Humor ist bekanntlich, wenn man trotzdem lacht: Das trifft auch auf Satirikerin Patti Basler (45) zu, die sich trotz der aktuell schwierigen Corona-Situation für Bühnenschaffende und Kleinkünstler während des Blick-Interviews guter Laune zeigt. «Wissen Sie, Humor und Hoffnung haben etwas gemeinsam», erklärt Basler, trinkt einen Schluck Kaffee und ergänzt dann, ohne eine Miene zu verziehen: «Sie sterben erst mit der Omega-Variante.»
Blick: Patti Basler, die Kulturschaffenden sind von der anhaltenden Corona-Krise besonders stark betroffen, die Massnahmen sind wieder strenger, viele Auftritte und Vorstellungen werden wieder abgesagt. Wie geht man als Künstlerin damit um?
Patti Basler: Es ist in der Tat nicht einfach für uns. Demokratie und Föderalismus sind zwar meist die grössten Vorteile der Schweiz, in der Pandemie sind sie aber Bremsen. Am liebsten wäre mir ja ein weltweiter knallharter dreiwöchiger Lockdown gewesen, total unrealistisch, wenn schon in der Schweiz alle 26 Kantone mitschnorren müssen. Fairerweise muss man aber auch sagen, dass wir wohl alle in der Schweiz nicht damit gerechnet haben, dass die Bevölkerung so impfkritisch ist.
Ärgert Sie die niedrige Impfquote in unserem Land?
Nein, ich habe den Ruhepuls von Olaf Scholz. Irgendwo zwischen tiefenentspannt und scheintot. Ernsthaft: Ich verstehe, wenn man Angst hat, aber unterdessen haben wir in den vergangenen zwei Jahren so viele wissenschaftliche Informationen, die klar zeigen, dass die Impfung das beste Mittel im Kampf gegen Corona ist. Angesichts dessen wundere ich mich über hartnäckige Impfgegner. Vielleicht liegt es aber auch daran, welche wissenschaftliche Bildung man hat.
Wie meinen Sie das?
Ich hatte das Glück, zu erfahren, wie Wissenschaft funktioniert. In meinen Studiengängen als Kriminologin und Soziologin lernte ich, Statistiken und Zahlen richtig zu lesen und die daraus resultierenden Ergebnisse zu interpretieren. Inzwischen fürchte ich, wir müssen uns mit dem Virus arrangieren und uns jedes halbe Jahr impfen lassen.
Es soll unter Ihren Berufskollegen einige geben, die sich nicht impfen lassen wollen – wie gehen Sie damit um?
Ja, es gibt einige Impffaule in der Kulturbranche aus ganz unterschiedlichen Gründen. Im Privaten äussere ich meine Haltung und begründe sie mit dem wissenschaftlichen Stand der Dinge. Aber meine Freundschaften lasse ich durch das Thema nicht auseinanderbringen. Die meisten ungeimpften Berufskollegen habe ich in der letzten Zeit aber eh nicht mehr gesehen, da sie bei 2G-Events gar nicht mehr dabei sind.
Viele Künstlerinnen und Künstler mussten ihre Auftritte immer und immer wieder verschieben – wie hält man das durch?
Durchhalten ist das richtige Stichwort. Unterdessen haben wir gelernt, uns mit dieser Krise zu arrangieren. Mein Bühnenpartner Philippe Kuhn und ich haben grosses Glück, dass wir nicht nur von Liveauftritten abhängig sind, sondern vieles auch im Studio produzieren können. Hinzu kommen Auftritte im TV und Radio. Aber ich muss zugeben, auch meine Energie ist langsam aufgebraucht. Ich mag auch nicht mehr immer gute Laune verbreiten, obwohl das eigentlich mein Job ist.
Wie schafft man es trotzdem, die Leute zum Lachen zu bringen?
Indem man sich bewusst macht, wie gut wir es hier in der Schweiz haben. Die meisten von uns leben in komfortablen Wohnungen, wir haben die Natur vor der Türe, können immer raus, selbst im Lockdown. Und natürlich hilft der Humor selbst. Denn je schwerer und schlimmer eine Situation ist, desto grösser ist das Potenzial, dass man mit Humor darauf reagieren kann. Ich habe noch nie so starkes und befreites Lachen gehört wie in Beerdigungsgottesdiensten. Weinen und Lachen sind nahe beieinander. Humor ist die einzige Antwort auf die Pandemie.
Für eine deutsche TV-Sendung haben Sie vor kurzem eine satirische Führung durch die Bührle-Sammlung im Zürcher Kunsthaus gemacht. Kritiker werfen der umstrittenen Sammlung vor, Nazi-Fluchtkunst zu sein. Darf man selbst darüber lachen?
Klar. Die Frage ist ja immer, über was man lacht. Sicher nicht über den Holocaust oder über die Menschen, die unter ihm gelitten haben. Was ich aber immer wieder lustig finde, ist, dass die Schweiz nicht auf Sand gebaut ist, sondern auf Goldbarren. Auch der Chipperfield-Bau. Und einige der Bilder wären ohne Kriegsgewinnerei nicht im Kunsthaus. Mich stört nicht, dass man diese Bilder ausstellt, im Gegenteil, aber sie müssen korrekt ausgewiesen und aufgearbeitet werden.
Wie steht es um Ihren Heiratsantrag, den Sie Bundesrätin Viola Amherd vor kurzem in der SRF-Sendung «Deville» gemacht haben?
Der ist immer noch hängig. Es ging in der Sendung ja um Einbürgerung. Ich bin Aargauerin, was nicht so sexy ist. Frau Amherd ist die einzige Nichtverheiratete im Bundesrat und Walliserin. Das gefiel mir, in die Sonnenstube hätte ich mich gerne verheiratet. Sie meinte dann, sie überlege es sich. Ich schliesse eine Hochzeit nächstes Jahr nicht aus.
Mit Ihrem Projekt comedyfrauen.ch unterstützen Sie gezielt Frauen als Komikerinnen. Warum ist die Comedyszene immer noch so männerdominiert?
Das Problem ist: Frauen sind präsent, aber weniger präsentiert. Mich stört auch diese Behauptung, dass Frauen nicht lustig sind. Das stimmt schlicht nicht, es ist sexistisch und spielt die Frauen in der Szene gegeneinander aus. Das Vorurteil kommt daher, dass in der patriarchalen Wahrnehmung eine Frau entweder sexy sein muss oder mütterlich, beides sind keine besonders lustigen Rollen.
Was braucht es denn, um lustig zu sein?
Intelligenz hilft, denn man stellt sich ja mit Humor über die Dinge und mit der Selbstironie bricht man diese Überhöhung wieder. Selbstbewusstsein hilft auch, da man über sich selber lachen kann und sich eher getraut, auf einer Bühne zu stehen.
Worauf freuen Sie sich als Künstlerin in naher Zukunft trotz Corona-Einschränkungen?
Mein Bühnenpartner und ich spielen vor Weihnachten noch einige Male in Wädenswil. Auf diese Auftritte freue ich mich ganz besonders. Ich möchte gern mit dem Publikum in die Festtage reinfeiern. Bevor ich dann mit meiner Herkunftsfamilie auf dem Bauernhof Weihnachten bei unserem klassischen Fondue chinoise geniesse.
1976 als Bauerntochter in Zeihen AG geboren, machte Patti Basler eine Ausbildung zur Sekundarlehrerin und studierte Erziehungswissenschaften. 2009 nahm sie das erste Mal an einem Poetry Slam teil und entdeckte ihre Leidenschaft für kurze Wortbeiträge. Heute gehört Basler zu den wichtigsten Satirikerinnen des Landes und tritt neben der Bühne regelmässig in Radio und Fernsehen auf. 2019 erhielt sie den Salzburger Stier, die wichtigste deutschsprachige Kabarettauszeichnung. Zusammen mit ihrem Bühnenpartner Philippe Kuhn tritt Basler aktuell mit ihrem Programm «Nachsitzen» auf.
1976 als Bauerntochter in Zeihen AG geboren, machte Patti Basler eine Ausbildung zur Sekundarlehrerin und studierte Erziehungswissenschaften. 2009 nahm sie das erste Mal an einem Poetry Slam teil und entdeckte ihre Leidenschaft für kurze Wortbeiträge. Heute gehört Basler zu den wichtigsten Satirikerinnen des Landes und tritt neben der Bühne regelmässig in Radio und Fernsehen auf. 2019 erhielt sie den Salzburger Stier, die wichtigste deutschsprachige Kabarettauszeichnung. Zusammen mit ihrem Bühnenpartner Philippe Kuhn tritt Basler aktuell mit ihrem Programm «Nachsitzen» auf.