«Ich habe schon viele Steinhaufen abgetragen, und nie hat jemand etwas gesagt», sagt Renzo Blumenthal (45) zu Blick. Der Biobauer und Ex-Mister-Schweiz ist mehr als genervt vom Dorf-Zoff um ein paar Steine. Seit die Geschichte am Mittwoch publik wurde, stehe bei ihm das Telefon nicht mehr still. «Viele Bauern rufen mich an, die sich genauso darüber nerven, offenbar hat man hier keine anderen Probleme.»
Darum gehts: Im September verschob der einst schönste Schweizer auf einem Grundstück, das seine Familie seit Generationen gepachtet hat, einen Steinhaufen, um das Land besser bewirtschaften zu können. Fünf auf sieben Meter misst der mit rund 15 cm Humus bedeckte Lesesteinhaufen, auf Rätoromanisch «muschna» genannt. «Wir sprechen hier von rund 20 Kubikmeter Material, das ich um etwa zehn Meter verschoben und in einen bestehenden Hang integriert habe.»
«Ich habe keine Ameisenkolonie vernichtet»
Das Problem: Bei der zuständigen Gemeinde Lumnezia GR hat er dafür keine Baubewilligung eingeholt. «Ich hatte keine Ahnung, dass es so eine braucht, wir sprechen von einem kleinen Haufen, der verschoben, nicht eliminiert wurde.»
Er habe auch keine Ameisenkolonie vernichtet, wie er sagt. «Gerüchte dieser Art sind totaler Quatsch. Es war ein Haufen mit geschlossener Grasnarbe, der so ohne Schaden einfach nur verschoben wurde, wie das alle Bauern seit Generationen so machen, abtragen oder verschieben, so einfach ist das. Das Theater um einen Steinhaufen ist absurd.»
Früher habe man die Maschinen nicht gehabt, daher gebe es auch auf seinem Land noch viele. Dass er es erst jetzt gemacht hat, erklärt er so: «Nun hatte ich den Mut. Ich dachte schon, dass dies zum Stammtischthema wird, doch dass es gleich in der Presse gelandet ist, hat mich schon überrascht.» Wer ihn bei der Gemeinde angeschwärzt hat, weiss er nicht. «Vielleicht ein Nachbar, es muss ja jemand von hier sein», so Blumenthal.
Nicht der erste Dorf-Zoff um Blumenthal
In Vella GR, dem rund 500 Einwohner grossen Dorf in Val Lumnezia (auf Deutsch: Tal des Lichts) lebt er seit seiner Geburt. Der Mister Schweiz des Jahres 2005 ist schweizweit bekannt, er galt lange als schönster Bauer im Land und vermarktet seine eigenen Bioprodukte. Alles nur Neider? «Ein paar wahrscheinlich schon», sagt er lachend und ergänzt: «Die meisten sind ja sehr nett.» Er betreibe Berglandschaft und müsse sich eh schon an viele Auflagen halten.
Die Einheimischen wollen sich nicht mit Namen zum Thema äussern. Man will sich nicht exponieren. Aber alle kannten den Steinhaufen. «Er war ja schliesslich in Sichtweite von der Kirche», sagt ein Spaziergänger mit Hund. Ein Bauarbeiter meint: «Ich kann Renzo nicht verstehen. Jeder Bauer hat irgendeinen Steinhaufen, den er behalten muss. Auch Renzo sollte sich daran halten.»
Es ist nicht das erste Mal, dass Renzo Blumenthal auf 1200 Meter über Meer für Stunk sorgt. Seine Schweinemast verstank 2007 schon das ganz Dorf, es hagelte 17 Einsprachen. Man könne kaum mehr richtig atmen, hiess es. 2011 gewann Blumenthal den Streit gegen seine Nachbarn und durfte den Rinderstall in einen Schweinestall umbauen. Mittlerweile hält er nur noch Kühe.
Gemeindepräsident stellt Unwissen infrage
Wie geht nun weiter? Gemäss Gemeindepräsident Daniel Solèr (44) sei dies in Abklärung. «Da es sich um einen erhaltenswerten Steinhaufen handelt, ist dies ein Fall, über den auf kantonaler Ebene vom Amt für Landwirtschaft entschieden wird», sagt er gegenüber Blick und ergänzt: «Es kann sein, dass Renzo den Haufen wieder an den Ort transportieren muss, an dem er ursprünglich stand.»
Dass Blumenthal nicht gewusst habe, dass er eine Baubewilligung brauche, stellt Solèr infrage. «Er war zu der Zeit Baufachchef. Dies zu wissen, gehört zu dem Amt.» Dieses hat der Ex-Mister erst vor kurzem aus persönlichen Gründen niedergelegt, wie es das Rätoromanische Fernsehen RTR berichtete, das den Fall als Erstes publik machte.
Er wie auch der Gemeindepräsident hoffen, dass es eine friedliche Lösung gibt, die für alle Seiten stimmt.