Vor 15 Jahren wurde Christa Rigozzi (38) Miss Schweiz
«Echtheit ist mir wichtiger, als beliebt zu sein»

Bodyshaming, Kritik zu ihrer Teilnahme an der Impfkampagne des Bundes, die Miss-Wahl und das Leben als arbeitende Mutter: Es sind viele Themen, über die Moderatorin Christa Rigozzi im Blick-Interview offen spricht.
Publiziert: 27.09.2021 um 00:36 Uhr
|
Aktualisiert: 27.09.2021 um 11:59 Uhr
1/19
Die Tessiner Moderatorin Christa Rigozzi weiss heute genau, was sie will und was nicht.
Foto: Ellin Anderegg
Interview: Flavia Schlittler

Sie ist die Miss aller Missen. Vor 15 Jahren holte sich Christa Rigozzi (38) die Krone. Schon während ihres Amtsjahres verdiente sie mehr als eine halbe Million, keine vor oder nach ihr wurde mehr gebucht, war beliebter. Das Ende der Schönheitsköniginnen-Ära endete im November 2020 mit dem Konkurs der Organisation. Die heutige Tessiner Moderatorin äussert sich im Blick-Interview zu ihrer damaligen Wahl, ihrem Engagement für die Impfkampagne des Bundes, negativen Kommentaren, Bodyshaming und ihren Erfahrungen als arbeitende Mutter.

Würden Sie heute wieder an einer Miss-Schweiz-Wahl teilnehmen?
Christa Rigozzi: Wäre die Wahl genau so, wie sie 2006 war, dann auf jeden Fall. Doch es müsste eben das gleiche Konzept beinhalten, mit denselben Leuten wie dazumal. Dass ich da gewonnen habe, bedeutete das Sprungbrett für meine Karriere, wofür ich sehr dankbar bin und was ich nie vergessen werde. Doch mir ist auch klar, dass eine Wahl mit Bikini-Durchgang heute nicht mehr zeitgemäss ist. Leider wurde es verpasst, dieses Format viel früher weiterzuentwickeln, dann hätte es nicht verschwinden müssen, was ich sehr schade finde.

Sie waren einst die beliebteste und erfolgreichste Miss, heute sind Sie Mutter, Moderatorin und Botschafterin – unter anderem für die Impfkampagne des Bundes, was wohl nicht nur Sympathien brachte.
Nein, es gab auch negative und kritische Kommentare. Mit denen lebe ich, seit ich mich mit Giovi dazu entschieden habe, mein Leben und das meiner Familie täglich in Social Media zu zeigen. Seien dies meine Jobs oder das Privatleben. Ich zeige nichts als die Realität, alles ist echt, nichts gekünstelt. Ich habe mich impfen lassen, weil ich glaube, dass es richtig ist. Und das wollte ich auch auf meinen Plattformen zeigen, weil ich zu meiner Meinung immer stehe. Wir haben das Glück, in einer Demokratie mit freier Meinungsäusserung zu leben. Als mich Bundesrat Alain Berset und sein Team angefragt haben, habe ich sie sofort und kostenlos unterstützt. Wäre ich eine Corona-Massnahmen-Gegnerin, hätte ich wohl genauso viele Sympathien und Kritiken erhalten. Ich denke, das ist bei einem so polarisierenden Thema gar nicht anders möglich.

Als Miss war es Ihr Kapital, dass Sie so beliebt sind. Ist Ihnen dies heute nicht mehr so wichtig?
Mir ist wichtig, dass es meiner Familie gut geht. Während der Pandemie habe ich sehr viel gelernt. Vor allem, dass es nichts Wichtigeres gibt als Gesundheit. Ich wünsche allen von Herzen, dass wir bald wieder so leben können wie davor. Echtheit ist mir wichtiger, als beliebt zu sein. Ich sehe andere Prioritäten wie etwa gegenseitige Unterstützung und Solidarität.

Wie sehr hat die Pandemie Sie verändert?
Sie hat mich persönlich sehr betroffen, vor allem privat. Ich konnte meine Liebsten für lange Zeit nicht mehr umarmen und küssen, das war sehr schwer. Meine Freunde habe ich mehr als ein Jahr lang nicht mehr live gesehen, alles fand nur noch, wie bei vielen anderen, per Videocall statt. Beruflich stand auch alles still. Aber ich war gesund, habe die Zeit anfangs für mich genossen und genutzt, um anderes zu machen, Neues zu lernen, verschiedene Rezepte auszuprobieren. Aus der Krise ist Neues entstanden, nicht alles war negativ. Heute bin ich stärker als vor einem Jahr. Ich habe die Pandemie, die noch nicht vorbei ist, bis jetzt gut überstanden. Ich kann vieles machen, doch das Wichtigste ist wirklich die Gesundheit.

Sie waren während des Lockdowns zu Hause. Wie war das für Ihre Ehe?
Wir haben ein grosses Haus. Wir alle, auch Alissa und Zoe, haben unseren eigenen Platz, unsere eigenen Zimmer und wir haben einen grossen Garten. Giovi und ich haben uns immer individuelle Auszeiten gegönnt. Wir sind also die Letzten, die sich beklagen müssten. Ich kenne Familien, die in einer Zwei-Zimmer-Wohnung ohne Balkon wohnen. Aber klar, auch für meinen Mann und mich war der gegenseitige Austausch noch wichtiger sowie nichts anstehen zu lassen und oft auch geduldig zu sein.

Sie haben wieder viele Moderations-Engagements.
Ja, und das ist grossartig. Ich habe ein echtes Lächeln, ein direktes Feedback, einen Live-Applaus und vor allem die Nähe zu den Menschen sehr vermisst. Nach einem Auftritt wieder die ganzen Gesichter zu sehen, spontane Gespräche, die entstehen, und all die Emotionen, die sich daraus ergeben – das ist für uns alle doch so wichtig. Menschen brauchen Menschen.

Auch an Ihnen als arbeitende Mutter gibt es immer wieder Kritik. Finden Sie dies heute noch zeitgemäss?
In diesem Jahr feiern wir erst das 50. Jubiläum des Frauenstimmrechts. Ich bin 38 und finde es unglaublich, dass das noch gar nicht so lange für alle Frauen unseres Landes gilt. Wir sind noch weit weg von der Vorstellung, dass die Mutter arbeitet und der Vater zu Hause bleibt. Es wird zwar teils gemacht, aber noch zu selten, was ich nicht mehr zeitgemäss finde. Dafür müssen wir noch lange kämpfen. Nicht rechtlich, aber in den Köpfen. Wir haben noch einen langen Weg zu einer kompletten Emanzipation vor uns. Wenn ich zur Arbeit gehe, werde ich noch heute gefragt, wo meine Kinder sind. Wenn mein Mann zu einem Geschäftstermin geht, fragt ihn niemand, wo seine Kinder sind.

Welche Fragen darf man heute einer Frau nicht mehr stellen?
Keine. Eine Frau, mit grossem F geschrieben, kann jede Frage beantworten, wenn sie will.

Fragen, die man auch Männern stellen sollte?
Fragen nach dem Gefühl. Wie fühlst du dich heute?

Die letzten Jahre war auch Ihr Gewicht immer wieder ein Thema in den Medien, einzelne Fotos von Ihnen werden in Social Media noch heute kommentiert mit: «Iss endlich etwas!» Was löst dies bei Ihnen aus?
Nichts, ich lache darüber, währenddem ich esse. Ich esse viel, das wissen alle, die mich kennen. Gerade in der Pandemie habe ich zwei Kilo zugenommen. Ich bin gesund und sehr fit. Der Kampf gegen Bodyshaming ist ein weiteres, wichtiges Thema, dessen wir alle uns dringend annehmen müssen.

Was möchten Sie in den nächsten zehn Jahren erleben?
Die Bekämpfung der Pandemie und das Aussterben der Malaria, woran noch heute alle zwei Minuten ein Kind stirbt. Damit Aufklärung betrieben wird, Medikamente finanziert werden können, setzte ich mich neu als Botschafterin der Swiss Malaria Group mit viel Herzblut ein, denn dies ist ein wichtiger Kampf. Privat wünsche ich mir ein normales Leben und weltweites Reisen. Meinen 40. Geburtstag mit einem tollen Fest und vielen Leuten feiern zu können. Und einkaufen ohne Maske.

Christa Rigozzi und ihre Familie machen Ferien
0:47
Relax in Florida:Christa Rigozzi und ihre Familie machen Ferien
Miss, Moderatorin, Mutter

Ihr Studium der Kommunikationswissenschaft und Kriminologie schloss Christa Rigozzi (38) mit Note 5,5 ab. Die Tessinerin entwickelte sich von der Miss Schweiz 2006 zur beliebten Moderatorin von TV-Unterhaltungs-formaten wie «Bauer, ledig, sucht ...», «Die grössten Schweizer Talente» und der Politsendung «Arena/Reporter». 2010 heiratete sie ihre Jugendliebe, den Innenausstatter Giovanni Marchese (44). Das Paar lebt mit seinen bald fünfjährigen Zwillingen Alissa und Zoe in der Tessiner Gemeinde Monte Carasso.

Ihr Studium der Kommunikationswissenschaft und Kriminologie schloss Christa Rigozzi (38) mit Note 5,5 ab. Die Tessinerin entwickelte sich von der Miss Schweiz 2006 zur beliebten Moderatorin von TV-Unterhaltungs-formaten wie «Bauer, ledig, sucht ...», «Die grössten Schweizer Talente» und der Politsendung «Arena/Reporter». 2010 heiratete sie ihre Jugendliebe, den Innenausstatter Giovanni Marchese (44). Das Paar lebt mit seinen bald fünfjährigen Zwillingen Alissa und Zoe in der Tessiner Gemeinde Monte Carasso.

Fehler gefunden? Jetzt melden

Was sagst du dazu?