«MusicStar» war vor 20 Jahren das letzte Schweizer TV-Massenphänomen. 1,587 Millionen Zuschauende waren dabei, als Carmen Fenk (heute 45) aus Sevelen SG Ende Februar 2004 die erste von vier «MusicStar»-Staffeln gewann und aufgrund ihrer kraftvollen Stimme und ihrer dynamischen Art den Übernamen Fenk-Motor bekam. Lange hatte sich Direktor Peter Schellenberg (1940–2021) gegen den Casting-Trend gesträubt, bevor das Schweizer Fernsehen geschlagene drei Jahre nach dem früheren Privatsender TV3 doch noch einstieg, vom ORF für bescheidene 50'000 Franken die Rechte an «Starmania» kaufte und es zu «MusicStar» umtaufte. Allein die elf Millionen Voting-Anrufe brachten ein Vielfaches ein.
Die zehn Finalisten wurden über Nacht bekannt und hielten sich zum Teil bis heute im Gespräch, darunter Piero Esteriore (heute 46), Katy Winter (40) oder Tina Masafret (35). Als Einzelkünstler nutzte vor allem Sebastian Bürgin (37) alias Baschi das Sprungbrett. Doch auch Carmen Fenk machte ihre Leidenschaft für die Musik zum Beruf. «Ich bin sehr zufrieden und natürlich auch ein bisschen stolz darüber, wie ich meinen Weg gehe», sagt sie zu Blick. «Ich arbeite als Dozentin am Weiterbildungsinstitut SAE, einmal pro Woche bin ich in der Gitarrenwerkstatt eines Musikfachgeschäfts tätig, ich gebe Kurse im Bereich Audio- und Hörspielproduktion und bin ich auch noch als Tontechnikerin und Produzentin tätig», erzählt die heute in Zürich lebende Rheintalerin.
«MusicStar»
«Seines eigenen Glückes Schmied»
Nach ihrem Sieg wurde Fenk zuerst intensiv von der am Format beteiligten Plattenfirma Universal unterstützt, die die Gunst der Stunde nutzen wollte. Mit ihrem Album «Fenkadelic» und der Single «In Love with You Again» eroberte sie 2004 auf Anhieb die Hitparadenspitze. Doch die Welt stand nicht still. Und bereits ein Jahr später folgte mit Salome Clausen (heute 37) der nächste MusicStar. «Künstlerinnen und Künstler, die aus einem Castingformat kommen, sind gefordert, sich um den weiteren Werdegang selbst zu kümmern. So à la ‹Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied›», sagt Fenk. Zudem spürte sie phasenweise auch Widerstände. «Ich hatte damals schon ab und zu das Gefühl, nicht als Musikerin gesehen zu werden, sondern nur als eine Person, die bei einem Castingformat gewonnen hat. Und: ‹Igitt, das kann doch gar keine Künstlerin sein.›»
Trotzdem hat sie ihre Teilnahme nie bereut. «Ich bin der Überzeugung, dass es müssig ist zurückzuschauen. Ich weiss, dass meine Entscheidung mitzumachen damals richtig war.» Fenk verfolgte ihre eigene Strategie und konzentrierte sich wieder vermehrt auf ihre Moderationstätigkeit, zuerst bei Radio Ri (heute FM1), später bei Radio Life Channel des christlichen Medienunternehmens ERF. Nebst vielen Konzerten veröffentlichte sie 2015 die Studioproduktionen «Eleven» – die Zahl stand für die Jahre seit «MusicStar» – und «Leaves & Branches» 2016. «Nach dem Verlust meiner Mutter 2019 habe ich mich dann entschieden, mir ein Audioengineering-Studium zu schenken. Ich weiss noch, mit welcher Leichtigkeit ich diese neue Welt betreten habe – fast wie damals bei ‹MusicStar›. Mit der Idee, dass ich meiner Band bessere Demos liefern kann und dass die Umsetzung neuer Songs einfacher würde.»
Fenk wünscht sich mehr Langeweile
Nach branchenbedingten wirtschaftlichen Schwierigkeiten während der Pandemie ist sie nun wieder voll in der Spur. «Diesen Frühling schliesse ich meine Weiterbildung als Erwachsenenbildnerin ab und freue mich darauf, dass es dann erst mal etwas ruhiger wird. Denn ich wünsche mir für 2024 auch ein bisschen mehr Langeweile. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass in der Langeweile ganz viel Kreativität steckt.» Zudem erscheint am 29. Februar ihre jüngste Podcastproduktion «I fahra Lift» mit heiteren und dramatischen Episoden rund ums Thema Liftfahren.
Für Fenk ist die Zeit seit 2004 wie im Flug vergangen: «Zwanzig Jahre sind ja schon eine Hausnummer, quasi fast mein halbes Leben. Ich erinnere mich gerne zurück. Wir waren Pioniere, niemand wusste, was nach der Show passieren würde. Für uns schien alles offenzustehen. Gleichzeitig lebten wir in einem sehr intensiven Jetzt. Wir waren es damals, die etwas prägten und über die man sprach, mit denen man mitfieberte und die man ins Herz geschlossen hatte.»
Grosse SRF-Revival-Show am 30. März
Fenk wird heute immer noch auf der Strasse erkannt. «Autogramme sind aber aus der Mode gekommen. Jetzt sind eher Selfies gefragt, oder es ergibt sich ein schönes Gespräch.» Auch die Verbindung zu ihren früheren «Konkurrenten» ist nie ganz abgerissen. «Ich habe noch nach wie vor Kontakt zu Daniela Brun. Und Claudio Naef war über all die Jahre hinweg ein sehr treuer SMS-Schreiber. Ich glaube, von ihm ist auch die Idee gekommen, dass wir zehn uns dieses Jahr alle wiedersehen. Darauf freue ich mich schon sehr. Wir stecken aber noch in der Findungsphase für ein Datum.»
Zu einem Wiedersehen mit «MusicStar»-Teilnehmern aus allen vier Staffeln kommt es auch am 30. März in der einmaligen «Revival-Show» auf SRF 1, wenn Carmen Fenk, Baschi, Fabienne Louves (37), Salome Clausen, Katharina Michel (35), Daniel Kandlbauer (40), Börni Höhn (37) und Leo Ritzmann (34) gegeneinander antreten. Der Siegerscheck von 10’000 Franken geht an eine wohltätige Organisation. Rund ums Jubiläum läuft auf SRF auch die Science-Fiction-Comedy-Serie «Mindblow» mit Schauspieler Dimitri Stapfer (35). In weiteren Rollen dabei sind Baschi und Ex-Juror Chris von Rohr (72).