True-Crime-Formate wie «Monster» boomen
Die Lust am Bösen

Filme wie «Woman of the Hour» oder Serien wie «Monster» über die Menendez-Brüder dominieren weltweit die Netflix-Charts. Geschichten über wahre Verbrechen boomen mehr denn je und befriedigen dabei diverse psychologische Bedürfnisse.
Publiziert: 28.10.2024 um 20:21 Uhr
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Der Thriller «Woman of the Hour» erzählt die wahre Geschichte des Serienmörders Rodney Alcala (Daniel Zovatto), der auf Cheryl Bradshaw (Anna Kendrick) trifft.
Foto: Keystone

Auf einen Blick

  • True Crime boomt auf Netflix und in Podcasts
  • Netflix-Film «Woman of the Hour» mit Anna Kendrick auf Platz 1
  • Neue Staffel von «Monster» über die Menendez-Brüder in den Top 5
  • Lyle und Erik Menendez wurden 1993 zu lebenslanger Haft verurteilt
  • Kim Kardashian fordert Freilassung der Menendez-Brüder
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Patricia BroderRedaktorin People

Egal, ob Serienmörder oder mordende Brüder: Geschichten über reale Verbrechen haben Hochkonjunktur. Im Netflix-Thriller «Woman of the Hour» erzählt Hollywoodstar Anna Kendrick (39), die Hauptdarstellerin und Regisseurin ist, die unglaubliche Geschichte des Serienmörders Rodney Alcala (1943–2021), der in den USA der 1970er-Jahre Teilnehmer einer Datingshow war. Der True-Crime-Streifen führt weltweit die Netflix-Charts an – auch in der Schweiz rangiert er auf Platz 1 der Film-Charts des Streaming-Giganten. Echte Verbrechen dominieren aber nicht nur die Welt des Films und der Serien, auch in den deutschsprachigen Podcast-Charts ist True Crime eines der beliebtesten Genres. Produktionen wie «Mord auf Ex», «Zeit Verbrechen» oder «Mordlust», die sich mit wahren Kriminalfällen beschäftigen, rangieren ganz weit oben in der Gunst der Hörerschaft.

Grossen Erfolg feiert auch die neue Staffel der Anthologie-Reihe «Monster». «Die Geschichte von Lyle und Erik Menendez» hat seit Erscheinen Mitte September wochenlang die Netflix-Serien-Charts angeführt und ist noch immer in den Top 5 vertreten. Das Werk von Regisseur Ryan Murphy (58) erzählt, wie Lyle (56) und Erik Menendez (53) im Jahr 1989 ihre Eltern Kitty und José ermordet haben – ein Fall, der in den frühen 90er-Jahren grosse Aufmerksamkeit erlangte. Der Prozess im Jahr 1993 wurde live im TV übertragen. Die Anklage führte damals als Tatmotiv an, dass die Geschwister an das beachtliche Vermögen des Vaters kommen wollten. Die Verteidigung und die Angeklagten beteuerten hingegen stets, dass das Verbrechen die Folge eines jahrelangen emotionalen und sexuellen Missbrauchs durch die Eltern war. Lyle und Erik Menendez wurden zu lebenslanger Haft ohne Aussicht auf Bewährung verurteilt. Die beiden Brüder sitzen derzeit in einem Gefängnis in der Nähe von San Diego (USA).

Familie fordert Freilassung der Menendez-Brüder

Das Besondere an diesem Fall: Er gerät nicht zuletzt durch die Netflix-Serie wieder ins Rollen. Anfang Oktober besuchte Kim Kardashian (44), Reality-Star und studierte Juristin, die Brüder im Gefängnis. Sie fordert, dass die beiden freigelassen werden.

Dieser Ansicht sind auch mehrere Familienmitglieder der Brüder. Erik und Lyle seien Missbrauchsopfer und würden heute anders verurteilt werden, sind sie sich sicher. George Gascón, der zuständige Bezirksstaatsanwalt von Los Angeles County, gab am Donnerstag bekannt, ein neues Strafmass von 50 Jahren bis lebenslänglich zu empfehlen. Wegen ihres Alters zur Tatzeit könnte dies eine baldige Freilassung der Brüder bedeuten. Dies motiviert wiederum viele junge Menschen, die sich aktuell für die beiden verurteilten Straftäter in unzähligen Tiktok-Videos einsetzen. Über 30 Jahre nach ihrer öffentlichen Gerichtsverhandlung werden die Menendez-Brüder erneut zu Stars – ihre orangefarbene Gefängniskluft und ihr studentenartiger Look während des Prozesses gehören in den USA dieses Jahr zu den beliebtesten Halloween-Kostümen.

Doch woher kommt diese Faszination für wahre Verbrechen? «Jeder Mensch verspürt eine gewisse Lust an der Angst – daran, sich zu fürchten, zu gruseln, sich der Illusion von Gefahr hinzugeben», erklärte der deutsche Psychiater Borwin Bandelow (72) das Phänomen im Gespräch mit «Geo». Dabei gehe es nicht darum, dass man die Verbrechen und die reale Angst selber erleben wolle. «Niemand will einem Serienkiller von Angesicht zu Angesicht begegnen», so Bandelow. Vielmehr bediene es das voyeuristische Bedürfnis eines vorgestellten Grauens, einer inszenierten Angst. «Dieser Nervenkitzel zieht uns an. Ihm setzen wir uns freiwillig aus, weil wir darauf vertrauen können, dass die Sache – zumindest für uns – gut ausgeht.»

Endorphine sorgen für Hochgefühl

In der Sicherheit unseres Wohnzimmers können wir so den unvorstellbaren Taten von Serienmörder Jeffrey Dahmer (1960–1994) – dessen Netflix-Serie ebenfalls ein Riesenerfolg war – oder den Machenschaften der Menendez-Brüder folgen. Da unser Gehirn in jeder Angst- oder Stresssituation Endorphine freisetze, würden True-Crime-Storys uns so den gewünschten Kick verschaffen, erklärt Bandelow weiter. «Die Endorphine sorgen für ein Hochgefühl, für Schmerzfreiheit, dafür, dass wir uns stark und beglückt fühlen.» Je echter die Schilderungen seien, desto effektiver werde unser Angstsystem und damit die belohnenden Botenstoffe aktiviert.

Und die Lust an True Crime scheint noch lange nicht gestillt. Nach dem Erfolg von «Dahmer» und «Lyle und Erik Menendez» hat Regisseur Ryan Murphy kürzlich eine weitere Staffel der Serie bestätigt. Staffel 3 von «Monster» soll sich um Ed Gein (1906–1984) drehen. In die Rolle des berühmt-berüchtigten Serienmörders, der bereits Filme wie «Psycho», «The Texas Chainsaw Massacre» oder «Das Schweigen der Lämmer» inspirierte, soll TV-Star Charlie Hunnam (44) schlüpfen.

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