Rap-Star Karim Russo alias Monet192
«Ich könnte schon in Rente gehen»

Als Kind hatte der Ostschweizer Musiker Karim Russo nichts ausser Wünsche und Träume. Diese verfolgte er mit eisernem Willen. Heute lebt der Rapper mit Mutter und Schwester in einer luxuriösen WG, doch seine Vergangenheit bleibt präsent.
Publiziert: 17.06.2024 um 20:12 Uhr
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Aktualisiert: 17.06.2024 um 20:42 Uhr
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Karim Russo hat tunesisch-italienische Wurzeln. Seine Heimat ist aber die Ostschweiz. Trotz internationalem Erfolg bleibt er seinem Zuhause treu.
Foto: Roger Hofstetter
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Toni Rajic
Schweizer Illustrierte

Leises Wellenrauschen, Rufe von Möwen, Blick auf das funkelnde Wasser. Wer das Zuhause von Rapper Monet192 betritt, wird direkt in die Ferien teleportiert. Dass sich in dem heruntergekommen erscheinenden 60er-Jahre-Bau in Rorschach SG eine 280 Quadratmeter grosse Luxuswohnung in erster Reihe zum Bodensee verbirgt, überrascht. «Nach zwei, drei Monaten ist der Ausblick normal. Ich merke das überhaupt nicht mehr. Schlimm, wie schnell man sich an Gutes gewöhnt», meint Karim Russo (26) selbstkritisch. «Ach was, das stimmt nicht. Ich schätze es jeden Tag ungemein», widerspricht Mutter Rosa (48). Mit ihr und Schwester Amina (20) lebt der Musiker seit rund einem Jahr in dieser «liebevoll verrückten WG», wie er sagt. Das Zusammenleben funktioniere hervorragend. «So können wir die wenige Zeit, in der ich daheim bin, alle zusammen verbringen. Das bedeutet mir die Welt.»

Auf die Frage nach Frauenbesuch lacht Karim verschmitzt. «Ich lerne gerade eine Frau näher kennen. Deshalb ist nicht viel los.» Er sei ohnehin ein Beziehungstyp. «Schnelle Nummern sind nicht mein Ding, viel lieber hätte ich eine eigene Familie mit vier Kindern. Das ist mein grosser Traum.»

Die schwere Vergangenheit prägt ihn bis heute

Wie es ist, von Wünschen angetrieben durchs Leben zu gehen, weiss er bestens. Sein Mami, Tochter italienischer Gastarbeiter, kämpfte Ende der 90er-Jahre um jeden Rappen. Verlassen vom Kindsvater, nahm sie zeitweise drei Jobs gleichzeitig an. Und doch reichte das Geld für eine eigene Wohnung nicht. Mit ihren Kindern lebte sie kurzzeitig im Frauenhaus, ehe sie bei Verwandten unterkam und später eine Sozialwohnung beziehen konnte. «Ich habe mich als Kind in der grossen Welt oft verloren gefühlt. Das hat mich sicher geprägt. Vieles habe ich inzwischen in Musik verarbeitet. Und doch, vergessen werde ich das nie.»

Etwa zehn Tage im Monat ist Karim daheim, umso mehr geniesst er ruhige Momente mit seiner Mama.
Foto: Roger Hofstetter

Eine Situation, die ihm aus Kindheitstagen in Erinnerung geblieben ist, hat die heutigen Lebensumstände massgeblich geprägt. «Ich war mit meiner Mama spazieren, als sie auf eine Wohnung mit Seeblick zeigte. Damals haben wir uns ausgemalt, wie schön es wäre, dort zu leben. Das war für uns finanziell unerreichbar. Und was ist passiert? Heute leben wir genau hier. In der Wunschwohnung meiner Mama. Das ist kein Zufall, das ist pures Schicksal. Eine höhere Macht», sagt er stolz.

Durchbruch kurz vor dem Ende

Glück alleine reicht allerdings nicht. Es braucht auch Mut. Während ihm ein Grossteil des Umfelds davon abriet, auf die Musik zu setzen, stellte sich Karim ein Ultimatum: Sein Erspartes verpackte er in zwölf Couverts, die er sich Monat für Monat als Lohn auszahlte. Wenn in einem Jahr alles aufgebraucht wäre und der Erfolg ausbleiben würde, ginge es zurück in die Pflege, in seinen Lehrberuf, den er abgeschlossen hat. «Ich habe mir den Arsch aufgerissen, doch passierte einfach nichts. Lange erschien es aussichtslos. In solchen Momenten habe ich extrem an mir gezweifelt und ans Aufgeben gedacht.»

Artikel aus der «Schweizer Illustrierten»

Dieser Artikel wurde erstmals in der «Schweizer Illustrierten» publiziert. Blick+ Nutzer haben exklusiv Zugriff im Rahmen ihres Abonnements. Weitere spannende Artikel findest du auf www.schweizer-illustrierte.ch.

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Doch dann passiert es: Im September 2017 stellt Monet192 mit «Tout le jour» einen Song auf Youtube, der sozusagen über Nacht durch die Decke geht. Zu verdanken hat er dies der deutschen Influencerin Salomé Sylvana, die den Song in einem ihrer Videos verwendet. In wenigen Tagen kommen so Millionen von Aufrufen zusammen. Und plötzlich wollen ihn alle: Apache 207, Raf Camora, Dardan – die Crème de la Crème der deutschen Rap-Szene. «Sie wollten mich alle unter Vertrag nehmen. Das war surreal.»

«Ich bin ein Sparfuchs»

Mit gerade mal 19 Jahren unterschreibt er beim Major-Label Warner. Die Karriere nimmt Fahrt auf. Es folgen Gold- und Platinplatten, ausverkaufte Konzerte, immense Streamingzahlen. Heute gehört Monet192 im Rap-Business zu den ganz Grossen. Mit dem Erfolg kommt auch das Geld. Doch damit gehe er bedacht um. «Ich überlege mir gut, ob ich etwas wirklich brauche, und kaufe es erst, wenn ich weiss, dass ich es mir problemlos sechsmal leisten kann. Das ist meine Regel Nummer 1. Ich bin ein Sparfuchs», meint er. Zum Image eines Rappers gehört selbstverständlich auch eine ansehnliche Kette.

Stolz holt Karim eine schwarze Schatulle aus dem Schlafzimmer, nimmt die Kette vorsichtig heraus und hängt sie sich um den Hals. Silber? «Nein, Weissgold natürlich.» Wohl auch echte Diamanten? «Logisch!» Der Preis? «Etwas über 60'000 Franken. Der emotionale Wert ist aber unbezahlbar. Ich habe mich damit für meinen Durchhaltewillen belohnt.» Von Protz will er aber nichts wissen. «Wenn ich sie auf der Bühne trage, will ich damit nicht zeigen, was ich habe, sondern was man erreichen kann.»

Edelmetall ist sein Ding: Vier Gold- und drei Platinplatten nennt er sein Eigen. Mit der Weissgoldkette hat er sich selbst belohnt.
Foto: Roger Hofstetter

Money-Maker Monet192

Um nicht zu vergessen, wo er einst stand, hat ihm Schwester Amina ein Plakat mit ersten Zeitungsartikeln gebastelt. «St. Galler Rapper startet durch» oder «Wer ist Monet192?», lauten Schlagzeilen. «Solche Fragen stellen sich heute nicht mehr. Alle in meiner Schule wissen, wer er ist», sagt sie. Und doch wüssten nur die engsten Freunde, dass Monet192 ihr Bruder sei: «Ich bin zwar unglaublich stolz, will mich aber nicht mit seinem Namen und seinem Erfolg schmücken.»

Aus Stolz bastelt Schwester Amina ein Plakat mit ersten Zeitungsartikeln. Heute erinnert es Karim an seinen Start und hält ihn am Boden.
Foto: Roger Hofstetter

Seinen Ruhm schaukelt Karim Russo inzwischen mit einem ganzen Team. Zwei Stylistinnen, ein Visualist und ein dreiköpfiges Management stehen auf seiner Lohnliste. Dazu finanziert er seiner jüngeren Schwester die Ausbildung. Was bleibt da übrig? «Genug. Nur so viel: Ich und meine Liebsten könnten jetzt in Rente gehen.» Doch ans Aufhören denkt Monet192 noch lange nicht. «Das, was ich mache, liebe ich zu sehr. Und zu lange musste ich für all das untendurch.»

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