Mary Middlefield (22) erlebt gerade den besten Sommer ihres bisherigen Lebens. Morgen Freitag spielt sie am Berner Gurtenfestival, davor war sie am Openair St. Gallen zu hören. Der 27. Juni dieses Jahres aber toppte bisher alles, als Middlefield auf der «BBC Introducing Stage» des legendären Glastonbury-Festivals in Südengland auftreten durfte.
Sie erinnert sich gegenüber Blick: «Als ich die Mail-Anfrage bekam, war ich noch nicht lange wach. Ich dachte zuerst, das sei ein Traum. Nach zehn Minuten las ich die Nachricht nochmals und realisierte dann erst den Inhalt. Ich lachte und heulte. Ich war in meiner Küche wie ein fünfjähriges Kind.» Die Stimmung in Glastonbury war «ähnlich unvergesslich, total verrückt. Und ja, einen besseren Sommer hatte ich wirklich noch nie.»
15 Jahre klassische Musik
Mary Middlefield heisst bürgerlich Maria Mitterfellner, hat österreichisch-deutsche Wurzeln und lebt in Lausanne VD. Musik war früh Teil ihres Daseins – fünfzehn Jahre lang mit klassischem Gesang und Violine.
Während der Pandemie und nach einer zerbrochenen Beziehung krempelte sie vieles um, lernte Gitarre spielen und schlug den Weg Richtung Pop ein. Ihr erstes Album «Thank You Alexander» brachte ihr euphorische Kritiken und 2023 die Nomination zum «SRF 3 Best Talent».
Seit damals geht es steil nach oben. Und ihr Konzert auf dem Berner Hausberg passt zum Stimmungshoch. «Ich freue mich nicht nur, weil wir dort sind. Sondern ich möchte unbedingt auch Justice sehen», verrät sie ihre private Vorliebe. Das französische Duo spielt um Mitternacht auf der Hauptbühne.
Expressive Art auf der Bühne
Mit Mary Middlefield zu sprechen und sie live zu sehen, ist nicht ganz deckungsgleich. «Ich kann mich singend kompromissloser und provokativer ausdrücken und das ganze Adrenalin herauslassen. Meine expressive Art muss man wohl auf der Bühne erleben, um mich wirklich zu begreifen», beschreibt sie es.
Das Berner Publikum kennt sie bereits von einem Auftritt im Bierhübeli im Frühling her. «Die Berner sind tolle Leute, sehr sympathisch. Wir werden auf dem Gurten etwas rockiger spielen und uns von der besten Seite zeigen», verspricht sie.
Mindestens so eindrücklich wie ihre Show und ihre Melodien sind ihre Texte. Middlefield spricht fünf Sprachen fliessend und kombiniert verschiedene Einflüsse. Ihr absolutes Stilvorbild ist passend zu Glastonbury die englische Klassikerin Daphne du Maurier (1907–1989), die mit der Kurzgeschichte «Die Vögel» weltberühmt wurde.
«Mit elf hat mir meine Mutter ihren Roman ‹Rebecca› gegeben. Die Art, wie Du Maurier Landschaften beschreibt, hat etwas in meinem Gehirn verändert. Ich konnte die Szenerie förmlich riechen und vor mir sehen. Solche Effekte möchte ich mit meinen Songs auch hervorrufen können.» Nun, offensichtlich ist sie auf dem besten Weg dazu.
Gurtenfestival, Freitag, 19. Juli, Waldbühne, 16 Uhr.