«Hier kann ich meine Auftritte machen»
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Gesund im Alter:«Hier kann ich meine Auftritte machen»

Toni Vescoli über 58 Jahre Ehe
«Ich war Ruthli fast immer treu»

Ihre grosse Liebe feierte schon das goldene Jubiläum. Blick erzählt der bekannte Schweizer Musiker über den ersten Augenblick mit Ruth an einer Jukebox, den Summer of Love und was hinter der nicht ganz immer treuen Aussage steckt.
Publiziert: 12.05.2024 um 17:27 Uhr
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Aktualisiert: 12.05.2024 um 20:49 Uhr
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Toni und Ruth Vescoli sind seit 58 Jahren verheiratet. Chihuahua Pippa haben sie vor fünf Jahren auf Teneriffa gekauft. Zu dritt leben sie in Wald ZH.
Foto: Philippe Rossier

Für ihre Liebe wurden Toni Vescoli (81) und Gattin Ruth (90) einst gebüsst. «Zwei uniformierte Polizisten standen vor unserer Tür in Dietikon und brachten uns mit dem Streifenwagen zur Einwohnerkontrolle. Da erfuhren wir, dass wir gemeldet wurden, weil wir unverheiratet zusammenlebten. Dafür mussten wir 250 Franken Konkubinatsstrafe bezahlen», erzählt der Musiker.

Deswegen heirateten sie kurz darauf. Am 17. Januar 1966, nach einem halben Jahr Beziehung. Das ist 58 Jahre her. «Wir liessen uns nie aufhalten. Egal, wie gross der Gegenwind war.» Und den gab es, mehr als einmal. Seine Bandkollegen und sein Management fanden damals, ein junger, verheirateter Musiker würde seine weiblichen Fans abschrecken. Vescoli hat dies nie so wahrgenommen, wie er sagt.

Groupies waren Alptraum seiner Frau

Ein Jahr später feierten Hippies weltweit ihren «Summer of Love», kulturelle Vermischung, Individualismus, Meinungsfreiheit und das sexuelle Erwachen. «Es war eine unglaublich wilde und schöne Zeit», erinnert sich der Frontmann seiner Band «Les Sauterelles». «Wir standen mit langen Haaren und bemalten Oberkörpern auf der Bühne. So haben wir uns befreit – von Kleinbürgertum und Intoleranz. Das kam überall sehr gut an.» Am 14. April 1967, konnten die Heuschrecken – so die Übersetzung ihres Bandnamens –, vor den Rolling Stones im Zürcher Hallenstadion auftreten.

Groupies vor der Tür, auch das kannten die Vescolis. Was er genoss, war ihr Alptraum. «Ruthli war sehr eifersüchtig. Das hat mir geschmeichelt, aber mich auch eingeengt». Sie hätten daran gearbeitet, mehr Toleranz zuzulassen. Ein Spagat. Denn sie hatten andere Ausgangslagen. Sie brachte zwei Kinder in die Ehe, ist über acht Jahre älter und mag öffentliche Auftritte nicht besonders. «Einerseits bin ich ein Familienmensch und habe Ruthli vom ersten Moment an geliebt und begehrt. Das ist heute noch so. Andererseits war ich ein Freigeist und ständig auf Tour». Ruth war stets dabei, die Band auf sie angewiesen, «weil sie als Einzige von uns Auto fahren konnte.»

1968 wurden Ruth und Toni Vescoli Eltern von Natalie. Toni Vescoli, mit 26 Jahren Vater und auf dem Zenit seines Erfolgs. Mitte der 70er-Jahre büxte er aus. «Ich war Ruthli fast immer treu», sagt er rückblickend lachend. Konkret. «Ich habe sie einmal betrogen.» Und flog auf. Damals arbeitete er als Unterhaltungsredaktor beim Schweizer Fernsehen. «Es war ein blöder Zufall. Ich telefonierte mit meiner Affäre, als mich zeitgleich Ruthli anrief. Irgendwie wurde das technisch gekoppelt. So hat meine Frau alles gehört. Das war schon happig. Wir haben lange darüber diskutiert. Sie konnte mir verzeihen, ich habe das Verhältnis beendet. Auf keinen Fall wollte ich meine Liebste verlieren.»

Erotische Anziehung hat nie abgenommen

Es sei der einzig ernsthafte Ausrutscher gewesen, wie er es nennt. «Ruthli ist meine grosse Liebe, vom ersten Moment an, als wir uns 1964 an einer Jukebox begegnet sind. Sie hat mich in ihrem schönen Wesen immer fasziniert. Das ist auch heute noch so.» Sie seien auch körperlich voneinander angetan. «Die erotische Anziehung hat bei uns nie abgenommen. Es gibt auch keinen Moment, wo wir aneinander vorbeigehen, ohne einander zu berühren. Wir stehen einfach total aufeinander», schwärmt Vescoli, der mit seiner Gattin und Chihuahua Pippa in Wald ZH lebt.

Das Geheimnis ihrer Ehe definieren beide als eine Mischung aus Liebe, Anziehung, Humor und Ritualen. «Und wir haben das Privileg, dass bei uns kein Tag ist wie der andere, ich immer noch regelmässig auftrete. Wir haben Kinder, einen Enkel, einen Hund, gute Freunde und unser Winterdomizil auf Teneriffa.»

Die Vescoli-Rituale seien ein weiterer Bestandteil ihrer Beständigkeit. «Ich bringe Ruthli jeden Morgen um zehn einen Kaffee ans Bett. Sie liest dabei Zeitung, ich setze mich an den Compi. Um halb zwölf brunchen wir, täglich mit sieben verschiedenen Nüssen. Danach gönnen wir uns ein Nickerli. So um sechs heisst es bei uns Apérozeit, dann Abendessen mit einem Glas Rotwein. Zu Bett gehen wir immer zusammen.»

Es gebe keinem Tag, an dem sich die beiden nicht «Ich liebe dich» sagen würden, keinen ohne körperlichen Zärtlichkeiten und Komplimente. «Ruthli hört von mir ständig, dass sie eine schöne Frau ist.» Ihre Liebe wollen sie weiterhin zelebrieren und geniessen. Gedanken, was passiert, wenn einer der beiden stirbt, stellen sie beiseite. «Mir ist klar, dass wir alle ein Ablaufdatum auf dem Rücken haben. Doch niemand weiss, was emotional passiert, wenn es so weit ist. Wir haben den Vorsorgeauftrag und das Testament gemacht», so Vescoli, der Ruthli anstrahlt und sagt: «Es ist nicht selbstverständlich, dass wir schon so lange miteinander zusammen sein und die schönste Liebe erleben dürfen. Wir sind beide sehr dankbar dafür.»

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