Regisseur über RTS-Netflix-Co-Produktion «Winter Palace»
«Tipps gaben sie uns vor allem im Bereich Cliffhanger»

Mit dem neuen Filmgesetz sind Streamingdienste verpflichtet, vier Prozent ihres Schweizer Umsatzes in die hiesige Filmproduktion zu investieren. Die Serie «Winter Palace» von Erfolgsregisseur Pierre Monnard ist die erste Zusammenarbeit zwischen Netflix und der SRG.
Publiziert: 01:09 Uhr
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Pierre Monnard bei den Dreharbeiten zu «Winter Palace» im Februar 2024 in Sierre VS.
Foto: keystone-sda.ch

Auf einen Blick

  • «Winter Palace»: Erste SRG-Netflix-Co-Produktion über Schweizer Wintertourismus
  • Pierre Monnard führt Regie, Cyril Metzger spielt Hauptrolle
  • Budget im zweistelligen Millionenbereich, RTS beteiligt sich mit sieben Millionen
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Jean-Claude GalliRedaktor People

Normalerweise werfen RTS-Serien in der Deutschschweiz keine grossen Wellen. Im Fall von «Winter Palace» (läuft ab dem 26. Dezember auch auf SRF 1) ist dies anders. Erstens hat beim Achtteiler Pierre Monnard (48) Regie geführt, der mit dem SRF-Quotenhit «Wilder» und dem Kinokassenschlager «Platzspitzbaby» landesweit bekannt wurde.

Zweitens ist die fiktive Reihe um ein Grand Hotel in den Alpen Ende des 19. Jahrhunderts die erste Gemeinschaftsproduktion der SRG mit Netflix. Globale Streamingdienste sind seit der Annahme des neuen Filmgesetzes verpflichtet, vier Prozent ihres in der Schweiz erzielten Umsatzes ins heimische Filmschaffen zu investieren. «Winter Palace» ist das erste Resultat. 

Im Gespräch mit Blick schwärmt Monnard über die Kooperation. «Die Serie war schon komplett geschrieben, als der Streamingdienst einstieg», erzählt er. «Es war eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Inhaltliche oder formale Auflagen gab es nicht. Die Netflix-Vertreter hörten uns genau zu und unterstützten uns nach ihren Möglichkeiten. Tipps gaben sie uns vor allem im Bereich Cliffhanger.»

Hotelkönig Cäsar Ritz als Inspiration

Der US-Gigant wurde vor drei Jahren auf «Winter Palace» aufmerksam, als RTS Co-Produzenten suchte. «Netflix engagierte sich, weil die Serie eine typisch schweizerische Geschichte erzählt, die gleichzeitig eine internationale Tragweite hat.» Das Budget bewegt sich im zweistelligen Millionenbereich. RTS ist mit sieben Millionen dabei. Wie viel Netflix eingeschossen hat, ist nicht bekannt. Die Amerikaner halten sich zu Zahlen stets bedeckt.

«Winter Palace» zeichnet anhand der Figur André Morel die Erfindung des Wintertourismus in der Schweiz nach. Morel trägt Züge des Walliser Hotelkönigs Cäsar Ritz (1850–1918). Als historische Beraterin fungierte Evelyne Lüthi-Graf (68). Der Kostüm- und Dekoraufwand war enorm. Doch ist die Serie kein verstaubtes Historiendrama. «Wir wollten eine frische Geschichte erzählen, der man anmerkt, dass sie mit dem Wissen von heute entstand. Wir verwenden auch moderne Elemente, gerade bei der Musik. Denn wir möchten auch ein junges Publikum ansprechen.»

Als Zielgruppe nennt Monnard die ganze Familie. «‹Winter Palace› bietet allen etwas. Romantik, Abenteuer, Drama, Humor und Action. Die Ausstrahlung über die Festtage passt ideal. Die Serie vermittelt eine festliche Atmosphäre, wie ein Glas Champagner, prickelnd und erfrischend.»

Die wohl grösste Herausforderung sei gewesen, die Locations zu finden. Gedreht wurde zwischen Oktober 2023 und März 2024, in Glion und Caux oberhalb von Montreux VD, im Château Mercier in Sierre VS, im Binntal und beim Simplon-Hospiz. «Dabei ist uns beinahe der Schnee unter den Füssen weggeschmolzen», erzählt Monnard. «Zum Teil trugen die Crew-Leute T-Shirts, es war wie im April, und wir mussten den Drehplan stark anpassen. Es ist uns aber trotzdem gelungen, eine Winterillusion zu kreieren.»

Neuentdeckung Cyril Metzger

Gespielt wird André Morel von Cyril Metzger (30), die Französin Manon Clavel (25) verkörpert seine Gattin Rose. Metzger kommt wie Monnard aus dem Kanton Freiburg und könnte der nächste Welsche sein, der den internationalen Durchbruch schafft. «Er erinnert mich an den französischen Oscar-Preisträger Jean Dujardin. Wir haben das gleiche Gymnasium besucht und auch sonst viel gemeinsam.»

Kennengelernt hat Monnard Metzger bei den Dreharbeiten zu «Hors-Saison» 2021. «Cyril ist sehr charismatisch, kann gut improvisieren und in die Tiefe gehen. Es ist für einen Regisseur ein grosses Geschenk, wenn es Klick macht und eine längere Beziehung mit einem Schauspieler entsteht.» So übernimmt Metzger auch eine Rolle in Monnards nächstem Film «Hallo Betty» über die Kochbuchfigur Betty Bossi, der Anfang 2025 entsteht. Dort in der Hauptrolle ist Sarah Spale (44), mit der Monnard ebenfalls seit längerem arbeitet.

Dass winterliche Grand Hotels seit Beginn der Filmgeschichte bewährte Stofflieferanten sind, begründet Monnard so: «Hotels sind gebaut, um den Menschen eine Bühne zu geben, die sie zu Hause nicht haben und die sie grösser macht, als sie wirklich sind. Hotels bieten eine Parallelwelt mit eigenen Gesetzen. Man trifft Leute, die man sonst nie treffen würde, lebt mit ihnen unter einem Dach und isst sogar mit ihnen. Der Direktor hat dabei eine ähnliche Rolle wie ein Regisseur. Er ist ein Geschichtenerzähler, der seinen Gästen immer etwas bieten muss.»

Monnard ist im Winter selber gerne in den Bergen. «Unsere Skiferien im Februar verbringen wir in Champéry, dort, wo ‹Hors-Saison› entstanden ist.» Aufgewachsen ist er in Châtel-Saint-Denis FR. «Früher gab es dort im Winter noch ganz viel Schnee, und Skifahren gehörte zum Schulunterricht. Als Teenager habe ich dann das Snowboarden entdeckt, das war meine Religion. Und meine allerersten Kurzfilme waren Produktionen für eine Schweizer Snowboardmarke.»

Fondue ist «fun to do»

In diesem Zusammenhang erzählt Monnard eine lustige Anekdote. Der Brite Simon Ludders (49), der in «Winter Palace» Lord Fairfax verkörpert, Morels Financier, sagte eines Tages zu Cyril Metzger: «Wahnsinn, du bist in der Schweiz ja ein Superstar, überall hängen Plakate von dir.» Er hatte ihn mit Marco Odermatt (27) auf den Sunrise-Plakaten verwechselt. «Wenn es mal ein Biopic über Odermatt geben sollte, hätten wir nun schon die ideale Besetzung», scherzt Monnard.

Überhaupt war die Stimmung am Set sehr heiter. «Normalerweise nehme ich die Schauspieler wie Einzelsportler wahr. Hier war es ein Team. Und dieser positive Geist ist auf der Leinwand extrem spürbar.» Beispielhaft akzentuiert sich dies im Moment, in welchem den Gästen ein Fondue kredenzt wird. «Die Szene war völlig improvisiert. Cyril demonstrierte als Hoteldirektor den Engländern, wie ein Fondue gegessen wird. Und sagte dann ganz spontan, Fondue sei ‹fun to do›. Das könnte eine perfekte Werbebotschaft sein», meint Monnard.

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