Vom Kleinkriminellen zum grossen Schweizer Mundart-Musiker
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Redaktor zu Endo Anaconda:Vom Kleinkriminellen zum grossen Schweizer Mundart-Musiker

Stiller-Has-Kollegen nehmen Abschied
«Endo Anaconda ist an den Folgen von Lungenkrebs verstorben»

In der Nacht auf Mittwoch ist im Alter von 66 Jahren überraschend der Berner Sänger, Songwriter und Autor Endo Anaconda gestorben. Seine Lebenslust war ansteckend, doch er kannte auch die dunklen Seiten. So ist grosse und zeitlose Schweizer Liedkunst entstanden.
Publiziert: 03.02.2022 um 09:41 Uhr
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Aktualisiert: 03.02.2022 um 10:05 Uhr
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«Ein charismatischer Tornado»: Endo Anaconda, aufgenommen 2018.
Foto: Thomas Meier
Jean-Claude Galli

Die Grossen der Schweizer Musikszene zollen Endo Anaconda (†66) in den sozialen Medien Tribut, insbesondere die Berner, von Patent Ochsner über Züri West bis Stephan Eicher (61). Und sogar Bundesrat Alain Berset (49) zieht auf Facebook den Hut. «Die Schweiz hat einen Musiker und Poeten der besonderen Art verloren. Seine gewaltige Bluesstimme hat uns oft ‹der Aare naa, dere schöne, schöne, schöne grüene Aare naa› begleitet», spielt der Kulturminister auf einen der bekanntesten Songs an.

In der Nacht auf Mittwoch ist der 1955 als Andreas Flückiger in Burgdorf geborene Sänger und Songschreiber gestorben, wie die Tamedia-Zeitungen gestern meldeten. Auf der Website von Stiller Has nehmen seine Bandkollegen Abschied: «Endo Anaconda ist nach kurzer Krankheit am 1. Februar 2022 an den Folgen von Lungenkrebs für uns alle unerwartet schnell verstorben. Wir vermissen dich.» Nach dem frühen Tod seines Vaters wuchs Anaconda bei seiner Mutter in Österreich auf, bevor er Anfang der 80er-Jahre nach Bern zurückkehrte und 1989 mit Balts Nill (68) die Band Stiller Has gründete. Songs wie «Znüni näh», «Moudi» oder «Walliselle» sind gerade durch ihre einzigartige Widerborstigkeit jenseits des Mainstreams ins Schweizer Kulturgut eingegangen.

Dem wilden Leben Tribut gezollt

Die Bestürzung über den unerwarteten Verlust ist umso grösser, weil sich Anaconda zuletzt von den Drogen verabschiedet und sogar dem Alkohol abgeschworen hatte. «Seit November sind wir alle trocken, eigentlich ist das hier ein Reha-Projekt, und wir könnten uns ‹Endo and the Rehabs› nennen», scherzte er, als ihn Blick 2020 unmittelbar vor dem Lockdown letztmals länger besuchte. Damals probte er in Olten SO mit seiner neu formierten Band gerade für die kommende Tour mit seinem Stiller-Has-Abschiedsalbum «Pfadfinder». Zum Verzicht gebracht hatten ihn gesundheitliche Probleme – «die cheibe Läbere» – und ein Entschluss: «Das Bandprojekt Stiller Has kommt hiermit zu einem Ende», sagte er. «Rock 'n' Roll ist anstrengend und macht müde. Und irgendwann möchte ich auch noch ein wenig leben und auf Reisen gehen.»

Denn auch wenn er mit seiner beeindruckenden Körperlichkeit stets furchtlos und schier unverwundbar wirkte, wollte er eines nicht: «mit 70 als Rocktrottel in einen Orchestergraben stürzen». Was nun auf die traurigste Weise unmöglich geworden ist. Frischen Lebensmut gab dem dreifachen Vater in den letzten Jahren auch eine neue Liebe. Beim 60-Jahr-Jubiläum von Blick 2019 zeigte er sich erstmals mit der Aargauerin Sonja Schnider (51) zusammen. «Wir hatten beide anfangs noch je viel zu klären. Das haben wir inzwischen gemacht», schwärmte er damals.

Trotzdem klangen manche Textzeilen auf «Pfadfinder» bereits prophetisch für eine Zukunft jenseits von hier: «I würd flüge mit de Chräie, u vo obe abeschysse.» Endo Anaconda grandios quer wie immer, bis zuletzt. «So long, Hasi, so long»!

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