Vom 10. Juli bis 24. August kommt das berühmteste Kindermädchen der Welt auf die Thuner Seebühne. Das Musical «Mary Poppins» erzählt die Geschichte der Familie Banks. Deren Kinder Jane und Michael tanzen ihrem Kindermädchen auf der Nase herum. Die Eltern entscheiden: Sie brauchen dringend eine neue Betreuerin. Das Ehepaar Banks hat klare Vorstellungen davon, wie die Nanny sein soll, doch keine der Bewerberinnen hat die nötige Strenge. Mit der Anstellung von Mary Poppins kommt neuer Wind ins Haus. Humorvoll und einfühlsam gestaltet die junge Frau den Alltag mit Jane und Michael. Sie nimmt sie mit auf zahlreiche magische Abenteuer und Traumreisen. Dabei verändert sich nicht nur das Wesen der Kinder, sondern die Dynamik der ganzen Familie.
Während das Kindermädchen Mary Poppins von der in Deutschland aufgewachsenen Bulgarin Alexandra-Yoana Alexandrova und die Mutter Winifred Banks von der Leipzigerin Johanna Zett gespielt werden, schlüpft der Basler Patrick Imhof in die Rolle des Vaters George Banks. Der 53-Jährige wirkt bereits zum vierten Mal bei den Thunerseespielen mit. Obwohl er seit seiner Kindheit Theater spielt, schloss er in seiner Heimatstadt Basel ein Musikstudium mit dem Hauptinstrument Kontrabass ab. «Erst gegen Ende des Studiums wurde mein Wunsch, professioneller Schauspieler zu werden, immer deutlicher.
Und so zog ich los und machte Aufnahmeprüfungen», erklärt Imhof. Seine Schauspielausbildung absolvierte er in Leipzig, wo er mit seiner Familie heute auch lebt. «Auf die Musicalbühne zog es mich erst später, obschon ich viele Jahre als Lehrer und Dozent in der Sparte Musical unterrichtete.» Es war seine Schwester Caroline, die ihn anrief und fragte, ob er nicht versuchen wolle, bei «Ewigi Liebi» in Zürich mitzuspielen, wo auch sie mitwirkte. «Ich bekam den Job und spürte, dass die Sparte Musical mein neues Zuhause werden sollte», erinnert er sich.
Parallelen zu seiner Bühnenfigur
Patrick Imhof ist vierfacher Vater. Sieht er Parallelen zu seiner Rolle als George Banks? «Mir wurde sehr spät bewusst, wie wichtig mir eine Familie und Kinder sind.» Als sein erster Sohn zur Welt kam, sei er noch nicht bereit gewesen, seine Karriere zurückzustellen. «Erst als ich fast zwanzig Jahre später erneut Vater wurde, merkte ich, wie kostbar und erfüllend die Zeit mit meinen Söhnen ist», sagt er. «Jeden Tag erfreue ich mich daran, ihre Entwicklung zu begleiten, und kann trotzdem meiner Leidenschaft nachgehen.» Er sei ruhiger und weiser geworden, brauche nicht erfolgreich oder berühmt zu sein und setze Prioritäten. «Auch George Banks ändert im Verlauf des Stücks seine Einstellung grundlegend und sagt am Ende, dass seine Familie vorgehe», erklärt er. Weil seine Zwillinge erst fünf Jahre und der jüngste Sohn zwei Jahre alt sind und somit noch nicht zur Schule gehen, nimmt er seine Familie oft mit – auch nach Thun BE. «Wir haben ein paar nette Familien kennengelernt und fühlen uns hier wie zu Hause. Gleichzeitig ist es aber auch ein bisschen wie Urlaub.» An den freien Tagen geht er mit seiner Familie auf den Skatepark in Steffisburg, an den See oder in die Berge wandern. An anderen Spielorten müsse er abwägen und verhandeln, wie oft er nach Hause fahren kann oder ob er eine Wohnung für die Familie bekommt. «Am liebsten nehme ich Engagements an, die nicht so weit von zu Hause weg sind und wo ich nach einer Vorstellung wieder zurückfahren kann.»
Und worin liegen die grössten Unterschiede zwischen dem Darsteller und seiner Rolle? «George Banks legt sehr viel Wert auf den Schein und seine Stellung in der Gesellschaft. Alles muss akkurat und korrekt sein. Auch die Kinder müssen der Norm entsprechen. Mir ist es ziemlich egal, was andere über mich denken. Dinge wie Status oder Äusserlichkeiten liegen mir nicht», sagt er und fügt lachend an: «Wenn es für die Produktion wichtig ist, lass ich mir sogar einen Schnauz wachsen, auch wenn das bescheuert aussieht.»
Dieser Artikel wurde erstmals in der «Glückspost» veröffentlicht. Mehr aus der Welt der Schweizer Prominenz, Royals und Sportstars erfährst du immer montags in unserem Gratis-Newsletter! Zur Anmeldung
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Könnte er sich denn vorstellen, ein Kindermädchen wie Mary Poppins anzustellen? «Da wir viel unterwegs sind, sind die Kinder auch ununterbrochen bei uns. Manchmal wäre es schön, wir könnten sie für ein paar Stunden jemandem überlassen, dem wir vertrauen. Meine Kinder lieben Mary Poppins, und ich denke, sie würde das phantastisch machen.» Auch er würde sich gerne etwas von ihr abschauen: «die Küche aufräumen, indem ich mit dem Finger schnipse».
Kinder wechseln sich ab
Während Patrick Imhof vier Söhne hat, hat George Banks eine Tochter und einen Sohn. Vier Mädchen und vier Jungs zwischen 10 und 15 Jahren spielen die zwei Kinderhauptrollen. Eine davon ist die 14-jährige Karin Anreiter aus Steffisburg, die bereits im letzten Jahr bei «Dällebach Kari» als Statistin mitwirkte. «Als dann Kinder für eine Hauptrolle in ‹Mary Poppins› gesucht wurden, meldete ich mich zum Casting an», erzählt sie.
Beim Vorsprechen musste sie einen Popsong und ein Kinderlied interpretieren sowie ein Gedicht vortragen. «Und zweistimmig ein Lied aus ‹Mary Poppins› singen», sagt Karin Anreiter. Sie erhielt die Rolle und probt nun seit Januar. Zuerst zusammen mit den anderen Kindern bei einem Kindercoach, danach mit dem Ensemble und seit Mitte Juni auf der Bühne. Texte auswendig lernen könne sie gut, schwieriger sei das Singen mit Mikrofon und In-Ears. «Vor allem, wenn die anderen Darsteller neben mir stehen und ebenfalls singen», führt die 14-Jährige aus. Auf die Frage, wie viel Jane in ihr stecke, antwortet sie: «Ich bin ihr schon ähnlich und sage meine Meinung.» Deshalb imponiere ihr, dass Jane die Dinge selbst in die Hand nehme, wenn ihr etwas nicht passe.
Karin Anreiter wird bei sieben der insgesamt 27 Aufführungen mitwirken, meist zusammen mit Victor Delaquis (10), der ihren kleinen Bruder Michael spielt. «Jetzt bin ich mal die grosse Schwester», sagt sie lachend. Denn im echten Leben ist sie die Jüngste der Familie. Bruder Stefan ist 25, Schwester Ines 22. Steht sie nicht gerade auf der Musicalbühne, besucht Karin die Rudolf-Steiner-Schule. Nach den Sommerferien kommt sie in die 9. Klasse. Höchste Zeit also, Gedanken an ihren zukünftigen Beruf zu verlieren. Karin Anreiter lächelt und sagt: «Ich möchte schon etwas Richtung Musical oder Theater machen.»