Wenn professionelle Reise-Influencer von den schönsten Orten der Welt berichten, werden sie dafür bezahlt. Fotos von Schlangen vor einem Discounter bei Regen? Fehlanzeige. Doch ihr Geschäftsmodell ist heute bekannt. Die Folge: Influencer (auf Deutsch: Beeinflusser) beeinflussen nur noch begrenzt. «Die zelebrierte Unechtheit hat längst den Bogen überspannt. Daher nennen sich die meisten neu ‹Content Creator› also Kreator von Inhalt», stellt Markenexperte Frank Bodin (62) fest. Anders sieht es aus, wenn echte Stars echte Gefühle posten.
«Fantastisch», sagte Oscarpreisträger Will Smith (55) vergangenen Sonntag in seine Handykamera als er frühmorgens durch die menschenleeren Strassen Zürichs läuft. Smith übernachtete in Zürich, weil ein Flug abgesagt worden war. Auf seinem Morgenspaziergang sieht er Schwäne im See und Schweizer Sackmesser im Schaufenster. Alles begeisterte ihn. «Ich komme nie dazu, einfach so durch eine Stadt zu laufen», schildert er enthusiastisch. Hätten Teuscher oder Sprüngli geöffnet gehabt, wären wohl auch deren Pralinés von Smith beschwärmt worden. Smiths Eloge erreichte ein enormes Publikum: Der Hollywoodstar hat auf Instagram über 70 Millionen Follower.
Diese Stars schwärmen von der Schweiz
Mundpropaganda fördert Tourismus
Das Video von Will Smith ist für das Image der Schweiz als Feriendestination unbezahlbar. Ein Grossteil der Will-Smith-Follower stammt aus den USA. Das Bundesamt für Statistik hat eben die Hotel-Logiernächte für das erste Halbjahr veröffentlicht. 1'465'793 entfallen auf die US-Gäste. Das sind 10,4 Prozent mehr als 2023. Gemäss Schweiz Tourismus ist der US-Markt nach der Schweiz und nach Deutschland, der drittwichtigste Markt. Nimmt man nur den Juni, sind die USA sogar der zweitstärkste Markt. Entsprechend erfreut ist man bei Schweiz Tourismus über den Post von Smith. «Mundpropaganda war schon immer eines der wichtigsten Mittel, um den Tourismus zu fördern. In der Vergangenheit geschah dies über Reiseführer oder Postkarten, heute eben auch über soziale Netzwerke», so Mediensprecherin Liên Burkard.
Will Smith ist kein Einzelfall: Kurz vor ihm waren es die beiden US-Stars Taylor Swift (34), die nach ihren beiden Juli-Konzerten im Zürcher Letzigrund bei ihren über 280 Millionen Insta-Followern schwärmte: «Dieser Ort ist atemberaubend schön.» Und letzte Woche war es DJ Diplo (45) der aus seinem Hotelzimmer erstaunt feststellte: «Die Leute in der Schweiz lassen sich auf dem Fluss zur Arbeit treiben», was er ihnen umgehend nachmachte, sich dabei filmte und seinen über sechs Millionen Instagram-Fans zeigte. Manche kommentierten, dass ein solches Schwimmvergnügen weder in der Pariser Seine, noch im New Yorker Hudson-River möglich wäre. «Authentische Posts über positive Reiseerfahrungen in der Schweiz sind ein wichtiges Element für das Image und den Bekanntheitsgrad unseres Landes, da sie nicht von Fachleuten gesteuert werden können», sagt Burkhard von Schweiz Tourismus.
Echtes Schwärmen wird immer wichtiger
Für Markenexperte Frank Bodin, der drei Jahre lang kreativ die Schweizer Tourismuswerbung verantwortete, sind die prominenten Beispiele das Wirkungsvollste, was uns passieren kann. «Echtes Schwärmen wird immer wichtiger. Es widerspiegelt, wo und worin die Schweiz einmalig ist. Etwas Besseres kann einem Land, für das der Tourismus ein wichtiger Wirtschaftszweig ist, nicht passieren.»
Schweiz Tourismus setzt auch selber auf Stars – und zahlt dafür viel Geld. Am erfolgreichsten war der Spot mit Tennis-Legende Roger Federer (43) und dem südafrikanischen Komiker Trevor Noah (40), die das Zugreisen durch die Schweiz bewarben. Gemäss Schweiz Tourismus mit Erfolg: «Die Verkaufszahlen des Swiss Travel Pass, dem GA für ausländische Gäste, erzielten ein Umsatzplus von 59 Prozent im Vergleich zur Vorjahresperiode», so die Medienstelle. Um die Herbstsaison fest zu etablieren, wird es dieses Jahr dazu einen Werbespot mit Roger Federer, dem über 13 Millionen auf Instagram folgen, geben.