Auf einen Blick
- Lisa Christ gewinnt 2025 den Salzburger Stier
- Christ kämpft gegen Sexismus und Misogynie in der Comedy-Szene
- Christ lebt seit zwei Jahren in einer glücklichen Beziehung mit einer Frau
Grosse Ehre für Lisa Christ (33). Die Schweizer Satirikerin wird 2025 mit dem Salzburger Stier, dem renommiertesten Preis in der deutschsprachigen Kabarettszene, ausgezeichnet. «Dieser Preis freut mich sehr und ist eine riesengrosse Ehre für mich», sagt Christ zu Blick. «Aber ich bin auch etwas ehrfürchtig davor, was danach alles auf mich zukommt. Es werden vielleicht nicht alle damit einverstanden sein, dass ich ihn gewonnen habe», erklärt die gebürtige Solothurnerin und lacht.
Was Christ damit meint: Sie polarisiert. Als Autorin, Kabarettistin und ehemalige SRF-Comedy-Moderatorin ist die 33-Jährige aktuell eine der erfolgreichsten Satirikerinnen des Landes und auch eine der angriffslustigsten. Wird Christ auf Instagram von einem Follower blöd angemacht oder sexistisch angegangen, deckt sie dies auf, gibt ihre Meinung dazu ab und diskutiert es mit ihrer Anhängerschaft. «Ich weiss, es gibt Menschen, die Mühe damit haben, wenn eine Frau viel Raum einnimmt, aber das interessiert mich nicht. Themen wie Sexismus oder fehlende Gleichberechtigung sind mir wichtig.»
Christ setzt sich für Frauen in ihrer Branche ein
Misogynie und Sexismus haben keinen Platz in der Welt der ehemaligen Thurgauer Slam-Königin. Im Verein Slam Alphas setzt sich Christ als Vorsitzende dafür ein, dass Frauen in der männerdominierten Slam-Poetry-Szene sichtbarer werden. Ein Problem, das auch die Comedy-Abteilung des Schweizer Fernsehens kennt.
In einem offenen Brief haben im Februar 2023 Christs Kolleginnen Patti Basler (48) und Lisa Stoll (28) das Schweizer Fernsehen dafür kritisiert, für die Nachfolgesendung von «Deville» nur männliche Komiker zu berücksichtigen. «Die SRF-Comedy-Abteilung hat definitiv ein Problem mit Frauen in Entscheidungspositionen», erklärte damals auch Christ in einem Blick-Beitrag.
Hat sich die Situation für Frauen in der Comedyszene beim Schweizer Fernsehen unterdessen verbessert? «Sagen wir es so», beginnt Christ ihre Antwort: «Das Problem existierte bereits vor dem offenen Brief, und es hörte auch danach nicht auf.» Der Sender setzte weiter auf männerdominiert Altbewährtes. «Das SRF spielt niederschwellige Comedy, mit guter Unterhaltung, aber mehr nicht», sagt Christ. Dass der Sender aktuell Formate wie «We, Myself & Why» streiche, die vor allem auf Frauen und jüngere Frauen ausgerichtet waren, «das tut mir wirklich weh», erklärt die Satirikerin. «Das waren Formate, die dem Medienplatz Schweiz lange gefehlt haben.»
Trennung und neue Liebe
In ihrem aktuellen Soloprogramm «LOVE*» begibt sich Lisa Christ selbst auf eine intensive Spurensuche nach der wahren Liebe. Sie hinterfragt die gesellschaftlichen Konventionen, die unsere Beziehungen prägen, und wirft dabei einen kritischen Blick auf die Rollenbilder in romantischen Beziehungen. «Als ich das Bühnenprogramm schrieb, war ich gerade dabei, eine Trennung zu verarbeiten. Schreiben ist für mich eine Form von Therapie», sagt Christ. «Wenige Wochen bevor ich mit meinem neuen Programm Premiere feierte, kam ich dann mit meiner heutigen Partnerin zusammen.»
Ihre neue Liebe habe ihren Blick auf das Thema nachhaltig beeinflusst. «Mein Empfinden von Liebe ist heute um einiges ruhiger als früher», sagt Christ. «In meiner neuen Partnerschaft mit einer Frau habe ich plötzlich erkannt, wie sehr ich in meinen Männer-Beziehungen den heteronormativen Strukturen unterworfen war und unter ihnen gelitten habe.» Gleichzeitig habe sie auch ihr eigenes Beziehungsverhalten infrage gestellt. «Mir ist klar geworden, wie ich durch die sozialen Prägungen selber falsche Ansprüche und Forderungen an die Männer hatte.» Heute hat das Thema Liebe für Christ ein aktuelles Happy End gefunden: «Mit meiner Partnerin kann ich ganz ich selbst sein, was auch mehr Raum für Selbstliebe schafft.»
Long Covid und ADHS-Diagnose
Lisa Christ ist nicht nur ein feministisches Multitalent, sondern auch ein unermüdliches Arbeitstier. Die 33-Jährige hatte in den vergangenen zwei Jahren mit einer Long-Covid-Erkrankung zu kämpfen und erhielt eine ADHS-Diagnose. «Durch mein ADHS empfinde ich viele Dinge sehr intensiv. Während Long Covid war das nicht sehr angenehm», sagt Christ. «Aber heute geht es mir zum Glück wieder gut.»
Ihrem Arbeitseifer tat ihre zwischenzeitliche Erkrankung keinen Abbruch – im Gegenteil. Während sie mit ihrem aktuellen Soloprogramm noch auf Tour ist, schreibt sie bereits an einem Nachfolger, der einmal mehr auf eine Mischung aus Humor und Tiefgang setzt. «Mein neues Bühnenprogramm dreht sich vor allem um die Doppelmoral und die Scheinheiligkeit im Kapitalismus. Insbesondere die Täter-Opfer-Umkehr und die aktuelle politische Verschiebung nach rechts sind Themen, die mich sehr beschäftigen.»
Erste Bühnenprogramme erscheinen als Buch
Man darf also gespannt sein, womit die redegewandte Satirikerin, die als Jugendliche Modedesignerin werden wollte, ihr Publikum nächstes Jahr überraschen wird. Bis zum nächsten Frühling tourt Lisa Christ noch mit ihrem aktuellen Solo-Programm «LOVE*» durch die Schweiz. Ihre beiden ersten Bühnenprogramme erscheinen nächstes Jahr in Buchform.
Und dann ist im Mai noch die Preisverleihung des Salzburger Stiers. «Auf den Moment der Preisübergabe freue ich mich ganz besonders», sagt Christ abschliessend. «Dieser Preis ist ein schöner Abschluss nach einigen sehr herausfordernden Jahren. Und er zeigt mir, dass das, was ich mache, richtig und wichtig ist.»