Ein Herz aus roten Blumen, versehen mit einem Goldband. Darauf die Worte: «In Liebe, Mama & Papa». Es ist der letzte Abschied für den Hochseilartisten Freddy Nock (†59), der am 7. Februar aus dem Leben schied. «Auch der Himmel weint um Freddy» – so begrüsst der Zirkusseelsorger Adrian Bolzern (44) Hunderte Trauergäste in einem eigens für den weltbekannten Hochseilartisten aufgestellten Zirkuszelt in Märstetten TG. Es ist ausgestattet mit vielen Kerzen und weissen Blumen auf den Tischen.
Über der Bühne ist der Balancierstab von Freddy Nocks Papa zu sehen. Dieser war schon mit dem fünfjährigen Sohn auf dem Seil. Nebendran ist Nocks bekanntes rotes Lederoutfit mit dem Schweizerkreuz ausgestellt. Man hört das Prasseln des Regens draussen, im Zelt sieht man Tränen des Mitgefühls der Menschen, die gekommen sind, um sich vom Extrem-Sportler zu verabschieden. Für Freddy Nocks fünf Kinder und seine Eltern war es ein besonders schwerer Gang.
Alfredo Nock weint um seinen Sohn
Vater Alfredo Nock (84) trauert und weint um seinen Freddy. «Er war so ein lieber Sohn. Wir hatten eine sehr schöne Beziehung, er war ständig bei uns. Bei allen Sorgen, die Freddy hatte, er war einfach ein lieber Mensch», sagt er unter Tränen zu Blick.
Mit besonders berührenden und auch heftigen Worten ergreift Kimberly Nock (26) stellvertretend für die Familie das Wort. Am liebsten hätte sie die letzten Jahre ihres Vaters nicht erwähnt, denn er sei so sehr viel mehr gewesen als das. Doch das sei nicht möglich. Viele Fragen seien aufgeworfen worden, vieles davon öffentlich bekannt. Die Hochs und Tiefs des Hochseilartisten. Anklagen und Freisprüche, der Sorgerechtsstreit um seinen geliebten 12-jährigen Sohn.
Der Hochseilartist war innerlich zerbrochen
Kimberly Nock erzählt: «Am 11. 12. 2019, einen Tag nach Papis Geburtstag, musste er vor Gericht. Man gab uns Hoffnung, er würde mit uns nach Hause kommen. Doch er wurde im Gerichtssaal in Handschellen abgeführt. Er blickte uns in die Augen. Da wussten wir, er ist innerlich zerbrochen», sagt sie und ergänzt gefasst: «Papi hat viel Dunkelheit erlebt. Als Extremhochseilartist war er unschlagbar, als Privatperson hat er für seine Familie gekämpft. Er hatte vier unberechtigte Inhaftierungen, wurde nicht mehr ernst genommen und wie ein Schwerverbrecher behandelt. Auch nach dem Freispruch wurde ihm die Existenzgrundlage genommen. Papi hat sehr viel Leid erlebt.»
Die letzten vier Jahre hätten sein Leben komplett bestimmt. Den gesellschaftlichen Freispruch habe er nie bekommen. Mit direkten Worten wendet sich Kimberly Nock an ihren Vater: «Papi, wir sind unglaublich dankbar, dass du unser Vater warst. Du warst ein Künstler, wie es ihn auf der Welt kein zweites Mal gibt. Hilfsbereit und liebevoll hast du dich auch immer für Schwächere eingesetzt.»
Sie und ihre Familie würden hoffen, die Antworten zu erhalten, die sie von ihrem Vater nicht mehr erhalten werden. Weinend und liebevoll verabschiedet sich Kimberly Nock mit den Worten: «Papi, jetzt darfst du wieder glücklich sein. Gemeinsam werden wir die Zeit durchstehen und uns immer daran erinnern, dass du uns das Leben geschenkt hast.»