«Vielleicht wird es mich nerven, wenn Nik Hartmann etwas anders macht»
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SRF-Moderator Röbi Koller:«Vielleicht wird es mich nerven, wenn Nik Hartmann etwas anders macht»

Röbi Koller spricht mit Reto Scherrer über seinen «Happy-Day»-Nachfolger
«Vielleicht wird es mich nerven, wenn Nik Hartmann etwas anders macht»

Im Interview redet der SRF-Talkmaster über sein Verhältnis zum Tod, den Reiz von Friedhöfen und die Schwierigkeit loszulassen.
Publiziert: 09.06.2024 um 12:29 Uhr
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«Schweizer Friedhöfe sind wie Excel-Tabellen»: Röbi Koller auf dem Zürcher Friedhof Sihlfeld.
Foto: Daniel Künzli

Seit 17 Jahren moderiert Röbi Koller die SRF-Samstagabendshow «Happy Day». Der 66-Jährige überrascht dabei Zuschauerinnen, erfüllt mit seinem Team Wünsche von Schicksalsgeplagten und hilft Familien aus der Patsche – Koller ist zu einem der prominentesten Aushängeschilder des öffentlichen Rundfunks geworden. Nun ist bekannt geworden, dass Koller im April 2025 aufhört und an seinen Nachfolger Nik Hartmann (52) übergeben wird. Interviewanfragen hat er seither alle abgelehnt. Mit einer Ausnahme: Kollers TV-Kollege und Blick-TV-Moderator Reto Scherrer hat ihn für SonntagsBlick in Zürich zum Gespräch getroffen.

Röbi, du wolltest uns hier auf dem Friedhof Sihlfeld treffen, Zürichs grösstem Friedhof. Wieso?
Ich wollte dich testen. Ob du auch mal ein bisschen herunterfahren kannst. Einfach mal ein bisschen durchatmen.

Okay.
Im Ernst: Ich mag diesen Ort. Ich hatte schon immer Freude an Friedhöfen – obwohl Schweizer Friedhöfe irgendwie wie Excel-Tabellen sind, da liegen alle in ihren Fächlein. Die südländischen Friedhöfe sind viel bunter. Auf den Philippinen sah ich Gräber mit ganzen Gitarren oder Turnschuhen darauf. Je nachdem, was der Verstorbene zu Lebzeiten gerne machte. Bei dir gäbe es jetzt ... ein Megafon oder so etwas. Aber es ist eine schöne Anlage, eine wunderschöne Anlage. Man kann hier spazieren, man kann hier verweilen. Es ist nicht so, dass einem das runterziehen muss, weil es mit dem Tod zu tun hat. Der Tod gehört ja zum Leben.

Und du wirst hier einen Auftritt haben.
Ich werde einen Talk über Bob Dylan moderieren. Hier findet zur Zeit eine Ausstellung über Songs statt, die mit dem Tod zu tun haben. Und Dylan und seine Songs hatten, seit ganz früh, als er ganz jung war, immer wieder mit dem Tod zu tun.

Bob Dylan? Der heisst ja eigentlich nicht Bob Dylan, sondern gleich wie du.
Robert Zimmerman.

Röbi!
Nein, Robert. Ja gut, Röbi.

Hier auf diesem Friedhof sind ganz berühmte Leute beerdigt. Gottfried Keller, Johanna Spyri, aber auch Köbi Kuhn hat hier seine ewige Ruhe gefunden. Du wirst in drei Jahren …
… auch da liegen (lacht).

… 70 sein.
Ja, richtig.

Wo willst du einmal bestattet werden?
Eher im Zürcher Friedhof Nordheim in dem Quartier, wo ich wohne. Dieser Friedhof ist etwas erhabener. Dort habe ich vielleicht auch etwas mehr Aussicht. Wahrscheinlich würde ich in einem Gemeinschaftsgrab begraben sein. Ich brauche keine grosse Gedenkstätte für mich. Berühmte Zürcher Familien wie Steinfels dagegen haben sehr aufwändig gestaltete Grabsteine.

Du hast dich also schon mit deinem Tod auseinandergesetzt?
Immer wieder. Ich sammle übrigens seit Jahren Todesanzeigen von Leuten, die ich kenne. Aber auch Geburtsanzeigen. Das sind zwei Schlüsselstellen im Leben. Wenn du auf die Erde kommst, bekommst du eine Chance. Wenn du stirbst, bist du endgültig gescheitert. Leben und Tod gehören zusammen.

Wenn du Todesanzeigen sammelst, was soll auf deinem Grabstein stehen?
Das weiss ich nicht, ehrlich gesagt.

«Happy Day» wird schwierig, oder?
Ja, das wird schwierig. Georg Kreisler hat einmal gesagt: «Der Name wäre nicht schlecht.» Es spielt keine Rolle, solange der Name irgendwo steht ... Das finde ich für die Hinterbliebenen wichtig, dass es einen Ort gibt, an den sie hingehen können. Ob jetzt da ihre Asche liegt oder was auch immer oder ob es nur ein symbolischer Ort ist, ist egal. Aber es ist ein Ort, an den man an den Verbliebenen denken kann. Ich lese gerade ein Buch, wo ein Junge in ein Heim kommt, und dann ist ein anderer Heimbub da. Und der macht sich immer irgendwo am Wegrand zwei Hügelchen. Das sind die Gräber seiner Eltern. Die hat er nicht kennengelernt. Aber in jedem Heim, wo er hingeht, macht er sich wieder zwei Hügelchen. Das sind die symbolischen Gräber seiner Eltern. Irgendwie rührend.

Vor ein paar Jahren wurde eine Studie gemacht, bei der man Menschen auf dem Sterbebett gefragt hat, was sie nachträglich in ihrem Leben anders machen würden. Die meisten antworteten, sie würden mehr Zeit mit Freunden verbringen.
Ja, das ist eine Idee. Ich habe sicher viel verpasst, weil ich gearbeitet habe, weil ich anderes gemacht habe. John Lennon hat mal gesagt: Das Leben ist das, was an dir vorbeigeht, während du andere Dinge machst. Ja, vielleicht könnte man die Priorität noch anders setzen. Ich weiss nicht. Ich verbringe eigentlich schon Zeit bei meinen Freunden.

Aber du machst auch wahnsinnig viel. Manche meinen, du seist einfach der «Happy Day»-Moderator. Aber du schreibst Bücher, du bist unterwegs, du führst Talks, du unternimmst Reisen.
Aber ich mache auch immer weniger. Das ist noch schön. Man muss lernen, langsam loszulassen, immer weniger zu sagen. Einfach zurück in die Bedeutungslosigkeit und Tschüss. Du kannst dir nicht auf ewig ein Denkmal setzen. Es gibt ja nachher noch Leute, die auch noch irgendwo stattfinden müssen.

Nochmals: Wieso hast du früher so viel gemacht?
Wenn man gefragt ist, wenn man in der Öffentlichkeit steht, wenn man selbständig ist wie ich und Aufträge erhält, dann muss man sie einfach machen. Du kannst nicht alles immer aufschieben. Das, glaube ich, wäre falsch. «Procrastination», wie die Amerikaner sagen, prokrastinieren. Kennst du das Wort?

Nein.
Das bedeutet, immer alles aufzuschieben. Kannst du nachschlagen.

Das hat aber auch damit zu tun, dass du als Selbständiger schauen musst, dass das mit dem Geld stimmt.
Es freut einen ja, wenn man gefragt ist, wenn man etwas machen kann.

Du hast aber nicht das Gefühl, zu wenig Zeit für deine Liebsten zu haben?
Doch, manchmal schon. Am letzten Geburtstag meiner Frau musste ich für «Happy Day» drehen. Da habe ich ihr gesagt: Das sei das letzte Mal, dass ich den verpasse. Denn das nächste Jahr bin ich schon nicht mehr bei «Happy Day».

Komm, wir nehmen Platz auf dieser Bank. Wieso hörst du mit «Happy Day» auf?
Ich habe das jetzt fast 18 Jahre lang gemacht und habe so viel erlebt und so viele tolle Sendungen gemacht. Irgendwann ist Zeit zu gehen.

Wieso? Du könntest es ja länger machen. Die Sendung läuft ja erfolgreich.
In der SRG gibt es sowieso eine Altersguillotine, in der man normalerweise mit 65 verabschiedet wird. Ich durfte es jetzt länger machen. Ich finde es auch wichtig, dass die Jüngeren wie Nik Hartmann eine Chance bekommen. Das ist in Ordnung. Ich bin okay mit diesem Termin – den ich selber im Dialog mit den Verantwortlichen bestimmen durfte.

Der Termin ist April 2025. Wieso wird das über ein Jahr voraus schon kommuniziert?
Das musst du. Irgendwann musst du auch einen Nachfolger bestimmen. Du musst mit ihm das Konzept anpassen. Das dauert eine Weile. Dann kannst du das nicht unter dem Deckel halten.

Mit deinem Nachfolger Nik Hartmann hattest du Kontakt?
Ich hatte mit ihm immer Kontakt.

Betreffend der Nachfolge?
Ich habe ihn nicht ausgesucht. Das habe ich ganz klar gesagt. Das machen die anderen. Aber wir haben miteinander darüber gesprochen, ob es okay ist oder nicht. Selbstverständlich ist es für mich okay. Es ist sicher eine der besten Lösungen, die wir überhaupt hätten haben können.

Wer wäre sonst noch in Frage gekommen?
Da hatte ja der Blick immer ganz viele Vorschläge. Frag mal deine Kollegen. Ich kommentiere das jetzt nicht.

Du hast mal gesagt, wenn «Happy Day» für dich zu Ende geht, dann ist das ein grosser Schritt in deinem Leben. Was hat die Sendung mit dir gemacht?
Es hat mir sicher den Blick auf Menschen geöffnet, die nicht so gute Chancen haben wie du oder ich, die Schicksalsschläge erlitten haben, die mit Gegenwind kämpfen mussten, die irgendwie schauen mussten, dass sie vorwärtskommen, trotz widerwärtigen Rahmenbedingungen. Das habe ich in der Sendung «Quer» schon erlebt. Bei «Quer» haben wir es mehr analytisch angeschaut. Bei «Happy Day» haben wir es immer mit Überraschungen verbunden. Es macht dich offener oder sensibler für Schicksale, die du sonst vielleicht gar nicht wahrnimmst, weil du vielleicht in einer Blase lebst, weil es dir gut geht. Das hat mich schon verändert.

Das Multitalent bei SRF

Röbi Koller (66) gehört zu den erfolgreichsten SRF-Moderatoren. Mit seiner Sendung «Happy Day» holt er regelmässig Quoten über 40 Prozent. Seine Karriere begann der studierte Germanist bei Radio 24. Später moderierte er diverse Sendungen für SRF und schrieb erfolgreich Bücher. Koller lebt mit seiner Frau in Zürich. Er hat zwei Töchter aus erster Ehe. Im April 2025 wird er seine letzte Sendung moderieren. Sein Nachfolger wird Nik Hartmann (52).

Röbi Koller (66) gehört zu den erfolgreichsten SRF-Moderatoren. Mit seiner Sendung «Happy Day» holt er regelmässig Quoten über 40 Prozent. Seine Karriere begann der studierte Germanist bei Radio 24. Später moderierte er diverse Sendungen für SRF und schrieb erfolgreich Bücher. Koller lebt mit seiner Frau in Zürich. Er hat zwei Töchter aus erster Ehe. Im April 2025 wird er seine letzte Sendung moderieren. Sein Nachfolger wird Nik Hartmann (52).

Und was hat es mit dir in der Öffentlichkeit gemacht, mit den Leuten, die dich kennen? Du hast wahrscheinlich einen Erkennungsgrad in der Schweiz von 99 Prozent.
Auf dem Friedhof etwas weniger. Da werde ich etwas weniger für Selfies gefragt.

Wie gehst du damit um?
Ich mache das bald schon seit 40 Jahren. Dass die Leute mich erkennen, dass sie mit mir sprechen wollen, dass sie ein Selfie machen wollen, ist ein Teil meines Lebens. Das ist ganz normal für mich. Und es sind zu 99 Prozent positive Begegnungen. Ich bekomme so viel Lob. Das kannst du dir gar nicht vorstellen. Das ist einfach schön.

Was macht das mit einem selbst? Braucht man das fast ein bisschen?
Meine Frau sagt auch, sie wisse nicht, wie es wird, wenn das abnimmt. Das kann ich dir jetzt noch nicht sagen. Ich glaube, ein bisschen weniger ist auch okay für mich. Ich merke es im Ausland. Ich bin auch froh, wenn es dann heissen wird: Sind Sie es, Herr Baumann? Oder Herr Aeschbacher. Wie es dann wirklich ist, wenn es deutlich weniger wird, kann ich dir noch nicht sagen. Das fragst du mich nochmals in zehn Jahren.

Wie wirst du damit umgehen, dass «Happy Day» nicht mehr deine, sondern Nik Hartmanns Sendung sein wird?
Da bin ich auch gespannt. Ich muss es mir anschauen.

Zum Beispiel die erste Sendung?
Die erste werde ich sicher schauen. Ob ich sie regelmässig anschauen kann, weiss ich nicht. Vielleicht wird es mich nerven, wenn er Dinge anders macht, vielleicht werde ich Freude haben. Vielleicht bin ich nicht mit allem einverstanden. Dann muss ich mich einfach zurücknehmen. Es gibt nichts Schlimmeres, als wenn die Alten nochmals dreinreden. Das gilt übrigens auch für die Bundesräte, die sich später bei Abstimmungen wieder einmischen. Das finde ich furchtbar. Halt die Klappe!

Trotzdem muss man sagen: «Happy Day» war dein Baby 2007. Du warst bis jetzt der einzige Moderator.
Das ist so. Und das ist sicher für Nik eine grosse Herausforderung. Du musst einerseits die DNA der Sendung behalten, die Überraschungen, und Kiki Maeder bleibt auch dabei. Und gleichzeitig musst du gewisse Dinge zu deinen eigenen machen. Du musst neue Ideen einbringen. Und das ist eine Herausforderung. Aber ich bin überzeugt, dass Nik dafür Lösungen findet. Muss er!

Und was wirst du nächstes Jahr machen?
Mehr Bob-Dylan-Talks (lacht). Nein, das weiss ich wirklich noch nicht. Vielleicht ein bisschen weniger arbeiten. Ein bisschen mehr das machen, worauf ich Lust habe, als Sachen, die ich muss.

Mehr mit Freunden zusammen sein?
Mit meiner Frau mehr zusammen sein, mehr Zeit haben für sie, an ihrem Geburtstag nicht wieder irgendwo im Ausland sein wie letztes Mal. Ja, einfach das Leben geniessen – was ich auch vorher schon gemacht habe. Aber ein bisschen auf andere Art. Ich freue mich sehr.

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