Promi-Jäger der ersten Stunde
Wie Jack Stark zum Erfinder des People-Journalismus wurde

Er kannte Alfred Hitchcock, Grace Kelly und Romy Schneider, war dabei, als Mick Jagger der Zutritt zu einem Zürcher Nachtclub verwehrt wurde. Paola Felix verhalf er zur Schlagerkarriere. Jack Stark hat den People-Journalismus in der Schweiz erfunden.
Publiziert: 06.04.2024 um 16:59 Uhr
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«Dr. iur. Journalist»: Jack Stark war der elegante People-Reporter. Auf seiner Schreibmaschine hielt er (fast) alles fest.
Foto: Joseph Khakshouri
Thomas Renggli
Thomas Renggli
Schweizer Illustrierte

So tönt die Gelassenheit eines Mannes, der sich nichts mehr zu beweisen hat: «Ich bin eigentlich ein Bünzli. Ich war zwar oft mit Prominenten zusammen, aber wirklich zu ihnen gehört habe ich nicht.» Der Zürcher Jack Stark (88) begründet in den 1960er-Jahren ein neues journalistisches Metier – dasjenige der People- und Gesellschaftsreportage. Seine Premiere feiert der Rechtsanwalt eher zufällig, als er 1964 am Filmfestival Locarno einen befreundeten Fotografen trifft und für ihn spontan ein paar Bildlegenden für den Blick verfasst. Die kurzen Zeilen sind derart pointiert formuliert, dass sich die Ringier-Leute nach dem Verfasser erkundigen – und Jack Stark 1965 zum ersten Schweizer Promi-Jäger befördern.

Céline Dion: Die Kanadierin gewinnt 1988 in Dublin für die Schweiz den Eurovision Song Contest. Jack Stark ist einer der ersten Gratulanten.
Foto: ZVG

Der Chasseur als Tagesgespräch

Die Kolumne «Mit Chasseur dabei» wird zum Tagesgespräch und zum Pflichtstoff in der Medienwelt. Denn mit seiner diskreten und vertrauensvollen Art findet Dr. iur. Jack Stark in den 60er- bis 80er-Jahren des vorigen Jahrtausends den Zugang zu allen. Er ist mittendrin, hält aber stets Distanz. Und er trifft wie ein versierter Jäger – Chasseur – fast immer das Ziel. Von Heidi Abel bis Sonja Ziemann müssen Menschen berühmten Namens darauf gefasst sein, dem Reporter zu begegnen. Treffen die Promis ein, ist Stark normalerweise schon dort – und nur er. Rückblickend sagt er: «Von Rudeljournalismus hielt ich nichts. Pressekonferenzen konnte man auslassen. Am Schluss schrieben alle das Gleiche.»

Sean Connery: «Mein Name ist Stark – Jack Stark.» Bei dieser Vorstellung kann sich der Bond-Darsteller (r.) 1966 ein Lächeln nicht verkneifen.
Foto: ZVG

Stattdessen führt er seine Recherchen oft bis ins Morgengrauen weiter. Im Hotel Baur au Lac hilft er Patron Charles Kracht, im Keller die Disco Diagonal zu etablieren. Starks Geheimrezept: Gala-Abende mit Popstars und anderen bekannten Menschen. Und Jack Stark selbst ist meistens dabei. Es heisst damals, er sei der einzige Blick-Mitarbeiter, der offiziell die Erlaubnis hatte, erst nach dem Mittagessen auf der Redaktion zu erscheinen.

Uschi Glas: Trotz Begegnungen mit Stars wie der Schauspielerin (im Januar 1966 in München) hält Stark journalistische Distanz.
Foto: ZVG

1969 schreibt Jack Stark für Paola Del Medico (73) – spätere Felix – den Text zum Lied «Bonjour, bonjour». Die St. Gallerin landet beim Eurovision Song Contest auf dem fünften Platz und lanciert so ihre Karriere.

Fingerspitzengefühl: Für seine Susanne greift Stark noch heute in die Klaviertasten.
Foto: Joseph Khakshouri
Artikel aus der «Schweizer Illustrierten»

Dieser Artikel wurde erstmals in der der «Schweizer Illustrierten» publiziert. Weitere spannende Artikel findest du auf www.schweizer-illustrierte.ch.

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Doch vor allem ist er Promi-Jäger. Er ist in Wien vor Ort, als Yul Brynner (1920–1985), Sean Connery (1930–2020) und Stephen Boyd (1931–1977) in der legendären Eden-Bar Wodka (Brynner), Scotch (Connery) und Bourbon (Boyd) bestellen. Als der Kellner die Gläser bringt, reagiert die prominente Kundschaft empört: «Not glasses – bottles!» Sean Connery trifft er mehr als einmal. Etwa 1966 in London beim Dreh des James-Bond-Films «You Only Live Twice». Stark erinnert sich: «Connery war nicht sonderlich gut gelaunt. Doch als ich mich mit den Worten vorstellte ‹My name is Stark, Jack Stark›, musste er schmunzeln.»

Tochter nach Liza Minnelli benannt

Stark weiss schon damals auch, dass Romy Schneider (1938–1982) eine Wohnung in Zürich-Höngg besitzt. Alfred Hitchcock (1899–1980) verrät ihm im Hotel Baur au Lac unter vier Augen, dass er «Shadow of a Doubt» für seinen besten Film hält. Gegen Anthony Quinn (1915–2001) spielt er während des Filmfestivals von Cannes Tennis und verliert 0:6, 0:6. Er ist dabei, als der Türsteher des Zürcher Nachtclubs High Life einem ungepflegt wirkenden Mann den Einlass verweigert: Mick Jagger (80), nach dem legendären Rolling-Stones-Konzert im Hallenstadion.

Die Zeiten ändern sich: Starks Hermes-Schreibmaschine ist längst einem Computer gewichen.
Foto: Joseph Khakshouri

Privat findet Stark, der mit Vornamen eigentlich Herbert heisst und seinen Rufnamen dem Fussballer Jacky Fatton verdankt, das Glück mit seiner Susanne – eher zur Überraschung seines Umfelds: «Als wir 1971 heirateten, gab uns niemand eine grosse Chance.» Es sollte eine gravierende Fehleinschätzung sein. Vor zwei Jahren feierte das Paar die goldene Hochzeit. Die Töchter Alexandra (50), Liza (48), benannt nach Liza Minnelli (78), und Nina (44) freuen sich mit ihren Eltern über deren Liebe des Lebens. Jack Stark wurde am 5. Februar 2024 88 Jahre alt. Im Geist und im Herzen ist er aber noch so jung wie damals in den wilden 60er-Jahren.

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