Stolz, leuchtend, prunkend: Das sind die Bedeutungen des alemannischen Rufnamens Tello oder Tallo. Entsprechend prunkend steht das Telldenkmal auf dem Rathausplatz des Urner Hauptorts Altdorf als leuchtendes Beispiel für den Freiheitsdrang, worauf wir Schweizer so stolz sind.
Dort «under die linden ze Ure» liess der habsburgische Landvogt Gessler seinen Hut auf eine Stange stecken, auf dass alle einheimische Untertanen davor zu salutieren hatten. Tell verweigerte den Gruss – und das bekannte Drama nahm seinen Lauf.
Die älteste Version dieser Legende steht im «Weissen Buch von Sarnen» (1470). Auf diese Handschrift beruft sich Friedrich Schiller (1759–1805), als er an seinem letzten Theaterstück «Wilhelm Tell» (1804) arbeitet.
«Die Axt im Haus erspart den Zimmermann», «Früh übt sich, was ein Meister werden will» oder «Ein rechter Schütze hilft sich selbst»: Solche geflügelten Worte machen das Stück bald berühmt, und seit Ende des 19. Jahrhunderts gilt Tell als Nationalheld der Schweiz.
Hitler erst Freund, dann Feind Tells
Der legendäre Freiheitskämpfer ist sowohl für konservative als auch für progressive Kreise der Eidgenossenschaft eine zentrale Identifikationsfigur. Wie ambivalent die Haltung zu Tell sein kann, zeigt sich am deutschen Diktator Adolf Hitler (1889–1945).
Während er Schillers Stück in seinem Buch «Mein Kampf» (1925) zitierte und später eine Inszenierung mit Görings Geliebter als Tells Frau autorisierte, verbot er 1941 «Tell»-Aufführungen, weil er wohl den Tyrannenmord fürchtete.
Ist die Tell-Geschichte zu schön, um wahr zu sein? Tatsache ist, dass sich Historiker erst nach dem Zweiten Weltkrieg einig sind: Tell hat nie gelebt und ist eine Sagenfigur. Bis 1945 ist diese Frage auch in Wissenschaftskreisen umstritten.
Die Hauptargumente gegen die historische Existenz Tells: Es gibt weder zeitgenössischen Belege für die Ermordung Gesslers noch für die Person Tells. Auch in Uri lässt sich bis heute keine Familie Tell nachweisen.