Alles nur ein Schwindel? Im September 2020 kündigte die SRG eine massive Sparrunde von 50 Millionen Franken an, nachdem die kommerziellen Einnahmen seit 2017 um fast 100 Millionen Franken gesunken waren. Von 2018 bis 2020 waren bereits rund 100 Millionen Franken eingespart worden, nun war erneut eine Justierung nötig. Zudem gab SRG-Chef Gilles Marchand (60) bekannt, dass rund 250 Vollzeitstellen gestrichen werden müssen. Das Kostensenkungspaket sollte bis 2024 abgeschlossen sein.
Ein Vorauszug des SRG-Geschäftsberichts zeigt nun aber, dass die Ausgaben seit der Ankündigung explodieren. Die Betriebskosten erhöhten sich im letzten Jahr um 50 Millionen, von 1,46 auf 1,51 Milliarden Franken. Und auch bei den Mitarbeitenden wurde nicht dramatisch gespart: 2021 sanken die Personalkosten um nur 13 Millionen Franken. Das bedeutet ein Minus von genau 1,6 Prozent. Dies enthüllt die «Weltwoche» in ihrer aktuellen Ausgabe. 1,6 Prozent seien «Peanuts». «Die normale Fluktuation bei der SRG beträgt gut 6 Prozent. Die Spitze tat also nichts anderes, als jede vierte Stelle, die intern frei wurde, nicht neu zu besetzen», schreibt Kurt W. Zimmermann (70). Nicht nur zeitlich ungeschickt wirkt in diesem Zusammenhang: Ihren bisherigen variablen Leistungsbonus lassen sich die SRG-Kaderleute künftig als Fixlohn auszahlen, wie diesen Februar bekannt wurde.
Die SRG behauptet gegenüber Blick, dass das Kostensenkungsprogramm, das 2020 plangemäss gestartet sei, weiter umgesetzt werde. «Der ausgewiesene Gesamtaufwand im 2021 stieg aber gegenüber 2020 insbesondere aufgrund der Durchführung von grossen Sportereignissen und aufgrund von weniger coronabedingten Einschränkungen bei der Produktion von Sendungen», erklärt SRG-Sprecherin Lauranne Peman. Konkret meint sie vor allem die Olympischen Spiele und die Fussball-EM.
SRG argumentiert mit Sportereignissen und mehr Produktionen
Brisant: Der Aufwand für Produktionskosten von Dritten nahm laut Geschäftsbericht um über 40 Millionen Franken zu. Die SRG-Sprecherin gibt zu bedenken, «dass die grossen Sportereignisse zu höheren Kosten geführt» haben. Aber auch ausgesetzte Unterhaltungsshows seien letztes Jahr wieder aufgenommen worden, wie der «Samschtig-Jass» oder «Potzmusig».
Bei den oft genannten zusätzlichen Aufwänden zur Behebung technischer Probleme – kolportiert wurden Umfänge von bis zu 400'000 Franken pro Monat – handelte es sich gemäss SRG nicht um Zusatzkosten. «Es sind Personalkosten von festangestellten SRF-Mitarbeitenden. Zusätzliche Mittel sind also nicht nötig, sondern es werden andere Projekte zurückgestellt.»
Dass die Kosten trotz Sparankündigungen «durch die Decke gehen», wie die «Weltwoche» schreibt, wehrt die SRG entschieden ab. Gerade bei den Sportevents müssten auch die zur Last fallenden Rechtekosten berücksichtigt werden.
Generell beruft man sich darauf, dass 2021 auch aus buchhalterischer Sicht ein absolutes Ausnahmejahr gewesen ist und man mit der Umsetzung des Sparziels noch bis 2024 Zeit habe.
Initiativkomitee fühlt sich bestätigt
Politisch segelt die SRG damit allerdings hart am Wind. Denn die Unterschriftensammlung für die sogenannte Halbierungs-Initiative, welche die SRG-Gebühren auf 200 Franken deckeln will, ist in den Startlöchern. Beim bürgerlichen Initiativkomitee sieht man sich nun bestätigt. «Man muss sich nicht wundern, dass die SRG die verfügbaren Mittel auch ausreizt», sagt Gregor Rutz (49), SVP-Nationalrat und Co-Präsident des Initiativkomitees. Er ortet widersprüchliche Signale seitens der Politik. Letztere müsse nun «dringend den Auftrag der SRG eingrenzen, damit diese sich auf den Service public konzentriert». Ähnlich klingt es auch bei Gewerbeverbandspräsident Hans-Ulrich Bigler (64), ebenfalls im Initiativkomitee: «Für mich gibt es Fragezeichen, ob die SRG ihre Versprechen einhält.»
Von der Rechtfertigung für die höheren Kosten mit dem Ausnahmejahr 2021 hält Rutz wenig. «Zu einem Sparprogramm gehört es, dass höhere Ausgaben in einem Bereich mit Zurückhaltung in einem anderen kompensiert werden», sagt er. Dass das offensichtlich nicht geschehen sei, sei «betriebswirtschaftlich bedenklich».
De Weck vs. Marchand
In dieselbe Kerbe schlägt auch «Weltwoche»-Medienexperte Zimmermann. «Selbst ein Erstsemester-Wirtschaftsstudent merkt, dass es suboptimal ist, wenn man auf vier Jahre 50 Millionen sparen soll und dann schon im ersten Jahr 50 Millionen mehr ausgibt», sagt er zu Blick. Und in Bezug auf Gilles Marchand, der für die Zahlen die oberste Verantwortung übernehmen muss, meint er: «Man hat schon länger den Eindruck, dass sein Vorgänger Roger de Weck der effizientere Kostenmanager gewesen ist als Marchand.»
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