Fabienne Louves lässt sich zur Hunde-Coiffeuse ausbilden
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Statt neuen Songs frisiert sie:Fabienne Louves lässt sich zur Hunde-Coiffeuse ausbilden

Statt neuen Songs übt sie jetzt an Henry und Filou
Fabienne Louves lässt sich zur Hunde-Coiffeuse ausbilden

Eine Sängerin, die Hunde frisiert. Ein Kunstturner, der im Contact Tracing arbeitet. Oder eine Schauspielerin, die Texte übersetzt. Schweizer Kulturschaffende wissen sich während der Pandemie zu helfen und orientieren sich um.
Publiziert: 26.02.2021 um 00:58 Uhr
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Aktualisiert: 07.05.2021 um 13:57 Uhr
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Lässt sich zur Hundecoiffeuse ausbilden: Musicalstar Fabienne Louves mit ihrem Hund Henry (links) und dessen bestem Freund Filou.
Foto: zvg
Michel Imhof, Patricia Broder, Flavia Schlittler und Katja Richard

Die Schweizer Kultur- und Unterhaltungsbranche ist von der Corona-Pandemie stark betroffen. Seit Monaten finden keine Konzerte oder Veranstaltungen mehr statt, es gibt keine Anlässe oder Premierenfeiern, alle Auftritte wurden auf unbestimmt verschoben oder abgesagt. Eine bittere Pille für all diejenigen, deren Arbeit mehrheitlich im Rampenlicht und vor Publikum stattfindet. Für viele der Künstlerinnen und Künstler ist dies allerdings kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken – im Gegenteil. Sie arbeiten erst recht an neuer Musik, orientieren sich um, gehen einem neuen Hobby nach oder erfinden sich beruflich komplett neu. So arbeitet Schauspielerin Isabelle Flachsmann derzeit als Autorin und Englisch-Übersetzerin, «Die grössten Schweizer Talente»-Gewinner Jason Brügger unterstützt in einer Schule Kinder als Betreuer. Schauspielerin Tonia Maria Zindel lernt Ukulele und Sänger Lucas Fischer hilft, die Corona-Ansteckungen im Kanton Aargau tief zu halten. Fabienne Louves lässt nun auch Hunde schöner werden.

Musicalstar Fabienne Louves (34): S ieben verschiedene Scheren hat sie schon

Fabienne Louves ist auf den Hund gekommen: Die Sängerin beginnt Anfang März eine Ausbildung zur Hundecoiffeuse. «Da seit Monaten alle Auftritte gestrichen sind, habe ich mir überlegt, was ich neben dem Theater noch für ein Standbein aufbauen könnte», sagt die gelernte kaufmännische Angestellte zu BLICK. «Auf einen KV-Job hatte ich keine grosse Lust. Viel lieber wollte ich was im Bereich Kosmetik und Haare machen», erklärt die ehemalige «MusicStar»-Gewinnerin. Schliesslich inspirierte sie ihr Hund Henry, den sie und ihr Freund Luca Schneider (32) seit letztem Mai haben, zu einem ganz speziellen Job: Hundecoiffeuse. «Ich habe mit Henry mehrfach einen Salon besucht, weil bei einem Apricot-Pudel alle vier Wochen die Haare geschnitten werden müssen. Die Arbeit dort hat mir so gut gefallen, dass ich dachte: Das will ich auch machen», sagt Louves.

Zu Hause hat die Luzernerin erst mal mit Hilfe von Youtube-Videos an ihrem Hund geübt und durfte kurze Zeit später im Hundesalon Die Hundecoiffeurei in Zürich in die Schnupperlehre gehen. «Das war aufregend, spannend, aber auch sehr anstrengend. Bei einem Hund ist alles ganz anders als bei einem Menschen», erklärt Louves, deren Mutter gelernte Coiffeuse ist. «Die Duschbrause und den Haartrockner muss man viel kontrollierter und ruhiger halten, und wenn der Hund keine Lust mehr hat, dann lenkt man das Tier auch manchmal mit einem Leckerli ab oder probiert es zu beruhigen – alles Dinge, die man bei menschlichen Kunden nicht beachten muss», lacht sie. «Jeder Hund ist anders, und das Arbeiten mit ihnen macht grossen Spass und inspiriert mich», schwärmt die Sängerin. «Aber ich bin mir auch bewusst, dass der Beruf als Hundecoiffeuse nicht der einfachste ist.»

Ab März geht es mit Louves' Ausbildung richtig los. Die passende Ausrüstung hat sie bereits beisammen: sieben verschiedene Scheren, Kämme, ein Trimmmesser, eine Schermaschine und ganz viel mehr. Der Musik und ihren Theaterauftritten bleibt die Künstlerin trotz ihres neuen Jobs treu: «Sobald ich wieder auftreten kann, werde ich das tun. Es sind auch schon Theaterprojekte für den Sommer und Winter geplant, falls Corona es zulässt. Aber es tut gut, auch eine andere Perspektive zu haben. Ich kann nicht nur den ganzen Tag zu Hause sein und Serien schauen.»

Ihre Arbeit als Hundecoiffeuse will Louves auch nach Corona behalten: «Am liebsten würde ich irgendwann mein eigenes Geschäft eröffnen, das dann Sir Henry's Hundesalon heissen könnte. Benannt nach meinem Lieblingshund.»

Ex-Kunstturner und Sänger Lucas Fischer (30): Aargauer werden von ihm als Contact-Tracer angerufen

Wenn sie im Kanton Aargau wohnen und in Quarantäne oder Isolation müssen, könnte Sie eine bekannte Stimme anrufen. Der Musical-Darsteller und Sänger Lucas Fischer (30) arbeitet seit einem Monat im Contact-Tracing-Center in Aarau und hilft mit, die Ansteckungen mit dem Coronavirus in seinem Heimatkanton weiter einzudämmen. «Mich haben schon ein paar Menschen am Hörer erkannt», meint Fischer lachend.

Zu Beginn habe es ihn Überwindung gekostet, eine Stelle zu suchen, gibt Fischer zu. «Ich hatte erst Gewissensbisse, weil ich es als Schritt gegen die Verwirklichung meines Traums sah», sagt er. «Viele sehen es als selbstverständlich an, dass Kulturschaffende sich nun umorientieren müssen.»

Die Gewissensbisse haben sich nun gelegt. Mit der Arbeit, die der Ex-Kunstturner seit einem Monat ausübt, ist er glücklich – auch wenn sie ihm manchmal nahegeht. «Es gibt Telefonate, da hört man, wie schlecht es dem Gegenüber wegen Corona geht», erklärt er. Zudem seien klar nicht alle Menschen erfreut, wenn sie in Quarantäne gehen müssen. «Aber grösstenteils erfahre ich viel Dankbarkeit und bin froh, dass ich etwas zur Besserung der aktuellen Lage und zu den Schritten zurück zur Normalität beitragen kann», meint er. «So dass wir bald wieder unser Leben zurückhaben und Kultur erleben können.»

Die Corona-Pandemie traf Fischer hart. Nur wenige Tage nach der Premiere des Musicals «Der Löwe, der nicht schreiben konnte» wurden Veranstaltungen verboten. Das Stück, in dem Fischer einen Affen und einen Löwen spielt, wird nun erst voraussichtlich im November 2021 wiederaufgenommen. «Ich vermisse die Bühne sehr. Mir fehlen diese Atmosphäre und das Gefühl, auf der Bühne vor einer Menge zu stehen», sagt er.

Vorbereitet auf die Öffnung ist er. Seit zweieinhalb Jahren steht er im Studio, um sein erstes Album auf den Markt zu bringen. «Ich habe auch während der Pandemie Vollgas gegeben und immer weitergearbeitet», sagt Fischer. «Ich hoffe, das zahlt sich aus.»

DJ Tanja La Croix (38): Kann nicht live auflegen, aber trotzdem ihren Job ausüben

Auch La Croix hat seit vergangenem August keine Live-Auftritte mehr. Trotzdem kann die St. Gallerin in ihrem Job bleiben, wie sie BLICK erklärt. «Das Auflegen als DJ ist zwar das Herzgeschäft, macht aber nicht den ganzen Teil meiner Arbeit aus – im Gegenteil. Während der Pandemie konnte ich meine Marke als Tanja La Croix sogar stärken», sagt sie. «So konnte ich meine Tätigkeit als Markenbotschafterin noch weiter ausbauen, habe viele Werbeaufträge angenommen, Live-Streams, Videos und Fotoshooting umgesetzt und konnte mich insbesondere auch mehr um meine insgesamt über 200'000 Fans auf Instagram und Facebook kümmern.» Auch neue Songs hat La Croix während Corona produziert. Ihre neue Single «Deep into the Night» ist vor wenigen Tagen erschienen, sie war damit bereits auf Radiotournee. «Ich kann mich aktuell wirklich glücklich schätzen», sagt La Croix. «Aber natürlich freue ich mich auch sehr darauf, dass ich endlich wieder live für mein Publikum auflegen kann, das ist schliesslich meine Leidenschaft.»

Zirkus-Star Jason Brügger (27) – Als Betreuer Gutes zu tun, gibt ihm viel

Als das Veranstaltungsverbot vor einem Jahr kam, sind auch für ihn sämtliche Jobs weggebrochen. «Also habe ich begonnen, als Betreuer von Kindern mit körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen in einer Integrationsklasse zu arbeiten.» Der Job gebe ihm unglaublich viel. «Es ist schön, so positives Feedback von den Kindern zu bekommen und etwas Gutes zu tun. Gleichzeitig habe ich auch eine Ausbildung zum Hundetrainer und ein Psychologie-Fernstudium begonnen.» Letzteres habe er mittlerweile schon wieder auf Eis gelegt. Da er erfreulicherweise gemerkt hat, dass es mit den Show-Aufträgen wieder anzieht. «Ich werde nicht nur für Shows gebucht, die online ausgestrahlt werden, im Herbst soll ich sogar endlich wieder vor Publikum auftreten dürfen.» Deshalb verzichtet er nun auf die Psychologie-Vorlesungen. Am Traum vom Hundetrainer will er aber weiterhin festhalten. «Um für die Vorstellungen wieder in Form zu kommen, brauche ich jetzt einige Wochen Training. Ich will schliesslich aus dieser Pandemie stärker als zuvor rauskommen.»

Schauspielerin Isabelle Flachsmann (47): «Plan B heisst manchmal Plan Besser»

Sie ist eine wahre Lebenskünstlerin. Eigentlich Musicaldarstellerin und Sängerin, lebt sie aufgrund der gestrichenen Auftritte von Gelegenheitsjobs als Englisch-Übersetzerin und Autorin. «Letzte Woche habe ich die Texte zu einem neuen Musical fertiggestellt. Um die Deadline zu schaffen, schrieb ich zum Schluss noch mit meinem sechsjährigen Sohn auf dem Schoss, da seine Schule in die Quarantäne gehen musste. Eine aufreibende Woche. Ich ziehe meinen Hut vor allen Homeschooling-Superhelden!», sagt sie, deren Musical 2022 herauskommen wird. «Darauf freue ich mich schon jetzt sehr.» Sie hofft, auch bald wieder mit ihren Comedy-«Ex-Freundinnen» auf der Bühne stehen zu können. Sollte auch dies nicht bald wieder möglich sein – aufgeben sei nie eine Option. «Auch dafür habe ich weitere Ideen. Plan B heisst manchmal Plan Besser. Ich werde also weiterhin als Autorin Gas geben. Komme, was wolle.»

Schauspielerin Tonia Maria Zindel (48): Mit der Ukulele gegen den Blues

Homeschooling, abgesagte Auftritte und verschobene Engagements. «Das braucht Demut und Ausdauer», sagt Schauspielerin Tonia Maria Zindel. «Ich bin nicht systemrelevant und ein Haushalt mit drei Kindern gibt genug zu tun. Aber irgendwann ist genug mit Kinderbetreuung, Bruchrechnen, Backen, Yoga und Netflix.» Genau im richtigen Augenblick tauchte beim Aufräumen eine verstaubte Ukulele auf. Die kleine Gitarre, die auf Hawaii erfunden wurde und auf der schon Elvis spielte, haben Zindels Mann und die Kinder vor Jahren aus dem Brockenhaus mitgebracht, und sie hat sogar einen Namen: Mahalo. «Das klingt verheissungsvoll und ich wusste, unser Moment ist gekommen. Es sind ja nur vier Saiten, das muss mit etwas Übung zu machen sein.» Manchmal, wenn Zindel in der Küche sitzt, ein paar Akkorde spielt, dazu das Lied «Wenn ich mir was wünschen dürfte» von Marlene Dietrich singt, dann kommt eines der Kinder rein und singt mit. «Das sind wunderschöne Momente. Und wer weiss, vielleicht, wenn ich wieder arbeiten kann, spiele ich mal im Film Ukulele, so wie Marilyn Monroe in ‹Some Like It Hot›.»


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