis.

Ihre letzte Sendung zum Thema Verschwörungstheorien hatte 99'000 Zuschauer und einen Marktanteil von 15,4 Prozent. Zufrieden?
Barbara Lüthi: Während der WM ist das erstaunlich gut. Mit Sportkonkurrenz im Nacken muss man immer Abstriche machen. Ohne WM hatten wir die Woche davor 148'000 Zuschauer und 22,8 Prozent.

Wie wichtig ist Ihnen Quote?
Wichtig sind gute Sendungen und Feedback von Leuten, die zuschauen. Aber am Ende des Jahres schaut man die Quote an, klar. Doch sie darf die Sendung nicht beeinflussen.

Sie wurden anfangs zum Teil scharf kritisiert. Der BLICK bezeichnete Sie als oberlehrerhaft und fahrig. Haben Sie das mitbekommen?
Natürlich lese ich Kritiken über mich. Und ich nehme sie mir zu Herzen, wenn sie konstruktiv sind. Ich war lange Korrespondentin und habe Dinge kritisch betrachtet. Unsere Sendung darf und soll kritisiert werden.

Wie gehen Sie mit Kritik um?
Ich denke, eine meiner Stärken ist meine Kritikfähigkeit. Das funktioniert dann, wenn ich sehe: Da hat sich jemand mit der Sache befasst, und ich kann etwas daraus mitnehmen, verändern. Zuschauer-Feedback ist am wichtigsten. Mittler-weile kommt übrigens weniger Kritik, sondern vermehrt Lob. Und Inputs, Themenvorschläge. Und wir haben eine gute Diskussionskultur auf Twitter.

Wie zufrieden sind Sie selber?
Ich will immer noch besser werden.

Was wäre das als Schulnote?
Ich wollte immer Sechser haben, hatte ich übrigens auch (lacht). Nein, ich bin einfach sehr selbstkritisch. Ich mache den Job mit Leidenschaft und möchte das Bestmögliche herausholen. Ich bin zufrieden damit, wie es jetzt läuft. Ich habe ein gutes Team, habe Freude am Job. Und was mich besonders freut – nach 75 Minuten sagen die Gäste stets: «Schade, dass es schon vorbei ist.» Aber man kann sich immer verbessern. Raum nach oben ist da.

Barbara Lüthi

Barbara Lüthi begann ihre Fernsehlaufbahn bei den Privatsendern Star TV und TV3. Ab 2001 arbeitete sie in der Redak­tion der «Rundschau» von SRF. Von 2006 bis 2014 war Lüthi SRF-Korrespondentin für China. Ab 2014 bis 2017 berichtete sie über Südostasien. Lüthi hat zwei Kinder im Alter von fünf und neun Jahren und lebt in Zürich-Oerlikon.

Barbara Lüthi begann ihre Fernsehlaufbahn bei den Privatsendern Star TV und TV3. Ab 2001 arbeitete sie in der Redak­tion der «Rundschau» von SRF. Von 2006 bis 2014 war Lüthi SRF-Korrespondentin für China. Ab 2014 bis 2017 berichtete sie über Südostasien. Lüthi hat zwei Kinder im Alter von fünf und neun Jahren und lebt in Zürich-Oerlikon.

Unser Eindruck: Sie sind jetzt weniger hitzig und ruhiger.
Ich weiss nicht, ob ich aufge­regter war, lebhafter sicher. Ich habe viel Temperament, rede mit den Händen, das tut meine ganze Familie. Damit muss man vor der Kamera sparsam umgehen, das ist mir klar. Die lebhafte Art macht einen Teil von mir aus. Das will ich nicht verleugnen. Aber man muss lernen, sich selber kritisch anzuschauen und trotzdem genuin zu bleiben. Ich habe auch eine neue Rolle, bin nicht mehr Korrespondentin, sondern leite eine Runde.

Wie wählen Sie die Themen? Was geht nicht, was ist tabu?
Ich arbeite nicht mit Tabus. In meinem ersten Jahr versuche ich herauszufinden: Was interessiert? Was ist möglich? Wo finde ich Gäste dazu, die etwas zu sagen haben? Und nach jeder Sendung wird justiert. Wir sind ein basisdemokratischer Haufen, das ist für mich zentral. Mir ist Aktualität wichtig. Ich komme aus den News. Die Sendung wurde politischer. Dafür hat man mich auch geholt, für diesen Kurswechsel. Wenns nichts Aktuelles gibt, nehmen wir etwas, das in der Luft liegt. Ein Talk hat einen Vorteil: Er kann eine Stimmungslage aufnehmen, eine Wertedebatte führen. Ein Artikel kann zwei Lager abbilden, ein Talk schafft den Rundumblick.

Was ist Ihre genaue Rolle?
Grundsätzlich bin ich Journalistin, seit über 20 Jahren. Neu mache ich das aber in anderer Form. Indem ich Leute zusammenbringe und reden lasse. Aber am Recherchieren hat sich nichts geändert. Es gibt Leute, die mich fragen: «Ist das überhaupt ein Fulltime-Job?» (Lacht) Nur schon die Gästeauswahl braucht sehr viel Zeit. Wir führen lange Vorgespräche und legen von jedem Gast ein grosses Dossier an. Wir bereiten uns akribisch vor. Wir wissen, wo die Konfrontationslinien liegen, wo sich die Gäste widersprechen oder einig sind. Am Schluss strukturieren wir den Talk nach Themenblöcken.

Stichwort Outfits: Sind die Kritiker da strenger, weil Sie eine Frau sind?
Was ich mich immer frage, ist: Würde man die Jackenfarbe bei einem Mann auch kommentieren? Bemerkungen zum Outfit gebe ich an die Styling-Abteilung weiter. Doch man wird anders eingeschätzt, wenn man eine Frau ist, klar. Als Korrespondentin in einem Krisengebiet war das nie ein Thema, jetzt als Moderatorin scheint es eines zu sein. Das erstaunt mich tatsächlich.

Welches war die schwierigste berufliche Phase?
Sicher der Anfang in China, Peking. Ich musste lernen, nicht nur nicht willkommen zu sein, sondern auch an meiner Arbeit gehindert zu werden. Die Sprache ist schwierig, es ist einfach hart. Jede Reportage ist eine logistische Meisterleistung. Du musst Angst haben um deine Quellen, deine Mit­arbeiter werden einvernommen, und auch ich wurde schon festgenommen.

Sind Sie zurückgekehrt, weil Sie den Druck nicht mehr ausgehalten haben?
Ich war 12, 13 Jahre in ­Asien. Ich wusste: Irgendwann kommt die Zeit, wo du nicht mehr zurückkannst, weil du den Anschluss hier verloren hast. Und irgendwann wird dir das andere Land vertrauter sein. Es war der letzte Moment, um zurückzukommen. Auch möchte ich, dass meine Kinder irgendwo Wurzeln schlagen. Stabilität ist wichtig.

Sie haben zwei Kinder. Wissen sie, was ihr Mami macht?
Klar. Wenn man beruflich so engagiert ist, kann man das nur, wenn man den Kindern erklärt, weshalb. Ich habe meine Kinder in Asien manchmal auf Reportagen mitgenommen. Ich zeigte ihnen, warum mir meine Arbeit so viel bedeutet. Ich habe ihnen die letzte «Club»-Sendung gezeigt. Und ich versuchte zu erklären, was es mit Verschwörungstheorien auf sich hat.

Sie werden im August 45, winkt die Midlife-Crisis?
Ich finde es herrlich, älter zu werden. ich geniesse es. Ich besitze jetzt noch so viel Energie. Mit 20 hatte ich dermassen viel davon, dass ich mich manchmal vor mir selber fürchtete. Jetzt kann ich sie besser lenken und gezielter einsetzen. Ich bin grundsätzlich jemand, der im Moment lebt. Ich schaue höchst selten zurück. Und plane auch nicht Jahre voraus.

Fehler gefunden? Jetzt melden

Was sagst du dazu?