Auf einen Blick
- Verkehrseinschränkungen durch die UCI Rad-WM in Zürich
- Prominente wie Roger Schawinski sind betroffen
- Die Veranstaltung dauert vom 21. bis 29. September
Sperrzeiten, Sperrzonen und die Stadt Zürich, die jeweils ab fünf Uhr morgens gesperrt ist. Das blüht Wohnhaften und Gewerbetreibenden, wenn vom 21. bis 29. September die UCI Rad- und Para-Cyling-Strassen-WM in Zürich stattfindet. Ein spektakulärer Grossanlass, den viele freut, aber nicht alle.
Vor allem die angekündigten Einschränkungen im Verkehr machen vielen zu schaffen. «Alle Verfügungen und Bewilligungen wurden öffentlich und mit Angabe der Rechtsmittel bekanntgegeben», sagt Andreas Herren (62), Kommunikationschef des Organisationskomitees, gegenüber Blick. Er weist darauf hin, dass Gemeinde-Exekutiven solche Bewilligungen in eigener Kompetenz erlassen können. Sprich: Es brauchte dazu keine Abstimmung.
Ängste und Besorgnis werden Ernst genommen
Gemäss Herren, würden die Organisatoren und Behörden die Ängste und Besorgnis der Bevölkerung ernst nehmen und bei Anfragen Lösungen aufzeigen. «Unsere Erfahrung ist, dass die Situation jeweils sehr individuell ist und von der genauen Wohn- oder Geschäftsadresse bzw. dem Renntag und dem jeweiligen Rennprogramm abhängt», sagt er und ergänzt: «In doch recht zahlreichen Fällen wurden wir auch von Personen kontaktiert, die in keiner Weise eingeschränkt sind, weil sie durch die teils alarmistische Berichterstattung der Medien verunsichert waren.»
Auch prominente Personen sind von den Einschränkungen betroffen. Im Blick äussern sie sich dazu:
Markenexperte Frank Bodin (62), Seefeld und Zollikon
«Wenn mein Haus eine unbewohnbare Baustelle ist, kann ich keine Gäste zum Festessen einladen. Ähnlich verhält es sich mit der Rad-WM. Zürich, besonders das Seefeld, wo die Rennstrecke verläuft, ist seit fast einem Jahr eine Dauerbaustelle, die das Zumutbare längst überschritten hat. Nun die Stadt auch noch für neun (!) Tage durch die Rad-WM lahmzulegen, zeigt totale Ignoranz gegenüber den Menschen, die hier leben und arbeiten. Während der Radsport-Weltverband UCI Millionen verdient, müssen zahlreiche Geschäfte, Restaurants und Betriebe schliessen – vielleicht für immer. Was Familien machen, die aufs Auto angewiesen sind, um ihre Kinder in die Kita zu bringen oder zur Arbeit zu fahren, bleibt ein Rätsel. Weshalb das Stadtzürcher Regime spärlich und viel zu spät kommuniziert, ist klar wie der Klang einer Veloglocke: Die Bevölkerung hätte nie zugestimmt. Der Flyer, der erst jetzt in die Briefkästen flatterte, hätte mit ‹Bleiben Sie zu Hause oder fliegen Sie weg!› überschrieben sein können. Mich trifft das Rad-WM-Chaos doppelt: Mein Büro in Zürich und mein Zuhause in Zollikon werden wegen der komplett gesperrten Dufourstrasse von der Aussenwelt abgeschnitten sein. Statt Velostadt wird Zürich zur Chaosstadt.»
Medienpionier Roger Schawinski (79), Zürichberg
«Da wird natürlich total übertrieben. Das Interesse an den meisten dieser Rennen wird vernachlässigbar sein und in keinem Verhältnis zu den Einschränkungen stehen. Ich selbst fühle mich eher privilegiert, da ich zu Fuss in mein Radiostudio gelangen kann. Mitarbeiter von mir haben hingegen grosse Probleme, Radio geht nicht mit Homeoffice, das funktioniert nur direkt aus dem Studio.»
Pfarrer Andrea Marco Bianca (63), Küsnacht
«Die Einschränkungen sind gross, die Begeisterung klein, doch ich habe meine Corona-Learnings gemacht: Ich denke ‹out of the box› und passe mich für neun Tage an. Denn: Sich über etwas zu beklagen, das sich nicht ändern lässt, bedeutet Stress. Und den will ich nicht. Also verjünge ich mich innerlich: Als Jugendlicher bin ich selbst passioniert Rennvelo gefahren und wollte sogar Profi werden. Das ändert schlagartig meine Perspektive. Zum ersten und letzten Mal in meinem Leben eine Rad-WM direkt vor der Haustüre: Ein Erlebnis mit Erinnerungswert! Rad-WM und Para-Cycling-WM zum ersten Mal zur gleichen Zeit auf der gleichen Strecke: Ein Meilenstein mit 53 Medaillensätzen! Ja, das erfordert Flexibilität. Ich ändere meine Gewohnheiten: Früher raus, später heim – das ist mein Motto. An meiner Ziellinie zählt: Lernbereit und beweglich bleiben! In Moment ist meine Vorfreude noch gedämpft – aber ich hoffe auf eine umso grössere Nachfreude.»
Jetsetterin Vera Dillier, Innenstadt
«Eine neuntägige Radweltmeisterschaft in einer Grossstadt wie Zürich zu veranstalten, ist absurd! Denn an vielen Orten ist der Verkehr so eingeschränkt, dass ein Teil der Geschäfte zehn Tage lang schliessen muss! So zum Beispiel meine Coiffeuse! Wer nur hatte diese Idee? Wurde die Bevölkerung gefragt, ob sie das toll findet? Bei uns im Engadin durfte die Bevölkerung abstimmen, ob sie eine Winterolympiade ausrichten will! Und es wurde Nein gestimmt! Aber die Zürcher, na ja. Ich persönlich habe es gut, weil ich in St. Moritz bleiben und in dieser Zeit die Stadt meiden kann.»