Sie rutscht auf dem grünen Samtsessel im Café gleich beim Zürcher Seeufer herum, wo wir sie für ein Gespräch treffen. Kein Wunder, ist Annina Hunziker (31) etwas nervös. Das Interview ist eine Premiere für sie – eine weitere Premiere. Im vergangenen Frühjahr stand die ausgebildete Schauspielerin zum ersten Mal vor einer TV-Kamera. Und dies nicht in irgendeiner Nebenrolle, sondern gleich in der Hauptrolle der zweiten romanischen Serie des RTR, «L'ultim Rumantsch» – auf Deutsch: Der letzte Rätoromane. RTR hat die Serie in Zusammenarbeit mit Sophie Toth (45, «Tschugger») von Shining Film produziert, Regie führt Adrian Perez (46).
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In der fünfteiligen Serie verkörpert Hunziker Ladina Cadonau, die Enkelin des Bündner Verlegers Gion-Peder Durisch, nach dessen Tod sich alles ändert. Ladinas Onkel Gion (Marco Luca Castelli, 52) plant, das Medienhaus «gesund zu sparen» und die letzte rätoromanische Zeitung «Posta» einzustampfen. Ladina hat andere Pläne: Sie will das Unternehmen mithilfe der ihr vererbten Anteile und mit viel Aktivismus umkrempeln. Zudem kämpft sie für den Erhalt der «Posta», dem Herzensprojekt ihres verstorbenen Grossvaters. Ein familieninterner Machtkampf ist programmiert.
Ladina sei eine komplexe Figur. Sie habe eine schöne und eine böse Seite und mache eine krasse Entwicklung durch, sagt Hunziker. «Sie erinnert mich an eine jüngere Version von mir. Als ich jünger war, war ich um einiges impulsiver und lauter. Ladina ist aber noch viel impulsiver, als ich es je war! In Momenten, in denen ich weinen würde, wird Ladina wütend.»
«Ich hatte zum Glück Romanisch-Kenntnisse»
Wie aber ist Annina Hunziker überhaupt zu der romanisch sprechenden Hauptrolle gekommen? Sie, die bis anhin fast nur in deutschen und österreichischen Theaterproduktionen zu sehen war? «Ich hatte zum Glück Romanisch-Kenntnisse», sagt sie. Deshalb sei sie empfohlen worden. Weil sie in Wien ihren Hauptwohnsitz hat, wusste sie gar nichts vom Projekt.
Ihre ersten Lebensjahre verbrachte Hunziker mit ihren Eltern aus dem Unterland in Laax GR, wo sie mit dem Romanischen in Kontakt kam und das Rumantsch Sursilvan lernte, eines der fünf Idiome des Romanischen. Zahlreiche Umzüge innerhalb des Kantons Graubünden sorgen dafür, dass sie die romanische Sprache noch in ihren Jugendjahren verlernte.
«Es war beängstigend»
Trotz ihrer Vorkenntnisse sagte Hunziker nicht gleich zu, weil sie sich schon für ein Theaterprojekt in Österreich verpflichtet hatte. Als der betreffende Regisseur von ihrem TV-Angebot erfuhr, drängte er sie, es anzunehmen. Eine solche Chance komme so schnell nicht wieder, habe er gesagt. Trotzdem sei sie zurückhaltend gewesen, weil sie das Medium Film bisher nicht kannte. «Im Theater musst du gross spielen und laut, für den, der ganz hinten sitzt», sagt sie und untermalt ihre Aussage mit den passenden Gestikulationen. «Im Film ist die Kamera fünf Zentimeter vor deinem Gesicht entfernt, es ist viel intimer und total beängstigend.» Grossen Respekt, beinahe Angst, hatte sie vor dem Romanischen. «Ich weiss, wie hart Bündner sein können, wenn aus ihrer Sicht jemand ihre Sprache verhunzt.»
Es habe für sie nur eine Lösung gegeben: «Ich musste mich meinen Ängsten stellen.» Sie nahm eine romanische Sprach-Coachin in Anspruch und begann einen Monat vor Drehbeginn zu üben. «Ich habe mit über 300 Karteikärtchen die einzelnen Wörter gelernt.» Die Frau, die sie coachte, sprach für ihre Schülerin jeden Satz für jede Episode ein und schickte ihr die Aufnahmen via Whatsapp. Hunziker: «Und gell, meine Figur Ladina, die hält gerne lange und vor allem sehr komplexe Monologe.»
Während vier Wochen hat sich die Bündnerin bis zu sechs Stunden täglich mit dem romanischen Text befasst. Eine Vorbereitung, die sie so bis anhin nicht kannte. Den deutschsprachigen Text – Ladina spricht in der Serie nicht nur romanisch – schaute sich Hunziker erst am Tag vor dem Drehstart an. «Den lese ich, dann hab ich ihn drin. Aber das Romanische, das habe ich unterschätzt!»
Eine bleibende Erkenntnis
Die Dreharbeiten fanden im vergangenen Mai und Juni in Graubünden und Zürich statt. An Orten, zu denen Hunziker, die neben Schauspiel in Wien Theater- und Filmwissenschaften in Bern und Zürich studiert hat, einen persönlichen Bezug hat. «Es war sehr schön, in Orten wie in Davos, wo ich so viel erlebt habe, meine erste Dreherfahrung zu machen. In gewissen Momenten musste ich allerdings schauen, dass es nicht zu persönlich wird.»
Auf die Frage, was sie aus dem Projekt mitnehme, antwortet Annina Hunziker mit Stolz: «Ich kann jetzt Smalltalk auf Romanisch führen.» Durch «L'ultim Rumantsch» hat sie gemerkt, wie viel Freude ihr das Arbeiten vor der Kamera macht. Sie will in Zukunft weitere Filme drehen.
Die erste Folge «L'Ultim Rumantsch» wird am Sonntag, 21. Februar, um 18.15 Uhr mit deutschen Untertiteln auf SRF 1 ausgestrahlt. Zeitgleich sind ab dann auch alle fünf Folgen auf der SRF-Mediathek Play Suisse verfügbar.
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