2023 wird bei SRF wohl kaum als ein besonders erfolgreiches Jahr in Erinnerung bleiben. Zumindest was die Zuschauerzahlen bei ihren Informationssendungen wie «Tagesschau», «10 vor 10», «Kassensturz» und «Arena» betrifft. Denn alle mussten bezüglich Einschaltquoten Federn lassen. Sinkende Einschaltquoten beim linearen Fernsehen mögen in Zeiten von zahlreichen Streamingdiensten und dem allgemeinen Medienwandel vielleicht nicht sonderlich überraschen, doch im Falle von SRF treffen die sinkenden Einschaltquoten da, wo es besonders wehtut: bei den Aushängeschildern des Senders.
Die «Tagesschau» erreichte laut den Zahlen von SRF, die der «Aargauer Zeitung» vorliegen, 2023 durchschnittlich 579'000 Zuschauende. Das sind 10'000 weniger als noch 2019, dem Jahr vor der Corona-Pandemie, infolgedessen es 2020 zu einem Peak bei allen Informationssendungen des SRF kam. Für die «Tagesschau» interessierten sich damals im Schnitt 811'000 Personen.
Der «Kassensturz» erlebt einen Absturz
Ganz ähnlich sieht es bei «10 vor 10» aus: 2019 schalteten 376'000 Personen pro Sendung ein, 2020 467'000 und im vergangenen Jahr waren es noch 302'000. Und auch die Kurve bei der «Rundschau» verläuft ungefähr in denselben Bahnen, sie blieb im vergangenen Jahr unter den durchschnittlichen Zahlen von Vor-Corona. Einen grossen Quotenabsturz im Vergleich zum Vor-Corona-Niveau musste hingegen der «Kassensturz» hinnehmen, bei dem vergangenes Jahr im Schnitt pro Folge 129'000 Personen weniger vor dem TV sassen. Einziger Lichtblick: Der «Club» konnte im Gegensatz zu den anderen Sendungen seit 2022 leicht zulegen, liegt jedoch noch immer unter den Vor-Corona-Zahlen.
Doch woher stammt dieses vermeintliche Desinteresse für die SRF-Informationsprogramme? Der Medien-Profi Frank Bodin (61) spricht gegenüber Blick in diesem Falle von einer «Krisen-News-Depression»: «Mit dem Ukraine-Krieg sowie dem Krieg im Gazastreifen befinden wir uns in einer schrecklichen Dauerkrise. Die Leute sind nicht newsmüde, sondern krisenmüde. Um sich dem nicht weiter aussetzen zu müssen, ziehen sich gewisse Leute daher vom täglichen News-Geschehen zurück.»
«Es wird immer dasselbe Programm abgespult»
Die gesunkenen Einschaltquoten will er allerdings nicht nur auf gesellschaftliche Entwicklungen zurückführen, sondern auch auf die SRF-Formate selbst. «Meiner ganz persönlichen Meinung nach ist ‹10 vor 10› mittlerweile einfach in die Jahre gekommen. Es wird immer dasselbe Programm abgespult. Für die Zuschauenden hat es an Attraktivität verloren, die Überraschung fehlt.»
Trotz seiner Kritik und den sinkenden Quoten möchte Bodin allerdings kein «SRF-Bashing» betreiben. «Die Zahlen sinken überall wegen der Fragmentierung der Medien. Man muss die Zahlen in Relation sehen, sie sind nicht dramatisch rückläufig. Zudem darf nicht vergessen werden, dass SRF noch immer die beste Medienmarke und das relevanteste Medium hierzulande ist.»
Der Medienwandel schlägt auf die Zahlen
Ähnlich sieht es Medienwissenschaftler Vinzenz Wyss von der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften. Er sieht den wichtigsten Grund der sinkenden Quoten der SRF-Informationssendungen im veränderten Mediennutzungsverhalten. Umso wichtiger ist es laut ihm, «dass sich das Service-public-Medium SRF dem Konsumverhalten anpassen und seine Inhalte in zeitgemässen digitalen Formaten dort ausspielen kann, wo sich die Menschen aufhalten, nämlich auf sozialen Plattformen».
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