Röbi Koller im Interview zum Abschied bei «Happy Day»
«Ich hatte zweimal Glück»

Am 5. April führt Röbi Koller letztmals durch den SRF-Quotenhit «Happy Day». Nach 86 Sendungen übergibt er das Format an Nachfolger Nik Hartmann. Im Interview mit Blick spricht Koller über seine Zukunft, den Zauber von Bob Dylan und über die Halbierungs-Initiative.
Publiziert: 29.03.2025 um 23:58 Uhr
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Aktualisiert: 30.03.2025 um 10:15 Uhr
Röbi Koller in der Café-Bar Nordbrücke in Zürich-Wipkingen, aufgenommen am 18. März 2025.
Foto: Philippe Rossier

Darum gehts

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Es ist tatsächlich ein «Happy Day», strahlend blau, aber noch empfindlich kalt. Deshalb treffen wir Röbi Koller (67) im Innern der Café-Bar Nordbrücke beim Bahnhof Zürich-Wipkingen. Am 5. April gibt er nach 18 Jahren und 86 Sendungen die Moderation des SRF-Samstagabend-Quotenhits an Nik Hartmann (52) ab (SRF 1, 20.10 Uhr). Koller sieht aus, als käme er gerade von einer Wanderung, entspannt, die Sonnenbrille im Haar.

Blick: Herr Koller, weshalb findet das Interview gerade hier statt?
Röbi Koller: Das ist eines meiner Stammlokale – obwohl ich nicht mehr so viel in die Beizen gehe. Ich wohne 200 Meter entfernt. Ein sehr sympathisches Lokal, in dem alle willkommen sind. Deshalb mache ich hier seit Anfang 2023 auch meine «Dylan Talks». 16 haben bereits stattgefunden.

Uns lässt Dylan eher kalt. Hat er den Literaturnobelpreis wirklich verdient?
Zu 250 Prozent. Lyrik gehört zur Literatur. Und Songtexte sind Lyrik. Seine Texte sind dicht und farbig. Er zeichnet schöne Bilder, mir tut sich damit ein Kaleidoskop an Welten auf.

Sie haben Ihrem Buch zum «Happy Day»-Finale ein Zitat von ihm vorangestellt ...
«Some people feel the rain. Others just get wet.» Obwohl nicht ganz sicher ist, ob es wirklich von ihm oder von einem anderen Bob – Bob Marley – stammt. Was solls? Es ist ein schönes Zitat und bedeutet ungefähr, dass das Glas je nach Sicht halb voll oder halb leer ist.

«Beim SRF ist man mit 65 Jahren fällig»
9:58
Röbi Kollers «Happy Day»-Ende:«Beim SRF ist man mit 65 Jahren fällig»

Sie haben nun mehr Zeit, um nach dem wirklichen Urheber zu forschen. Kümmern Sie sich in Zukunft noch mehr um Literatur? Sie haben schon fünf Bücher geschrieben, dieses mitgerechnet.
Ja, wobei das keine literarischen Werke sind. Ich habe aber über zehn Jahre «Züri Littéraire» moderiert. Literatur ist etwas Faszinierendes. Du kannst mit Büchern reisen. Du kannst Dinge erleben, die du in der Realität nie erleben würdest. Und ich bin im Vorstand eines Übersetzer-Vereins.

Wenn wir das Dylan-Thema noch einmal aufnehmen. Sie sind auch ein Star, der seit 2007 ununterbrochen auf Tournee war. Gibt es nun den verdienten Break?
Ich wehre mich etwas gegen Begriffe wie Rente oder Ruhestand. Ich war nicht angestellt bei SRF, und jetzt ist einfach Schluss. Ich war freier Mitarbeiter und machte viele Dinge nebenbei. Einen Teil davon immer noch. Das Leben geht nahtlos weiter. Doch es fällt ein grosser Brocken namens «Happy Day» weg, das ist klar. Darauf freue ich mich auch.

Als man vor dem «Happy Day»-Start 2007 an Sie herantrat, hatten Sie keine Ahnung von einem solchen Format. Was ging Ihnen damals durch den Kopf?
Ich fragte mich: Wie findet man den Weg zwischen dem, was ich nicht wollte, dem Kitschigen und der echten Anteilnahme an Schicksalen? Wichtig war, die Leute mit Respekt zu behandeln, auch wenn es letztendlich eine Show ist. Wir bleiben immer nahe bei ihnen, aber wir ziehen sie nicht über den Tisch, sondern erzählen ihre wahren Geschichten.

Bestand nicht die Gefahr, routiniert und abgebrüht zu werden?
Noch einmal zum Kitsch: Darin schwingt immer auch das Falsche mit. Und wir wollen nicht falsch sein. Ich finde, wenn du als Fernsehmensch abgebrüht wirst, musst du aufhören. Du musst immer noch neugierig sein und Freude an der Arbeit haben. Und es kam immer viel Energie von den Leuten zurück, die wir überraschten.

Sie hatten auch keine Angst vor Wiederholungen?
Die blosse Form der Überraschungen wiederholte sich schon, die Wiedersehensmomente und Dankeschönszenen. Aber das war nur die Hülle. Im Innern waren echte Menschen, die immer anders waren. Viele waren für mich auch Alltagshelden, weil sie mit uns einen Wertekanon teilen, den ich sehr wichtig finde. Und er wird immer noch wichtiger in dieser Welt, die dominiert ist von Hassreden und Ausgrenzung. Ehrlichkeit, Nachbarschaftshilfe und Respekt sind nicht vergessen und leben weiter. Das zeigte uns auch die Treue des Publikums.

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«Ich wehre mich etwas gegen Begriffe wie Rente oder Ruhestand», sagt Röbi Koller. «Das Leben geht nahtlos weiter.»
Foto: Philippe Rossier

Die Einschaltquote war am Anfang verhalten und blieb später auf höchstem Niveau konstant. Wie gewannen Sie das jüngere Publikum?
Vor allem über die Familie. Die Sendung spannt einen Bogen über alle Generationen und spricht so auch Junge an. Mittlerweile kommen sogar Schulklassen auf mich zu. Gerade heute hatte ich eine Anfrage von einem Gymischüler, der eine Arbeit über mich schreiben will.

Von 2013 bis 2022 wurde bei «Happy Day» jeweils eine Million verschenkt, 46 Mal. Änderte das etwas am Charakter? Wurde das Format von Glücksrittern überflutet?
Es war ein «Zückerli» obendrauf. Zuerst gab es Kritik von verschiedenen Seiten. Hilfreich war, dass wir die Glücklichen auch im Bild zeigen wollten. Das kam gut an, weil es ehrlich wirkte. Man sah, wohin das Geld ging. Und lustigerweise ging es meistens an einen «richtigen» Ort, zu jemandem, der es tatsächlich brauchen konnte.

Sie waren seit 1988 und «Karussell» mit Unterbrüchen bis heute bei SRF, und der Journalismus hat sich in dieser Zeit massiv verändert. Was raten Sie heute jungen Menschen, die einsteigen möchten?
Wenn jemand die Leidenschaft hat, gibt es nicht viel zu überlegen. Dann ist da immer ein Weg. Und heute gibt es viel mehr Sparten, nur schon wegen Social Media. Handkehrum ist der Beruf weniger exklusiv, dafür mit mehr Konkurrenz und viel Spardruck.

Kann man sagen, Sie haben noch die guten Zeiten der TV-Branche erlebt?
Ich hatte zweimal Glück, dass eine Sendung auf mich zugeschnitten war, «Quer» und «Happy Day». Und auch die Grossreportagen kamen mir entgegen. Ich hatte Glück oder war zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Und ich blieb immer dran. Von mir aus gesehen ist es eine Kombination aus Begabung, Erfahrung und auch Arbeit, die den Erfolg ausmacht.

Was geben Sie Ihrem Nachfolger Nik Hartmann auf den Weg?
Ich sage ihm nicht, was er tun und lassen soll. Ich rate ihm einfach, diese Sendung zu seiner Sendung zu machen. Das braucht ein bisschen Zeit. Ich bin sicher, dass Nik das kann. Und das Publikum muss ihn annehmen. Hier sehe ich ebenfalls kein Problem.

Wir kommen auch nicht um die Frage herum, wie Sie 2026 bei der Halbierungs-Initiative abstimmen.
Ich habe eine klare Meinung zu dieser Initiative: Es braucht einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Es braucht einen unabhängigen Journalismus, der sich Recherchen leisten kann, der Hintergründe aufzeigt und einordnet. Das ist eminent wichtig und darf keinesfalls zerschlagen werden. Aber die SRG ist unter Druck. Und ich hoffe, dass sie den Rank findet und die Menschen von ihrer Notwendigkeit überzeugen kann.

Wenn man bei Ihnen ins Wohnzimmer kommt: Gibt es da noch einen Fernseher?
Sicher, ich bin 67 (lacht). Der läuft am Abend viel. Meine Frau und ich schauen meistens «G&G», «Schweiz aktuell» und «Tagesschau». Zeitversetzt, damit wir die Werbung überspringen können.

Im Buch wird Ihre Frau Esther mehrfach und liebevoll erwähnt. Sie hat regelmässig auch Regie bei «Happy Day» geführt. Gab das nie Schwierigkeiten?
Überhaupt nicht. Am Anfang war sie nicht dabei, weil es noch Diskussionen über die Ausrichtung gab. Und das wollte ich nicht nach Hause tragen. Als das Schiff auf Kurs war, führte sie dann regelmässig Regie. Das war sehr angenehm, wir konnten es gut miteinander. Und für das Team war es ein Vorteil, weil wir alle heiklen Diskussionen schon vorgängig daheim führten (lacht).

Persönlich: Röbi Koller

Der gebürtige Luzerner Röbi Koller beginnt seine Medienkarriere nach einem Phil.-I-Studium in Zürich 1981 beim damaligen Piratensender Radio 24. Erstmals zu SRF wechselt Koller 1988 in die Sendung «Karussell». Von 1996 bis 2002 moderiert er das Format «Quer». Nach einem Abstecher zum «Beobachter» kehrt er zum Fernsehen zurück und führt ab 2007 durch die Samstagabend-Show «Happy Day». Koller hat zwei Töchter aus erster Ehe und ist seit 2002 mit der Regisseurin Esther Della Pietra (61) verheiratet. Das Ehepaar wohnt in Zürich.

Der gebürtige Luzerner Röbi Koller beginnt seine Medienkarriere nach einem Phil.-I-Studium in Zürich 1981 beim damaligen Piratensender Radio 24. Erstmals zu SRF wechselt Koller 1988 in die Sendung «Karussell». Von 1996 bis 2002 moderiert er das Format «Quer». Nach einem Abstecher zum «Beobachter» kehrt er zum Fernsehen zurück und führt ab 2007 durch die Samstagabend-Show «Happy Day». Koller hat zwei Töchter aus erster Ehe und ist seit 2002 mit der Regisseurin Esther Della Pietra (61) verheiratet. Das Ehepaar wohnt in Zürich.

Das Buch «Backstage – Hinter den Kulissen von ‹Happy Day›» erscheint im Wörterseh Verlag 

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